Geht es nach dem Bund, so sollen bald Selbsttests im ganzen Land den Eintritt in Kaffeehäuser ermöglichen.

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Die Drei-G-Strategie ist es, die den Österreicherinnen und Österreichern wieder die Türen zur Normalität öffnen soll: Die Gs stehen für getestet, genesen und geimpft. Von diesen Personen geht künftig per Verordnung nur eine "geringe epidemiologische Gefahr" aus, darum dürfen sie mehr.

Und doch gibt es Qualitätsunterschiede – allein schon innerhalb des Gs, das für Getestet-Sein steht. PCR-Tests sind der Goldstandard, heißt es seit Monaten, Selbsttests, die man daheim im Wohnzimmer macht, eher die Holzklasse. Seit wenigen Tagen steht aber fest, dass die für 24 Stunden lang das Beisl-Sitzen und Theater-Gehen erlauben werden.

Wien zögert

Wenige Tage sind es auch, die die Länder nun Zeit haben, um Lösungen zu finden, wie sie diese Tests behördlich anerkennen lassen, eine bundesweite Lösung ist nicht angedacht.

Allen voran Wien ist davon wenig begeistert, dort überlegt man noch, ob man die Selbsttests, egal ob sie zu Hause oder als sogenannte Point-of-Sale-Tests direkt beim Wirtshaus oder im Theater gemacht werden, überhaupt anerkennen will.

Mit Alles gurgelt, so heißt es aus dem Büro des Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), habe man ein gutes System mit PCR-Tests für zu Hause – warum sollte man dann auf ein weniger sicheres System umsteigen, fragt man sich. Und überhaupt: Wie solle man in nur wenigen Tagen eine App aufstellen, die all das sicher erfasst?

Vorarlberg hat, was das angeht, einen Startvorteil, dort sind digital erfasste Selbsttests schon seit Mitte März im Einsatz. Doch Vorarlberg schließt aus, dass man das System an die anderen Länder verkauft oder verleiht: Eine Weitergabe wäre "sehr komplex und auch nicht zielführend. Der Support wäre unangemessen hoch", heißt es dazu. Wie viel man für die Software ausgegeben hatte und wie lange man brauchte, um sie zu entwickeln, gibt das Land nicht bekannt, nur so viel: Sie wurde im Haus erarbeitet.

Vorarlberg meldet falsche Ergebnisse

70.000 derartige Tests wurden seither im Ländle eingemeldet. Und nur 68 Prozent der positiven Testergebnisse waren richtig. Bei knapp 22 Prozent fiel der PCR-Test, der standardmäßig nach einem positiven Ergebnis gemacht wird, negativ aus, bei neun Prozent steht das Endergebnis laut Land Vorarlberg noch aus.

Wie viele Tests falsch-negativ waren, liegt im Dunkeln, immerhin werden die nicht per PCR-Test nachgeprüft. Studien zeigen aber, dass bei Menschen mit einer geringen Viruslast eine Infektion mit einem Selbsttest in nicht einmal der Hälfte aller Fälle entdeckt wird.

Das Vorarlberger Selbsttest-Prinzip steht, was das Prozedere angeht, irgendwo zwischen Bastelstunde, Selbstuntersuchung und Online-Behördenweg: Mit jedem Testkit erhält man einen QR-Code, den man auf den Test klebt, außerdem schreibt man eine ID-Nummer auf den Test. Nach der Dateneingabe in ein Onlineformular wird ein Foto des Tests auf die Website hochgeladen. Anschließend wird der Ergebnisstreifen auf dem Test mit einem Stift übermalt, das Resultat erneut fotografiert. Ein Foto oder Video davon, wer den Test durchführt, wird nicht verlangt. Aus Vorarlberg heißt es, man habe mehrere Sicherheitsstufen eingebaut, doch: "Einen 100-prozentigen Schutz vor Fälschungen gibt es aus unserer Sicht bei einem Selbsttest nie."

Experte zweifelt

Robert Mischak ist Studiengangsleiter am Institut für Gesundheitsinformatik an der FH Joanneum und hat an alledem gleich mehrere Dinge auszusetzen. Zuallererst am Föderalismus: "Ein Land wie Österreich ist zu klein für neun Lösungen", sagt er. Er verstehe außerdem nicht, warum man in Vorarlberg und anderswo Parallelstrukturen aufbaut, die Daten über Webformulare erfassen, statt direkt mit der Handysignatur, die deutlich sicherer wäre. Überlegenswert wäre sogar, Tests direkt in der elektronischen Gesundheitsakte Elga zu erfassen, sagt Mischak, "dann würde man sich in einer hochsicheren Struktur bewegen, die weitere wichtige Gesundheitsdaten beinhaltet. Das ist technisch jedenfalls schaffbar".

Dass die anderen Bundesländer nun in wenigen Tagen eine gründliche Lösung liefern, hält Mischak für ambitioniert: "Bedenken Sie, dass der elektronische Impfpass zehn Jahre in Entwicklung war und immer noch nicht alle Impfungen umfasst", sagt der Gesundheitsinformatiker.

Kärnten probiert's

Salzburg jedenfalls ist zuversichtlich und kündigte eine App des Roten Kreuzes an – Selbsttests im Wohnzimmer hält man dort immer noch für besser als Vor-Ort-Tests in der Gastro: "Das sollte die Ausnahme bleiben", sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP).

Auch Oberösterreich hat bereits ein System vorgestellt, erarbeitet hat man es eher widerwillig: "Ziel wäre ein bundesweit einheitliches IT-System gewesen", aber das Gesundheitsministerium habe "nicht reagiert", sagte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP).

Ähnlich die Lage in Niederösterreich: Man wolle sich am Vorarlberger Modell orientieren, doch "eine bundesweite Lösung wäre zielführender und wünschenswert", schreibt die dort rot geführte Gesundheitsabteilung. Aus Kärnten kommen auf STANDARD-Anfrage, wie weit man in der Entwicklung einer App sei, weniger optimistische Töne. Dort heißt es nur: "Es ist natürlich sehr kurzfristig, wir versuchen aber den Start mit 19. Mai." (Gabriele Scherndl, 14.5.2021)