Der Bundeskanzler ist mit dem Vorwurf der Falschaussage konfrontiert.
Foto: APA / Helmut Fohringer

"Süddeutsche Zeitung": Entmachtete Partei

"Wenn die Entwicklung nicht so dramatisch wäre, könnte man das als Verfolgungswahn abtun. Aber der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert. Die Grünen hält er in einer Art Geiselhaft; sie hoffen, dass man ihnen vergeben wird, wenn sie Pragmatismus über Rückgrat stellen. Aber der ultimative Sündenfall ist dieser: Im Kalkül der verschworenen Truppe rund um Kurz ist der mangelnde Respekt für staatliche Institutionen, Gewaltenteilung und Gesetze immer und so lange zulässig, wie ihn 'das Volk' verzeiht."

"taz – die tageszeitung": Kein Messias mehr

"Den saloppen Umgang mit Verfassung und Rechtsstaat nehmen die meisten Wähler achselzuckend hin. (...) Kurz wird wohl auch eine Verurteilung politisch überleben. Aber der Lack des Messias ohne Fehl und Tadel ist ab."

"Neue Zürcher Zeitung": Lame Duck Kurz

"Kurz’ Art des Regierens zielt ganz auf kurzfristige Effekte. Skrupel besitzt er keine, wenn es darum geht, sich als Macher zu präsentieren und von Schwierigkeiten abzulenken. Im Frühjahr beispielsweise nahm er dafür sogar einen Streit mit befreundeten Ländern der EU in Kauf. Als sich abzeichnete, dass die Impfung in Österreich nicht so rasch vorankommt wie angekündigt, behauptete er, in der EU gebe es einen 'Impfbasar’, auf dem sein Land und andere Staaten benachteiligt seien (...)

Die neueste Untersuchung wird Kurz bei seiner Arbeit lähmen. Mit seiner bisherigen Politik der Inszenierung wird er definitiv nicht mehr weiterkommen. Ob Kurz und sein Umfeld sich neu ausrichten können, ist ungewiss – die vergangenen Monate stimmen skeptisch."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": Ernsthaft überrascht?

"Die Opposition habe, sagt er, nur ein Ziel: ihn aus dem Amt zu drängen. Das wird wohl so sein. Aber kann ein Vollblutpolitiker wie Kurz ernsthaft überrascht sein über so etwas? Wenn Politiker mit Skandalen (wirklichen oder eingebildeten) in Verbindung gebracht werden, entscheidet häufig nicht die Substanz der Vorwürfe über ihr Schicksal, sondern ihr Umgang mit der Krise. Da überzeugt Kurz noch nicht." (APA, red, 14.5.2021)