Demos zum Nahostkonflikt sorgen in mehreren Ländern für Gesprächsstoff.

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Als Reaktion auf die eskalierende Gewalt zwischen Israel und militanten Palästinensern und auch innerhalb der israelischen Bevölkerung wurden in den vergangenen Tagen weltweit pro-palästinensische Kundgebungen organisiert: unter anderem in Chicago, Nairobi, Istanbul, Brüssel, Paris Wien, München, und auch in New York City und Berlin, wo zudem auch pro-israelische Versammlungen stattfanden.

Unabhängig von den aktuellen Spannungen sind viele Palästinenser frustriert über Rückschläge in den letzten Jahren bei ihren Bestrebungen nach einem unabhängigen Staat und über die systematische Zurückdrängung in den von Israel besetzten Gebieten. Dazu gehören Washingtons Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt, der Aufbau jüdischer Siedlungen im Westjordanland sowie ein US-Plan zur Beendigung des Konflikts, den die Palästinenser als günstig für Israel betrachten. Allerdings dürften Demonstranten auf einigen Versammlungen nicht nur Kritik an Israel geäußert haben, sondern auch antisemitische Parolen – etwa bei einer Demonstration im deutschen Gelsenkirchen und auf der Mariahilfer Straße in Wien.

Maas fordert Schutz von Synagogen

Der deutsche Außenminister Heiko Maas forderte nach den Ereignissen einen besseren Schutz von Synagogen. "Die Sicherheitsbehörden rechnen mit verstärkten demonstrativen Aktivitäten von Palästinensern in Deutschland sowie Teilen der linken Szene", teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Donnerstag auf Anfrage mit. In Berlin sind nach Angaben der Polizei von propalästinensischen Gruppen für das Wochenende drei Demonstrationen in Neukölln und Kreuzberg angekündigt. Parteiübergreifend wurden antisemitische Rufe mehrere Dutzend Personen mit türkischen und palästinensischen Flaggen vor einer Synagoge in Gelsenkirchen kritisiert. Der Zentralrat der Juden veröffentlichte auf Twitter ein Video, das Proteste vor der Synagoge in Gelsenkirchen zeigte und fügte den Kommentar hinzu: "Das ist purer Antisemitismus, sonst nichts!". Bereits am Dienstagabend waren vor Synagogen in Deutschland Israel-Flaggen verbrannt und ein Eingang mit Steinwürfen beschädigt worden.

"Für Angriffe auf Synagogen darf es in unserem Land null Toleranz geben", sagte Außenminister Maas der Funke-Mediengruppe. Er rief alle Bürger dazu auf, es nicht zu akzeptieren, "wenn Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland für Ereignisse im Nahen Osten verantwortlich gemacht werden – auf der Straße wie in den sozialen Medien".

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte der "Bild": "Judenhass – ganz gleich von wem – wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden." Das Grundgesetz garantiere zwar das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit. "Wer aber auf unseren Straßen Fahnen mit dem Davidstern verbrennt und antisemitische Parolen brüllt, der missbraucht nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern der begeht Straftaten, die verfolgt werden müssen", mahnte Steinmeier laut Vorabbericht (Freitagausgabe). Nichts rechtfertige die Bedrohung von Jüdinnen und Juden in Deutschland.

Raab kritisiert "Austragung von Konflikten aus dem Ausland"

Scharfe Kritik gab es auch an einer Demonstration in Österreich, die sich gegen die Hausräumungen in Ostjerusalem richtete. ÖVP-Ministerin Susanne Raab wandte sich dagegen, dass "Konflikte aus dem Ausland bei uns ausgetragen werden". Innenminister Karl Nehammer gab bekannt, dass der Verfassungsschutz Ermittlungen aufgenommen hat und jüdische Einrichtungen jetzt verstärkt überwacht werden. Er sehe eine "Gefahr für unsere Demokratie", wenn das Grundrecht auf Versammlung durch antiisraelische und antisemitische Parolen missbraucht werde.

Bei der Kundgebung auf der Mariahilferstraße sei es zu "massiven antisemitischen Sprechchören" gekommen, hatten die Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH) in einer Aussendung angegeben. Es seien Hamas-Fahnen oder antisemitische Transparente mit Holocaust-Relativierungen getragen und offen zur Intifada aufgerufen worden. "Selbstverständlich hat jeder Mensch das Recht, sich über israelische Politik kritisch zu äußern und gegen diese zu demonstrieren, jedoch darf dies keinesfalls mit antisemitischen Organisationen und Botschaften einhergehen", hieß es in der Stellungnahme.

Frankreich verbietet Demos

In Frankreich soll es erst gar nicht zu weiteren Demos kommen. Innenminister Gérald Darmanin lässt geplante Nahost-Demonstrationen in Paris verbieten. 2014 sei die öffentliche Ordnung massiv gestört worden, teilte Darmanin am Donnerstag via Twitter als Begründung mit. Tausende Menschen hatten vor sieben Jahren gegen die damalige israelische Militäroffensive im Gazastreifen demonstriert. Bei Ausschreitungen attackierten Randalierer auch eine Synagoge und jüdische Geschäfte. Er habe den Pariser Polizeipräfekten angewiesen, die Demonstrationen am Samstag zu untersagen, so Darmanin.

Im Nahen Osten zeichnet sich kein Ende der Kämpfe zwischen Israel und militanten Palästinensern ab. Israel flog am Donnerstag erneut zahlreiche Luftangriffe auf den Gazastreifen, wo die Zahl der Todesopfer auf 83 stieg. Die islamistische Hamas feuerte weitere Raketen auf israelische Städte wie Tel Aviv, seit Montag starben sieben Menschen bei Raketeneinschlägen. (fmo, Reuters, 13.5.2021)