Die Wartefrist bei Schönheitsoperationen soll Patientinnen und Patienten vor unüberlegten Entscheidungen schützen.

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Um Patientinnen und Patienten zu schützen, müssen bei ästhetischen Operationen zwischen ärztlicher Aufklärung und tatsächlichem Eingriff mindestens zwei Wochen vergehen. Das soll betroffenen Personen mehr Bedenkzeit garantieren und vorschnelle Entscheidungen verhindern. Halten sich Ärzte nicht an diese Schutzvorschrift, kann die betroffene Person Schadenersatz verlangen – nicht aber dann, wenn bewiesen wird, dass ein Patient oder eine Patientin den Eingriff trotzdem hätte durchführen lassen, erklärte der Oberste Gerichtshof (OGH, 18.3.2021, 5 Ob 229/20t).

Eigenfett-Transplantation

Anlass des Verfahrens war der Fall einer Frau, die bei einem plastischen Chirurgen einige teils medizinisch notwendige Operationen im Gesicht durchführen ließ. Da die Patientin mit den Ergebnissen nicht zufrieden war, ließ sie die Eingriffe mehrmals korrigieren. Die letzte Korrektur, eine Eigenfett-Transplantation im Bereich der Augen, die medizinisch nicht notwendig war, führte zum Rechtsstreit.

Die Operation wurde zwar fachlich korrekt durchgeführt, erfolgte allerdings vor Ende der gesetzlich vorgeschriebenen Wartefrist. Ein solcher Eingriff gilt als eigenmächtige Behandlung des Arztes und ist damit grundsätzlich rechtswidrig. Die betroffene Frau klagte auf Schadenersatz in der Höhe von 30.000 Euro, auf Rückzahlung der Behandlungskosten und auf gerichtliche Feststellung, dass der behandelnde Arzt für mögliche Folgeschäden haften soll. Ein weiterer operativer Eingriff zur Narbenkorrektur sei nicht auszuschließen, argumentierte die Patientin.

Einwand des Arztes gerechtfertigt

Bereits das Erstgericht und das Berufungsgericht wiesen die Klage der Frau ab. Dem Arzt sei der Nachweis gelungen, dass die Frau auch bei Einhaltung der gesetzlichen Wartefrist in die Behandlung eingewilligt hätte. Er machte damit den Einwand des "rechtmäßigen Alternativverhaltens" geltend: Hätte er vorschriftsmäßig gehandelt und den Eingriff bis zum Ende der Wartefrist aufgeschoben, hätte die Operation trotzdem stattgefunden.

Auch eine Revision der Frau an den Obersten Gerichtshof blieb erfolglos: Das Höchstgericht schloss sich in seiner Entscheidung der Rechtsmeinung der Vorinstanzen an. Verstößt ein Arzt gegen seine Aufklärungspflichten, haftet er grundsätzlich auch dann, wenn die Behandlung fehlerfrei durchgeführt wurde. Allerdings steht ihm der Beweis offen, dass der Patient oder die Patientin die Zustimmung zum Eingriff auch bei ausreichender ärztlicher Aufklärung erteilt hätte.

Laut Höchstgericht sei die Operation zwar grundsätzlich rechtswidrig gewesen, der Einwand des Arztes im konkreten Fall allerdings gerechtfertigt: Die Frau hätte dem Eingriff auch bei "Inanspruchnahme der gesetzlich vorgesehenen Frist zur Überlegung und Reflexion" zugestimmt.

Gesetzliche Grundlage

Schönheits-OPs werden seit 2013 im Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpg) geregelt. Das Gesetz sieht zum Schutz von Patientinnen und Patienten umfassende ärztliche Aufklärungspflichten vor. Bei ästhetischen Operationen muss eine Frist von zumindest zwei Wochen zwischen der abgeschlossenen ärztlichen Aufklärung und der Einwilligung der Patientinnen und Patienten eingehalten werden. Bei Personen zwischen 16 und 18 Jahren verlängert sich diese Frist auf vier Wochen. (Jakob Pflügl, 12.5.2021)