Die Neuausschreibung soll am Mittwoch beschlossen werden.

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Ein Millionendeal zwischen der ÖBB und dem kanadischen Hersteller Bombardier ist offenbar geplatzt (DER STANDARD berichtete): Nach mehrjähriger Verzögerung wird Vorarlberg keine Talent-3-Züge erhalten, gab Vorarlbergs Mobilitätslandesrat Johannes Rauch (Grüne) am Mittwoch bekannt. Er nannte den Beschaffungsvorgang "eine Katastrophe". Am Nachmittag sollte der ÖBB-Aufsichtsrat tagen und eine Neuausschreibung veranlassen. Die ÖBB wollte erst danach Stellung nehmen.

Obwohl die Talent-3-Züge bereits seit Jahresmitte 2019 auf Vorarlbergs Schienen unterwegs sein sollten, gibt es für das Modell bis heute keine Zulassung der Europäischen Eisenbahnagentur. Für Vorarlberg waren 21 dieser Züge (Auftragswert: 150 Millionen Euro) bei Bombardier bestellt worden, für Tirol 25. Die ÖBB hatte zum Jahresende 2016 mit Bombardier eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet, die den Kauf von bis zu 300 Zügen und ein Gesamtvolumen von 1,8 Milliarden Euro vorsah.

Rauch übte scharfe Kritik sowohl an der ÖBB als auch an Bombardier. "Sie können mich als allzu optimistisch bezeichnen, aber niemand – auch ich nicht – wäre jemals auf die Idee gekommen, dass unser Vertragspartner ÖBB sein Kerngeschäft, nämlich den Ankauf neuer Züge, die ganz konkreten Anforderungen zu entsprechen haben, nicht auf die Reihe bekommt", so der Landesrat. Zu Bombardier hielt er fest, dass das Traditionsunternehmen – das als klarer Bestbieter aus dem ÖBB-Ausschreibungsverfahren hervorgegangen war – vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, "die zu halten es nicht in der Lage war".

Rauch fordert Entschädigung

Darüber hinaus kündigte Rauch finanzielle Konsequenzen an. Es sei mit der ÖBB klar vereinbart, welche Leistungen in welcher Qualität erbracht werden müssten. Das Land Vorarlberg werde sich jedenfalls finanziell schadlos halten, und man wolle auch für die derzeitige Nichterfüllung des Verkehrsdienstevertrags im Hinblick auf das Rollmaterial entschädigt werden. "Wir zahlen nicht für eine Leistung, die nicht erbracht wurde", betonte Rauch. Beziffern konnte er seine Haltung noch nicht.

Die ÖBB werde nun die Ersatzbeschaffung für das benötigte Rollmaterial ausschreiben. "Als Partner im Verkehrsdienstevertrag werden wir weiterhin darauf pochen, dass die vertraglich vereinbarten Kriterien betreffend Quantität, aber vor allem Qualität für die Fahrgäste eingehalten werden", bekräftigte Rauch. Vorerst hätten sich Bund, Land und ÖBB auf eine Lösung für die Mobilitätsproblematik verständigt. "Die ÖBB haben zugesagt, fünf zusätzliche Talent-1-Zuggarnituren zur Verfügung zu stellen, um die erforderliche Gesamtsitzplatzkapazität zu erreichen. Diese Züge sind zum Schulanfang im Herbst 2021 einsatzfähig", so Rauch. Die Fahrgäste könnten sich darauf verlassen, "dass eine ausreichende Anzahl an Sitzplätzen zur Verfügung steht". (APA, 12.5.2021)