Auch auf Singletrails sollen Mountainbiker legal unterwegs sein dürfen, fordert die Mehrheit der rund 15.000 Befragten.

Foto: René Sendlhofer-Schag

Innsbruck – Österreichs größter Bergsportverein wird sich künftig für die Anliegen von Mountainbikerinnen und Mountainbikern einsetzen. Dieser "klare Handlungsauftrag" ergibt sich für den Alpenverein (ÖAV) aus einer großangelegten Umfrage, die von Oktober bis Dezember 2020 durchgeführt wurde. Insgesamt 14.657 Teilnehmerinnen und Teilnehmer füllten den Online-Fragebogen zum Thema aus – rund die Hälfte davon (57 Prozent) sind ÖAV-Mitglieder. Wobei eine Auswertung der Ergebnisse in dieser Untergruppe ergeben hat, dass die Abweichungen im Rahmen von +/- drei Prozent liegen. Man wollte durch die Umfrage ein Stimmungsbild erheben, erklärt dazu der Mountainbike-Koordinator des ÖAV, René Sendlhofer-Schag.

Die Ergebnisse bestätigten zum Teil bisherige Erfahrungen, mitunter waren aber auch Überraschungen dabei. Allein der enorme Rücklauf von fast 15.000 ausgefüllten Fragebögen kam für Sendlhofer-Schag unerwartet: "Damit hätten wir nicht gerechnet. Aber es zeigt, wie vielen Menschen das Thema wichtig ist." Inhaltlich haben sich einige Trends bereits im Zuge einer Funktionärsumfrage im Jahr 2018 abgezeichnet. So findet die Forderung nach einer generellen Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker bei 81 Prozent der Befragten Zustimmung. Allerdings will wiederum die Hälfte all dieser, genau 42 Prozent, das mit einem zusätzlichen Konzept zum Schutz sensibler Naturräume verbunden wissen.

Vertragslösungen statt pauschaler Forstwegöffnung

Für Sendlhofer-Schag ein klarer Auftrag: "Das zeigt, dass wohl der Weg von vertraglichen Modellen der gangbarere ist als die pauschale Forderung nach Öffnung." Diese habe sich in der Vergangenheit nicht bewährt, sagt der ÖAV-Experte, da sie auf zu viele Widerstände trifft. Er verstehe die Umfrage-Ergebnisse daher als Auftrag an den ÖAV, mehr Druck auf die Entscheider auszuüben, damit endlich solche Lösungen und Konzepte entstehen.

68 Prozent der Befragten gaben an, mehrmals im Monat im Sattel zu sitzen. Damit ist Mountainbiken nach Wandern der zweithäufigste Sommersport im Alpenverein. Für die Organisation erwächst daraus die Verpflichtung, sich im Austausch mit allen davon betroffenen Stakeholdern stärker für die Anliegen ihrer Mitglieder einzusetzen, so ein Fazit der Umfrage.

Gruppe der Trailfahrer größer als angenommen

Eine weitere Überraschung war für Sendlhofer-Schag, dass der Anteil sogenannter Trail-Fahrer, die Forstwege bergauf und Wanderwege bergab nutzen, mit 62 Prozent deutlich größer ist als bisher angenommen: "Diese Bubble scheint viel größer zu sein, als wir bisher annahmen." Den Alpenverein als einen der wichtigsten Wege-Erhalter als Fürsprecher für die Nutzung derselben zu gewinnen, wäre ein langgehegter Traum der Mountainbike-Szene. Dank der Umfrage-Ergebnisse scheint dies nun möglich. Zugleich deutet dieses Ergebnis darauf hin, dass mit einer generellen Freigaben von Forststraßen das Problem für einen Großteil der aktiven Bikerinnen und Biker gar nicht gelöst wäre. Wieder sieht Sendlhofer-Schag hier vertragliche Lösungen als den zielführenderen Ansatz.

Weitere Ergebnisse zeigen, dass der oft beschworene Konflikt zwischen Bergradlern und anderen Naturnutzern gar kein so großer ist. 45 Prozent der Befragten berichten von einem durchwegs positiven Stimmungsbild und haben noch nie negative Erfahrungen mit anderen Gruppen wie Wanderern, Jägern oder Förstern gemacht.

Dass es keine großen Infrastrukturmaßnahmen bräuchte, um die Mountainbikerinnen und Mountainbiker zufriedenzustellen, zeigt folgendes Umfrageergebnis: 46 Prozent der Befragten geben an, dass die vorhandene Infrastruktur an Wegen ausreichend, aber eben nicht für die Sportausübung freigegeben sei. Ein Drittel sieht das aktuelle Angebot als ausreichend, ein Fünftel wiederum sagt klar, dass es gar kein adäquates Angebot gibt.

E-Bikes als kontroverses Thema

Natürlich durften auch die E-Bikes in der Umfrage nicht fehlen. 67 Prozent geben an, am Bio-Bike ohne elektrischen Antrieb unterwegs zu sein. 22 Prozent nutzen auch E-MTBs. Als Gründe für die Nutzung elektrischer Unterstützung werden die größere Reichweite (72 Prozent), die Möglichkeit zur Anpassung der körperlichen Anstrengung an die körperliche Tagesverfassung (60 Prozent) und der teilweise Verzicht auf das Auto (38 Prozent) zuoberst genannt.

Ein interessantes Teilergebnis der Umfrage betrifft die Möglichkeit, E-Bikes auf Hütten aufladen zu dürfen. Zwölf Prozent sprechen sich generell dafür, 26 Prozent dagegen aus. Weitere 20 Prozent wären dafür, sofern die betreffende Hütte Überschussstrom aus alternativen Energiequellen erzeugt. Aber die überwiegende Mehrheit von 41 Prozent will diese Entscheidung den Hüttenwirten und Sektionen überlassen.

Haftungsfrage braucht mehr Aufklärung

Ein Thema, das der ÖAV selbst als wichtig erachtet, ist die Haftungsfrage. Hier brauche es mehr Aufklärungsarbeit. Denn ist eine Forststraße oder ein Wanderweg nicht freigegeben, so haften Grundstücksbesitzer nur dann für einen Unfall, wenn ihnen grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden kann. Wird eine Strecke explizit freigegeben, so regeln die in Österreich verwendeten Modelle und Konzepte dies auf vertraglicher Basis und beinhalten eine Haftpflichtversicherung, die den Grundstücksbesitzer oder Wegehalter auch bei leichter Fahrlässigkeit deckt.

Insgesamt wünschen sich 81 Prozent der Befragten mehr Einsatz des Alpenvereins für Mountainbiker. Allerdings sieht das beim Thema E-Bikes anders aus. Hier sind die Befragten zurückhaltender, aber immerhin 50 Prozent sehen den Verein auch als Interessenvertretung für die elektrisch unterstützten Bikerinnen und Biker. 41 Prozent wollen, dass E-MTBs den herkömmlichen Mountainbikes gänzlich gleichgestellt sein sollen. Rechtlich gesehen ist es das gemäß EU-Richtlinie auch. Dem gegenüber stehen 13 Prozent der Befragten, die sich eine Distanzierung wünschen, 46 Prozent fordern eine "differenziertere Betrachtung".

Der Alpenverein will die Ergebnisse der Umfrage nun bis zum Herbst in Form eines Positionspapiers zusammenfassen, um es dem Bundesausschuss zur Beschlussfassung vorzulegen. (Steffen Arora, 13.5.2021)