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Nudeln gehen immer, Gemüse lehnen viele Kinder strikt ab.

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Wenn die Eltern fein aufkochen, quittieren das Kinder oftmals mit einem "Bääääh, das ess ich nicht". Das kann ziemlich frustrierend sein. Wie eine aktuelle Umfrage unter Eltern zeigt, essen überhaupt nur fünf Prozent der Kinder alles mit. Was immer geht, sind Nudeln – sie sind laut Befragung das absolute Lieblingsgericht unter den Kleinen. Auf Platz zwei folgt österreichische Hausmannskost, etwa das Schnitzel. Ebenfalls hoch im Kurs stehen auch Pizza und Mehlspeisen wie Palatschinken oder Kaiserschmarrn. Knapp ein Viertel der Kinder lehnt Gemüse strikt ab. Und jene Kinder, die Gemüse essen, mögen auch nur gewisse Sorten. Besonders unbeliebt sind Kohlgemüse, Blattgemüse wie Spinat, Pilze und Hülsenfrüchte.

Wir wollten von Eltern wissen, wie sie die Sonderwünsche ihrer Söhne und Töchter handhaben. Was Essen ihre Kinder mit und was nicht? Und sind sie bereit, extra zu kochen, wenn dem Kind etwas nicht schmeckt? Zwei Mütter und ein Vater gaben Auskunft.


"Ja, ich koche extra"

Nadja und ihr Mann haben zwei Söhne (fünf und acht Jahre)

"Wir haben sehr viel ausprobiert, damit unsere Kinder mehr essen. Wir haben ihnen bei jeder Mahlzeit etwas auf den Teller gegeben, das ihnen schmeckt – damit sie motiviert sind, auch die anderen Sachen zu kosten. Wir haben es mit der Hardcore-Methode 14 Tage Nudeln probiert, in der Hoffnung, dass ihnen die Nudeln irgendwann zum Hals heraushängen. Das war nicht der Fall. Wir haben um 35 Euro einen Teller gekauft, der aussieht wie ein Zug, damit ihnen das Essen mehr Spaß macht. Auch die Methode, mit den Kindern zu kochen, hat nichts gebracht. Unsere Kinder kochen leidenschaftlich gerne, aber sie essen deswegen nicht lieber. Ganz im Gegenteil hat das gemeinsame Kochen bei uns vieles schlimmer gemacht. So haben die Buben nämlich herausgefunden, dass in den Schinkenfleckerln, die sie früher gerne gegessen haben, Zwiebeln sind – und essen sie jetzt auch nicht mehr.

Unser Älterer ist ein besonders schwieriger Esser. Er mag eigentlich nur Nudeln, Reis und manches Fleisch. Obst oder Gemüse lehnt er kategorisch ab. Unser jüngerer Sohn isst zumindest ein bisschen vielfältiger, aber dafür nicht besonders viel – und vor allem kaum Kohlenhydrate. Was das Problem an dem Essverhalten der beiden ist: Sie sind sehr zart und klein. Wir gehen regelmäßig zu einem Spezialisten zur Wachstumskontrolle, und da sind sie immer im unteren Bereich der Richtwerte. Das macht uns Sorgen, und wir wollen natürlich alles dafür tun, dass sie gesund sind. Auch wenn es bedeutet, ihnen mit dem Essen nachzulaufen.

Oft meinen Leute, dass Kinder schon essen, wenn sie Hunger haben. Das kann ich so nicht unterschreiben. Meine Kinder essen einfach nicht besonders gerne, für sie ist es keine Strafe, eine Mahlzeit komplett auszulassen. Wenn andere Eltern leichtfertig sagen: 'Ich habe ihnen immer alles hingestellt, sie haben immer alles gegessen', denke ich mir nur: 'Ja, dann hattest du keinen schwierigen Esser.' Wenn ich zu meinen Kindern sage: 'Das gibt es heute und sonst nichts', habe ich keine Chance darauf, dass sie überhaupt etwas essen.

Deshalb, und weil ich selbst Vegetarierin bin, koche ich extra. Das bedeutet, dass es bei uns immer mehrere Variationen einer Speise gibt. Zum Beispiel machen wir ein vegetarisches Chili und ein Chili con Carne, dazu eine scharfe Soße für meinen Mann und mich. Das ist dann nicht so wahnsinnig aufwendig – und jeder findet etwas, das ihm schmeckt. Ansonsten versuchen wir, nicht mehr zu viel über das Thema Essen zu reden, in der Hoffnung, dass sich alles irgendwann normalisiert. Und tatsächlich gibt es kleine Fortschritte: Mittlerweile essen unsere Söhne Bohnen, und auch Ebly ist mittlerweile okay. Eine Speise, die die ganze Familie isst, sind Pancakes. Das ist aber, glaube ich, auch wirklich die Einzige."


"Ich würde niemals extra kochen"

Conny ist Pädagogin und hat einen erwachsenen Sohn

"Ich bin von der Fraktion Nicht extra kochen. In meinem Freundeskreis beobachte ich: Je mehr auf die Befindlichkeiten der Kinder eingegangen wird, desto wählerischer werden sie. Es geht dann wirklich so weit, dass sie eine Speise, die sie eigentlich mögen, nicht essen, weil etwas anders zubereitet ist, als sie es gewohnt sind. Ein gutes Beispiel ist der vierjährige Sohn von meiner Freundin. Ich habe Schinkenfleckerl gekocht und es gewagt, eine Jungzwiebel zu verwenden. Die grünen Enden haben ein bisschen herausgeblitzt. Als ich die Pfanne auf den Tisch stelle, jammert er: 'Nein, das will ich nicht essen.' Meine Vermutung ist, dass über das Essen viele Machtspielchen ausgetragen werden. Viele Eltern, wie auch meine Freundin, geben dann irgendwann auf, wenn das Kind lange genug Widerstand leistet.

