Bundeskanzleramt, Parlament und Hofburg sollen künftig von einer Spezialeinheit geschützt werden.

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Gegen einen hochrangigen Wiener Polizeibeamten stehen schwere Vorwürfe im Raum: Er soll eine Kollegin sexuell belästigt haben. Als er seinen Dienst versah, soll er der Beamtin an den Hintern gegriffen haben. Die Landespolizeidirektion Wien bestätigt dem STANDARD, dass diesbezüglich eine Anzeige vorliegt, und gibt an, der Polizist versehe derzeit keinen Dienst.

Der Kommandant einer Wiener Polizeiinspektion will sich selbst auf STANDARD-Anfrage nicht zu den Vorwürfen äußern. Laut seinem Anwalt Nikolaus Rast weist er sie jedoch zurück. Außerdem sei er derzeit freiwillig auf Urlaub, dieser sei schon von langer Hand geplant gewesen, sagt Rast. Bei allen genannten Vorwürfen gilt die Unschuldsvermutung.

Weitere Vorwürfe aus der Vergangenheit

In Polizeikreisen ist zu vernehmen, dass es auch in der Vergangenheit schon mehrmals Vorwürfe gegen den Mann gegeben habe. Da ist etwa die Rede davon, dass er Kolleginnen beim Autofahren zwischen die Beine gefasst, eine Kollegin auf die Toilette verfolgt oder eine junge Kollegin als "Prinzessin" bezeichnet habe. Anwalt Rast sind die Vorwürfe bekannt, auch diese werden zurückgewiesen.

Ob es zu einem dieser Vorwürfe eine Anzeige gab, kann oder will Rast nicht sagen, er merkt aber an: Gebe es derartige Vorwürfe und jemand an einer Polizeidienststelle wisse davon, wäre es Amtsmissbrauch, dies nicht anzuzeigen. Es gebe jedenfalls kein entsprechendes Urteil, "und wenn es da strafrechtlich etwas gegeben hätte, dann wäre er nicht dort, wo er heute ist", sagt der Anwalt. Denn: Das Strafgesetz sieht vor, dass ein Beamter, der verurteilt wurde, weil er eine ihm anvertraute Person sexuell belästigt hat, sein Amt verliert.

Führungsposition in neuer Sondereinheit

Der ranghohe Polizist soll auch in der Objektschutzeinheit Solon für einen hohen Posten gehandelt werden – die befindet sich gerade mitten in einer Übergangsphase. Das Personal, das bei der Bewachung wichtiger Gebäude wie Bundeskanzleramt, Parlament oder Hofburg zum Einsatz kommt, soll in einer neuen Einheit der Landespolizeidirektion Wien zusammengefasst werden, kündigte Helmut Tomac, Generalsekretär im Innenministerium, kürzlich an.

Seit vergangenem Dezember gibt es einen Probebetrieb einer eigenen Einheit in der Abteilung für Sondereinheiten (ASE) in Wien, derzeit laufen die Vorarbeiten für die fixe Einrichtung. Im für Sommer geplanten Endausbau sollen anstelle von bisher rund 80 künftig rund 140 Männer und Frauen für den Objektschutz zuständig sein, eine Tageszuteilungen aus anderen Polizeiinspektionen soll es nicht mehr geben.

Zwist um Bestellung

Doch schon die Bestellung des Mannes, gegen den nun Vorwürfe im Raum stehen, zum Inspektionskommandanten hatte für Zwist gesorgt. Der betreffende Polizist gilt als ÖVP-nahe, Fotos zeigen ihn mit Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), auch zu Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) soll er ein gutes Verhältnis haben. Gegen seine Bestellung soll sich der Wiener Fachausschuss der Polizeigewerkschaft – damals in roter Hand – gewehrt haben, der schwarze Zentralausschuss soll sie aber dann doch durchgebracht haben. Das Innenministerium verweist auf Anfrage in dem Zusammenhang an die Polizei.

Selbst der Wiener Landeshauptmann, der damals noch Michael Häupl hieß und der SPÖ angehört, hatte Vorbehalte gegen den Beamten und verzögerte die Bestellung – verhindern kann der Landeshauptmann eine solche aber nicht.

Die Causa liegt nun bei der Staatsanwaltschaft, die darüber entscheiden muss, ob Anklage gegen den Mann erhoben wird. Nachdem entweder die Staatsanwaltschaft oder, im Falle einer Anklage, ein Gericht eine Entscheidung getroffen hat, ist auch ein Disziplinarverfahren denkbar. (Gabriele Scherndl, 14.5.2021)