40 Prozent des heimischen Gebäudebestands sind sanierungsbedürftig.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Vertreter von Baugewerkschaft, Bauindustrie und der Umweltorganisation Global 2000 forderten am Mittwoch ein bis zu 140 Milliarden Euro schweres Sanierungsprogramm. Bis 2040 sollten damit rund 60.000 öffentliche Gebäude sowie Wohnhäuser mit insgesamt rund 1,9 Millionen Wohneinheiten saniert werden, sagte Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch am Mittwoch bei der Präsentation des Pakets.

Robert Schmid, Obmann im Fachverband Stein- und keramische Industrie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), verwies dabei insbesondere auch auf die nach wie vor hohe Zahl von Öl- und Gasheizungen in österreichischen Gebäuden. Ehe man aus Öl- oder Gaskesseln aussteige, sollten aber bauliche Maßnahmen für eine thermische Sanierung ermöglicht werden: "Vorher muss der energetische Bedarf des Gebäudes optimiert werden." Bei den 1,9 Millionen Wohnungen und 60.000 öffentlichen Gebäuden werde das im Schnitt wohl 1.400 Euro pro Quadratmeter kosten, deshalb spreche man in Summe von 140 Milliarden Euro für 20 Jahre oder sechs bis sieben Milliarden Euro pro Jahr.

Geld aus allen möglichen Töpfen

Wo das Geld herkommen sollte, beantworteten Muchitsch und Schmid namens der Nachhaltigkeitsinitiative "Umwelt + Bauen" in einem Online-Pressegespräch folgendermaßen: Eine Milliarde pro Jahr sollte aus den Mitteln der Wohnbauförderung kommen, aus dem EU-Wiederaufbauplan weitere 300 Millionen jährlich – zumindest für die nächsten fünf Jahre.

Weitere 1,5 Milliarden könnten von der Europäischen Investitionsbank (EIB) abgeholt werden, meinte Muchitsch. "Und es gibt natürlich in großem Ausmaß private Mittel, die die Menschen zur Verfügung stellen könnten." Da sollten weitere 2,5 Milliarden Euro pro Jahr möglich sein. Dafür sollte man die Hauseigentümer direkt ansprechen, da sie wohl ein Interesse hätten, ihr Eigentum durch Sanierungen aufzuwerten, sagte Schmid. Privates Kapital sei genug vorhanden, die Sparquote sei in der Krise stark gestiegen.

Dass die Regierung die Mittel für die thermische Sanierung erst kürzlich aufgestockt hatte, bewertete Global-2000-Vertreter Johannes Wahlmüller als wichtige Initiative. In klimafitte Gebäude zu investieren sei besser, als bis zu neun Milliarden Euro an Strafgeldern zu zahlen, vor denen der Rechnungshof (RH) Österreich erst kürzlich gewarnt hat. Und darin seien die erst jüngst nachgeschärften EU-Klimaziele noch gar nicht enthalten.

"Sanierungsquote verdoppeln"

Der österreichische Gebäudesektor müsse in den nächsten zehn Jahren vier Milliarden Tonnen an CO2 einsparen. Die Sanierungsquote von derzeit 1,4 Prozent des Bestands gehört dringend verdoppelt, denn 40 Prozent der Gebäude gehörten energetisch verbessert, in den besonders schlecht sanierten Gebäuden ließen sich 60 bis 70 Prozent der Emissionen und damit der Energiekosten einsparen, sagte Wahlmüller. Selbst bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gehöre die Hälfte der Gebäude den drei schlechtesten Klassen an.

Wichtig sei eine klare Vorgehensweise – und eine zentrale Koordination der Sanierungsoffensive, egal ob im Wirtschaftsministerium oder woanders, sagte Schmid.

Zurzeit würde der Bausektor zwar ein solches Paket gar nicht brauchen, denn dort herrschen bekanntlich derzeit Hochkonjunktur und Baustoffmangel. "Aber wir reden über zwanzig Jahre, wir schauen weit, weit in die Zukunft."

Gespräche mit Finanzministerium

Laut Muchitsch könnte ein solches Programm jedenfalls pro investierte Milliarde Euro bis zu 100.000 Jobs schaffen und sichern, davon allein 17.000 in der Bauwirtschaft. Bezüglich der Verteilung von europäischen Aufbaumitteln sowie EIB-Geldern sei man "in sehr guten Gesprächen", so Muchitsch weiter. Zwei Gespräche mit dem Finanzministerium habe es bereits gegeben.

Die Bundesländer mit ins Boot zu nehmen sei eine Aufgabe des Bundes. Es sei aber klar, dass nur im Zuge von Finanzausgleichsverhandlungen alle Länder ins Boot kommen könnten. Die würden wohl interessiert sein, da auch ihre Gemeinden und Städte von einem solchen Programm profitieren würden. (mapu, 13.5.2021)