Bislang sind Googles Bestrebungen im Hardwarebereich nicht so recht vom Fleck gekommen – zumindest wenn es um Smartphones geht. Zwar hat sich die Pixel-Reihe vor allem anfänglich einen sehr guten Ruf für die Kamera erarbeitet, der ganz große Verkaufserfolg blieb aber aus – und zwar selbst in den wenigen Ländern, in denen die Google-Geräte überhaupt offiziell verfügbar sind. Und dann folgte im Vorjahr das Pixel 5 und damit ein Gerät, das in vielerlei Hinsicht wie ein Rückgriff auf alte Nexus-Zeiten wirkte. Gute, aber nicht herausragende Hardware in einem unauffälligen Design, die vor allem durch Googles Softwarestärken glänzt. Doch schon damals gab es gewisse Anzeichen dafür, dass es sich beim Pixel 5 nicht um einen Strategiewechsel, sondern um eine Übergangslösung handelt. Und mit den ersten Leaks des Nachfolgers scheint sich dies nun endgültig zu bestätigen.

Frischer Look

Das Pixel 6 soll ein komplett neues Design erhalten: Dies zeigen von Youtuber Jon Prosser auf seinem Kanal Front Page Tech veröffentlichte Renderings. Grundlage dafür sollen echte Fotos des Geräts sein, die Prosser nach eigenen Angaben zugespielt wurden. Um die Quelle zu schützen, will er aber diese selbst nicht freigeben, sondern hat exakte Nachbauten in Form von Renderings anfertigen lassen.

So soll das Pixel 6 Pro aussehen.
Foto: Jon Prosser / Rendersbyian

Auffälligstes Merkmal der neuen Smartphone-Generation ist der "Camera Bump", also dass die Kamera deutlich heraussteht. Google versteckt diesen nämlich nicht, sondern betont ihn durch das gewählte Design sogar noch. So ist in dem Fall etwa eine Version des Geräts zu sehen, die eine weiße Rückseite unterhalb und eine orange oberhalb des Kameramoduls aufweist – während dieses selbst schwarz ist. Es soll aber auch andere Farbvarianten geben. Ebenfalls auffällig ist, dass der "Camera Bump" über die gesamte Breite des Geräts geht und recht hoch wirkt – wobei Letzteres auch auf Ungenauigkeiten in den Renderings zurückzuführen sein könnte.

Android 12

Abzuwarten bleibt auch, wie stark Google das neue Design des Geräts mit dem von Android 12 verknüpfen wird. Immerhin rechnet man auch hier mit einer Generalüberholung des Looks, die in wenigen Tagen im Rahmen der Keynote auf Googles Entwicklerkonferenz I/O erwartet wird – der STANDARD wird wieder ausführlich berichten. Jedenfalls betont Prosser, dass man selbst den Bildschirmhintergrund und das zu sehende Widget direkt von den Fotos nachgebildet hat. Das Pixel 6 sollte bereits von Haus aus mit Android 12 ausgeliefert werden.

Neue Kameras

All das legt zudem nahe, dass sich Google für das Pixel 6 endlich zur Verwendung eines neuen Kamerasensors durchgerungen hat, nachdem man jahrelang den weitgehend gleichen Chip eingesetzt hat. Immerhin konnte man den alten Sensor schon erheblich platzsparender unterbringen, wie das Pixel 5 zeigte. Neben der Hauptkamera ist aber noch eine weitere zu sehen – und auf einem anderen Modell noch eine dritte. Denn: Laut Prosser soll es dieses Jahr auch ein Pixel 6 Pro geben, das sich nicht nur in der Größe, sondern auch durch einzelne Hardwaredetails wie eben eine dritte Kamera abheben soll. Details dazu, was hier konkret geboten werden soll, gibt es bislang noch nicht.

Parallel zum Pixel 6 soll es übrigens auch erstmals eine eigene Smartwatch von Google selbst geben – die Pixel Watch.
Foto: Jon Prosser / Rendersbyian

An der Vorderseite bestimmt wenig überraschend der Bildschirm das Geschehen, der an allen Seiten sehr knapp an den Rand geht und seitlich nur leicht gebogen ist – also wohl ein klassisches 2,5D-Display. Durchbrochen wird es lediglich durch eine Frontkamera, die dieses Mal mittig angebracht ist. Hoffnungen auf die Rückkehr der Gesichtserkennung des Pixel 4 sollte man sich also besser nicht machen. Stattdessen ist zu sehen, dass Google für das Pixel 6 auf eine Fingerabdruckerkennung im Bildschirm wechselt – und damit dem Trend vieler anderer Hersteller folgt.

Neuer Chip von Google

Dieser neue Look soll auch sonst mit großen Neuerungen bei Googles Smartphones einhergehen. Immerhin gilt aufgrund von Einträgen im Android Quellcode mittlerweile als sicher, dass Google zum ersten Mal einen eigenen System-on-a-Chip (SoC) verwendet. Dieser ist unter Codenamen wie Whitechapel oder GS101 (wobei GS für "Google Silicon" steht) bekannt. Wie leistungsfähig er wird, muss sich erst zeigen, im Vorjahr war noch von einem Chip der oberen Mittelklasse die Rede.

Es soll auch andere Farbausführungen geben.

Ein eigener SoC hätte für Google jedenfalls mehrere Vorteile: Das Unternehmen könnte Zusatzhardware nach Belieben auf dem Chip selbst verbauen, was Potenzial zur Verbesserung von Leistung und Stromverbrauch birgt. Für viele Nutzer aber wohl noch relevanter: Indem Google eigene Chips herstellt, macht man sich auch von Qualcomm und dessen relativ überschaubaren Update-Zeiträumen unabhängig. Das Pixel 6 könnte also deutlich länger neue Android-Versionen erhalten als bisherige Android-Smartphones. Langfristig könnte so ein Wechsel aber auch finanziell für Google interessant sein, schließlich gehören SoCs zu den teuersten Komponenten eines Smartphones. Vor allem, da Google angeblich gedenkt, "Whitechapel" auch für andere Geräte einzusetzen, so war etwa auch von einem Chromebook mit dem Google-Chip zu hören.

Zuverlässigkeitsfragen

Prosser hat sich über die Jahre vor allem für seine Leaks zu Apple-Produkten einen Namen gemacht. In jüngerer Vergangenheit haben sich aber auch seine Vorabinformationen zu Google-Produkten als richtig erwiesen. Was den aktuellen Bildern zusätzliche Legitimität verpasst, ist der Umstand, dass auch der ebenfalls für seine guten Quellen bekannte Max Weinbach von XDA Developers dieses Design des Pixel 6 bestätigt – allerdings geht er von anderen Farben aus.

FRONT PAGE TECH

Bleibt abzuwarten, ob Google auf den Leak mit einer indirekten Bestätigung reagiert – etwas, das in Vorjahren schon mehrfach passiert ist. Bis das Pixel 6 offiziell vorgestellt wird, dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen. Üblicherweise bringt Google neue Premiumvarianten seiner Smartphones im Oktober heraus. (Andreas Proschofsky, 14.5.2021)