Laut OGH können einzelne Seiten eines Testaments etwa durch Binden, Kleben oder Nähen verbunden werden.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Testamente sind eine heikle Angelegenheit: Damit die Schriftstücke durch den Austausch einzelner Blätter nicht verfälscht werden können, müssen einzelne Seiten so fest miteinander verbunden sein, dass sie nur durch Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde voneinander gelöst werden können. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt: Die Verbindung muss laut Rechtsprechung "während" der Erstellung des Testaments erfolgen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sorgte nun für eine Klarstellung: Es genügt, wenn die Blätter unmittelbar nach der Unterschrift zusammengefügt werden (OGH 29.4.2021, 2 Ob 4/21h).

Testament von Notar aufgesetzt

Anlass des Verfahrens war der Erbstreit zwischen der Tochter eines Verstorbenen und drei seiner Enkel, die per Testament als Erben eingesetzt wurden. Strittig war, ob das Schriftstück, das aus zwei zusammengenähten Blättern bestand, die gesetzlichen Formerfordernisse erfüllte.

Der verstorbene Mann hatte das Testament in einem Notariat errichten lassen. Dort wurden die Blätter zunächst von einer Sekretärin mit einer Dokumentenschiene verbunden. Im Besprechungszimmer nahm der Notar die einzelnen Blätter aber noch einmal aus der Schiene und ging das Testament mit dem Erblasser durch. Erst nachdem der Mann und drei Zeugen die Urkunde unterschrieben hatten, übergab der Notar das Schriftstück seiner Sekretärin und bat sie, die beiden Seiten zu binden.

Verbindung kurz nach Unterschrift reicht

Die Tochter hielt das Testament, das die drei Enkel als Erben einsetzte, für ungültig. Die einzelnen Blätter des Dokuments hätten bereits bei Erstellung des Schriftstücks verbunden werden müssen, nicht erst danach. Die Enkel argumentierten, dass die Sekretärin des Notars die Seiten unmittelbar nach der Unterzeichnung zusammengefügt habe. Das reiche, um das Formerfordernis zu erfüllen. Die Beweislast dafür, dass das Testament nicht formgültig aufgesetzt wurde, treffe zudem jene Person, die dessen Ungültigkeit behauptet.

Sowohl die erste als auch die zweite Instanz gaben der Tochter recht – nicht aber der Oberste Gerichtshof: Die Verbindung der Urkunde müsse zwar "während" der Erstellung des Dokuments erfolgen, dieses Erfordernis sei aber auch dann erfüllt, "wenn die Verbindung im unmittelbaren Anschluss an die Unterfertigung hergestellt wird". Das gelte auch dann, wenn der Erblasser zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr anwesend ist. Das Testament zugunsten der Enkel war also gültig. (japf, 18.5.2021)