Platters Stellvertreter Geisler (beide ÖVP) kam in arge Erklärungsnot.

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Innsbruck – Eigentlich wurde der Tiroler Sonderlandtag am Dienstag einberufen, um die Nachfolger der vergangene Woche überraschend zurückgetretenen VP-Landesräte Patrizia Zoller-Frischauf (Wirtschaft) und Bernhard Tilg (Gesundheit) offiziell zu wählen und anzugeloben. Doch angesichts nach wie vor ungeklärter Fragen rund um die Vergabe des größten Auftrages für PCR-Testungen in Tirol gerieten die Personalien der neuen Gesundheitslandesrätin Annette Leja und des neuen Wirtschaftslandesrates Anton Mattle in den Hintergrund.

Die Oppositionsparteien interessierten sich vielmehr für die ohne Ausschreibung erfolgte Vergabe des mehr als acht Millionen Euro schweren PCR-Test-Vertrages an die damals noch "in Gründung" befindliche HG Labtruck, eine Tochterfirma der HG Pharma des Urologen Ralf Herwig. Dazu richteten Abgeordnete von SPÖ, Liste Fritz, Neos und FPÖ Anfragen an Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Dieser schickte seinen Stellvertreter Josef Geisler zur Beantwortung vor. Sehr zum Unmut der Opposition. Denn Geisler blieb die meisten geforderten Antworten schuldig.

Antworten ließen viele Fragen offen

Auf die Frage des SPÖ-Klubobmanns Georg Dornauer, wer in der Causa HG Pharma zur Verantwortung gezogen werde, erwiderte Geisler: "Die mittels Werkvertrag beauftragte Firma. So einfach ist das." FPÖ-Chef Markus Abwerzger ließ das nicht gelten: "Nicht nur die Firma, auch das Land trägt Schuld."

Für Abwerzger ist klar, dass diese Vergabe "rechtliche Konsequenzen" haben müsse. Er gab zu bedenken, das dass die HG Pharma offenbar Probleme bei der Zuordnung von Mutationen hatte und Tirol aufgrund ebendieser Mutationen zum "EU-weiten Seuchengebiet" erklärt wurde, was Auswirkungen auf Famielien wie Unternehmer hatte, die von Ausreisesperren betroffen waren.

Opposition will Vertrag einsehen

Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz), die mit ihrer Anfrage die Causa vor zwei Wochen ins Rollen gebracht hatte, wollte wissen, wieso man den Vertrag mit Herwig aufgelöst habe, "wenn alles so gut passte"? Sie verlangte erneut, dass der Vertrag offengelegt werde.

Geisler versuchte den meisten Fragen auszuweichen und lieferte teils skurrile Erklärungen. So sei der wahre Skandal nicht die undurchsichtige Vergabe an die umstrittene Person Herwigs, sondern "dass eine angebliche Qualitätszeitung" von Zweifeln an 100.000 PCR-Test-Ergebnissen berichtete – er meinte damit wohl den STANDARD.

Geisler weist Kritik zurück

Zudem sei der Auftrag des Landes nicht an Herwig, sondern an die Mediziner ergangenen, die Tests befunden. Diese würden nun durch die Kritik "verunglimpft". Allerdings weigern sich Land und HG Pharma bis heute, diese Mediziner zu benennen. Denn es gibt eben Zweifel, ob die PCR-Tests überhaupt von Labormedizinern befundet wurden.

Die Forderung nach Offenlegung des Vertrages werde derzeit geprüft. Sollte daraus dem Land Tirol kein Schaden entstehen, stünde dem nichts im Wege, so Geisler. Bevor Landeshauptmann Platter zur Causa zu Wort hätte kommen sollen, verließ dieser aber die Sonderlandtagssitzung.

Antigentests im Fokus von Kontrollen

Doch die Causa Tests zieht in Tirol immer weitere Kreise. Mittlerweile stehen auch Anbieter von Antigen-Schnelltests im Fokus der Kritik. ORF Tirol und der Blogger Markus Wilhelm berichteten von vermeintlich unsachgemäß durchgeführten Tests im großen Stil durch einen Anbieter. Wilhelm bestätigte dem STANDARD, dass sich mittlerweile gut 30 Personen bei ihm gemeldet haben, die von Unregelmäßigkeiten bei Antigen-Tests berichteten.

In ihrer ersten Amtshandlung kündigte die neue Gesundheitslandesrätin Leja nun an, dass "anonyme Kontrollen" durchgeführt werden. Stelle man dabei Fehler fest, werde es Sanktionen bis hin zur Vertragsauflösung geben. Zudem wurde eigens eine Mailadresse eingerichtet, über die man Mängel bei Tests einmelden kann. (Steffen Arora, 11.5.2021)