Nicht nur Schauspieler wie Tom Cruise (Bild), sondern auch Medienunternehmen wie Netflix und Amazon unterbrechen die Zusammenarbeit.

Foto: Riccardo Antimiani

Der Golden Globe, der Preis der Hollywood-Auslandspresse, gerät mächtig ins Wanken. Am Montag hat der US-Fernsehsender NBC angekündigt, die Gala im Jahr 2022 aussetzen zu wollen. Ohne das Geld aus den TV-Übertragungsrechten, rund 60 Millionen Dollar, ist die Zukunft der Show ungewiss. Hintergrund für diesen drastischen Schritt des Senders ist die zuletzt deutlich angeschwollene Kritik an der mangelnden Reformbereitschaft der Hollywood Foreign Press Association (HFPA), die den Preis ausrichtet, und deren angeschlagene Reputation.

Keine Compliance-Regeln

Der HFPA wird vorgeworfen, sich als elitärer Zirkel an keine Compliance-Regeln zu halten, von Geschenken der Studios an die Mitglieder, teuren Dinners und Begünstigungen ist die Rede. Die New York Times fand im Februar heraus, dass die nur rund 90 Mitglieder mit drei Millionen Dollar honoriert werden, Reisekosten belaufen sich auf 1,3 Millionen Dollar. Hinzu kommt die fehlende Diversität der Organisation, die sich in den Nominierungen der letzten Austragung widergespiegelt hat. So fand sich etwa anders als bei den Oscars kein Film eines schwarzen Regisseurs (etwa Judas and the Black Messiah oder Ma Rainey’s Black Bottom) in der Kategorie des besten Films.

Reform kommt zu zögerlich

Die HFPA hatte vergangene Woche angekündigt, Änderungsschritte einleiten zu wollen. Im Laufe der nächsten eineinhalb Jahre sollen die Mitglieder um 50 Prozent aufgestockt werden, vor allem Schwarze sollen zum Zug kommen – bisher gehören dem Team nur weiße Journalisten an. Dieser Schritt geht dem Sender allerdings nicht weit genug: Daher wolle man der Organisation Zeit geben, sich neu aufzustellen, lautet das offizielle Statement von NBC. Ein Ende des Preises sei dezidiert nicht das Ziel. Dass man mit der letzten Gala 2021 rund zwei Drittel der Zuschauer des Vorjahres verloren hat, wurde nicht erwähnt.

Die HFPA war am Montag um Schadensbegrenzung bemüht. "So schnell und so sorgfältig wie möglich", wolle man "längst überfällige" Veränderungen durchführen, heißt es in einer Mitteilung: Diversitätsberater sollen eingestellt, ein neuer Vorstand soll gewählt werden. Allerdings hat die Kritik unter Hollywood-Stars schon ein Erregungshoch erreicht, das sich mit solchen Ansagen wohl nicht mehr so leicht abflachen lässt.

Stars forcieren ihre Kritik

Tom Cruise, dreimaliger Golden-Globe-Sieger, ist vorgeprescht und hat seine Preise zurückgegeben. Scarlett Johansson und Mark Ruffalo forderten die Hollywood-Branche auf, zu den Golden Globes auf Distanz zu gehen. Johansson sagte dem Branchenblatt Variety, dass ihr bei Pressekonferenzen der HFPA häufig sexistische Fragen gestellt wurden. "Das ist exakt der Grund, weshalb ich es seit vielen Jahren ablehne, an deren Konferenzen teilzunehmen."

Die beiden großen Streaming-Anbieter Netflix und Amazon Studios stimmten in den Chor der Kritiker ein und kündigten an, so lange nicht mit der HFPA zusammenarbeiten zu wollen, bis die Veränderungen greifen. Auch Warner Media kündigte die Kooperation mit der HFPA auf, vorläufig werde es keine gemeinsamen Industrieveranstaltungen mit Filmkünstlern aus dem eigenen Haus geben. (Dominik Kamalzadeh, 12.5.2021)