Für mich ist dieses ganze Problem mit dem Essen aber auch ein Ausdruck dessen, dass Kindern heutzutage zu viele Entscheidungen selbst treffen können. Als Pädagogin erlebe ich, dass Eltern ihren Kindern oft Entscheidungen aufbürden, die eigentlich Erwachsene treffen sollten. Damit sind sie teilweise völlig überfordert. Im Kindergarten und in der Schule, heißt es oft, würde ein Kind sehr wohl alles essen. Für mich ist das keine Überraschung, denn dort wird ihnen ja auch nicht die Wahl gelassen. Immer auf jedes Bedürfnis eines Kindes einzugehen halte ich für grundlegend falsch.

Für mich würde es niemals infrage kommen, extra zu kochen, weil einem Kind etwas nicht schmeckt. Mein Sohn ist mittlerweile 21 Jahre alt – früher war er eine Katastrophe beim Essen. Er war ein ganz dünnes Kind, hat nur sehr wenig gegessen. Wir waren froh über alles, was er doch gegessen hat. Meine Mutter hat immer zu mir gesagt: 'Cornelia, du musst etwas machen, das Kind ist viel zu dünn.' Aber was sollte ich denn groß machen? Bei uns gab es die Drei-Bissen-Regel: Zumindest drei Bissen musste er kosten. Und wenn er etwas nicht essen wollte, dann gab es auch nichts stattdessen. Er hat dann auch nichts Süßes bekommen. Zum Glück hat sich das Problem irgendwann von selbst erledigt. Seit er 18 ist, macht er viel Kraftsport. Dadurch hat er zugenommen, aber er isst mittlerweile auch mehr."


"Ich habe keine Kraft für Kämpfe"

Max und seine Partnerin haben zwei Kinder (fünf Jahre und acht Monate)

"Ich bin dagegen, extra für ein Kind zu kochen, aber ich mache es trotzdem. Ehrlicherweise bin ich da total inkonsequent. Meine Einstellung ist eigentlich, es nicht machen zu wollen – aber im Alltag will ich mir einfach die Kämpfe ersparen und mache es dann. Wir haben schon mehrmals versucht, mit unserer Tochter die Abmachung zu treffen, dass sie mit uns mitisst. Sie soll probieren, was auf den Tisch kommt, und einmal die Woche darf sie aussuchen, was es gibt. Leider hat die Abmachung nur ein paar Tage gehalten.

Ein paar wenige Gerichte isst sie ohne Beschwerde mit, zum Beispiel Fisch mit Reis, Kartoffelgerichte, Fleischlaibchen oder Gemüselasagne. Bei anderen Gerichten ist es leider viel zu oft so, dass sie sagt: 'Das mag ich nicht' oder 'Ich hab keinen Hunger'. Ich habe leider nur selten die Kraft, darauf zu bestehen, dass sie zumindest kostet. Und sie hungrig ins Bett gehen zu lassen wäre für mich keine Option.

Deshalb kochen wir extra oder wandeln unser Essen so ab, dass sie es auch mag. Wenn wir Spaghetti mit Lauchsauce essen, bekommt sie zum Beispiel Tomatensoße dazu. Fast immer ist das, was wir essen, kombinierbar mit dem, was wir für sie extra zubereiten. Dass sie nur Beilagen bekommt, möchte ich nicht. Sie soll ja nicht nur fade Nudeln essen müssen. Wenn es eine Speise gibt, die sie gar nicht mag und die man nicht abwandeln kann – zum Beispiel Risotto –, bekommt sie meist ein Brot mit Frischkäse. Das ist sozusagen die Notlösung. Manchmal mache ich ihr aber auch etwas, das ganz schnell geht, zum Beispiel fertige Spätzle.

Wenn ich an meine Kindheit denke, kann ich mich nicht erinnern, dass für meinen Bruder und mich extra gekocht wurde, wenn uns ein Essen nicht geschmeckt hat. Vermutlich wurde Kindern früher nicht so stark die Wahl gelassen, sie wurden weniger in Entscheidungen miteinbezogen. Viele junge Eltern gehen heute ständig auf ihre Kinder ein. Was ja im Grunde genommen etwas Positives ist. Aber ich glaube, dass es vielfach auch nach hinten losgeht, wie zum Beispiel beim Essen.

Mittlerweile habe ich mich aber mit der Situation abgefunden und hoffe einfach drauf, dass es irgendwann anders werden wird. Im Herbst ist übrigens unser zweites Kind zur Welt gekommen. Unser Sohn ist mittlerweile acht Monate alt und wird noch gestillt. Außerdem bekommt er mittags einen Brei, wir dünsten ihm Gemüse oder lassen ihn unser Essen kosten, wenn es nicht zu stark gewürzt ist. Zumindest das ist bisher also relativ unaufwendig." (Protokolle: Lisa Breit, 18.5.2021)