Das Wiener Start-up Refurbed will Nachhaltigkeit in die Elektronikbranche bringen. Die Plattform ist ein Marktplatz für gebrauchte Elektronikgeräte, die durch Reparaturen wieder wie neu funktionieren sollen. Angeboten werden vor allem Smartphones, Tablets und Laptops. Neu hinzugekommen sind vor kurzem auch Haushalts- und Küchengeräte – und das Sortiment soll noch weiter ausgebaut werden. Möglich wird das durch Partner, die sich auf die Erneuerung der Geräte spezialisiert haben und diese über die Plattform vertreiben.

Die Produkte können kostenlos auf der Website angeboten werden, erst beim Verkauf wird eine Provision fällig. "Bei uns darf aber nicht jedes Unternehmen verkaufen", sagt Kilian Kaminski, einer der drei Gründer. Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit sei deshalb die Suche nach den richtigen Partnern, die nach strengen Qualitätskriterien ausgewählt werden. Aktuell bezieht die Plattform Geräte von 120 Partnerunternehmen, ansässig in ganz Europa – der Großteil davon in der D-A-CH-Region. Erwerben können Konsumentinnen und Konsumenten die erneuerten Geräte derzeit in zwölf Ländern.

Und woher kommen die Altgeräte? Laut Kaminski gibt es zwei Ressourcenquellen: einerseits Firmenhandys und -laptops, die in großen Mengen abgekauft werden. Andererseits kommen auch über Privatpersonen gebrauchte Geräte wieder in den Kreislauf, viel zu viele würde aber immer noch in Schubladen verstauben. "Smartphones werden im Durchschnitt alle 18 Monate ausgetauscht. In der Regel müssen deshalb nur zwei Komponenten ersetzt werden, damit sie wieder wie neu funktionieren", sagt er.

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"Alle 18 Monate wird ein neues Smartphone gekauft. Dabei wären die meisten Geräte noch wesentlich länger nutzbar", sagt Kilian Kaminski.
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Verändertes Konsumverhalten

Ein großes Problem in der Elektronikbranche sieht Kaminski jedoch darin, dass viele Geräte so designt werden, dass sie nicht gut repariert werden können. Gerade deshalb sei die professionelle Erneuerung wichtig. Das zweite große Problem: Sie wurden auch gar nicht dafür entwickelt, lange verwendet zu werden. "Und das betrifft nicht nur die Hardware, sondern vor allem die Software", erklärt er. Ältere Smartphonemodelle sind beispielsweise oft von den neuesten Software-Updates ausgeschlossen. "Wir sind nur ein Teil der Lösung. Bei diesen Problemen ist vor allem die Politik gefragt, um auf das Handeln der Hersteller einwirken zu können", sagt er.

Komplett verschwinden würden neue Geräte zwar nicht, aber bei den Konsumentinnen und Konsumenten sei laut Kaminski ein Umdenken bemerkbar. Nachhaltigkeit werde vielen immer wichtiger, und der Hype um die neuesten Elektronikgeräte habe stark nachgelassen. Aber auch der Kostenfaktor sei bei den generalüberholten Produkten wesentlich, denn diese sind günstiger als Neuware. "Nachhaltiger Konsum heißt in vielen Bereichen erst mal, dass Dinge teurer sind. Zum Beispiel bei Kleidung oder Lebensmitteln. Das ist hier nicht der Fall", sagt er.

Sinn im Job

Ansprechen will die Firma als Arbeitgeber vor allem Personen, die nach einer sinnstiftenden Tätigkeit suchen – also ganz im Sinne vieler Angehöriger der Generationen Y und Z. Doch nicht nur junge Menschen sind bei dem Online-Marktplatz beschäftigt, Personen zwischen Anfang 20 und Ende 50 sind für die Plattform tätig. Aktuell arbeiten 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter großteils aus dem Homeoffice in und um Wien. Und es sollen noch mehr werden: Ausgeschrieben sind derzeit 25 Positionen, meist in den Bereichen Development und Marketing. Seit der Gründung im Jahr 2017 hat das Unternehmen ein großes Wachstum erlebt. Im Vorjahr konnte der Marktplatz seinen Umsatz auf über 100 Millionen Euro verdreifachen.

Und ein Ende des Booms sei laut Kaminski nicht in Sicht. Einer aktuellen Umfrage aus Deutschland zufolge seien viele Konsumentinnen und Konsumenten erneuerten Produkten gegenüber aufgeschlossen, doch nur wenige wüssten über das Angebot Bescheid. "Viele kennen entweder Neuware oder gebrauchte Ware. Generalüberholte, also refurbishte Produkte sind eine neue Kategorie, die immer noch wenigen Menschen bekannt ist – genau da wollen wir ansetzen", sagt der Gründer. (Anika Dang, 15.5.2021)