Am Samstag mobilisierten Corona-Maßnahmengegner in Wien.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Die Kritiker der Corona-Maßnahmen marschierten am Samstag wieder durch Wien. Am Nachmittag fand eine Kundgebung unter dem Motto "Wehret den Anfängen" im Resselpark am Karlsplatz statt. Gegen 15 Uhr hatten sich zur als "Großdemonstration" beworbenen Veranstaltung nach Polizeischätzung nur einige hundert Personen eingefunden. Dann zogen die Demonstranten über den Ring vorbei am Stadtpark in den zweiten Bezirk, dann entlang des Donaukanals Richtung Norden bis zum Augarten. Die Demo verlief laut Polizei eher ruhig. Es gab jedoch mehrere Personenkontrollen, darunter auch bei gewaltbereiten Hooligans, sowie einige Festnahmen. Um 17 Uhr wurde die Demo wie vorgesehen beim Augarten beendet.

Eigentlich hatten die Veranstalter laut Ankündigung gehofft, dass "Tausende" gegen "totale Überwachung, (wissenschaftlich nicht-validierte) Restriktionen, Diskriminierung, Unterdrückung, Zensur, Willkür und politischen Aktionismus" auf die Straße gehen. Allerdings habe die Berichterstattung über eine auch von Kundgebungsveranstalter Manuel Müllner mitorganisierte Demonstration am Freitag in Mauthausen "viel Unruhe reingebracht", wie er der APA erzählte.

Hitler-Rede in Mauthausen

Am Samstag wurde vor einem Verlust von Freiheitsrechten durch die Corona-Maßnahmen oder deren Auswirkungen auf Kinder gewarnt – von mehreren Sprechern bei einer Standkundgebung im Resselpark. Die Teilnehmer, viele davon mit Österreichfahnen, forderten etwa den Rücktritt der Regierung ("Kurz muss weg"), skandierten "Ich bin gesund" oder "Wir wollen keine Diktatur". Bei der Demo seien nur friedfertige Teilnehmer erwünscht, betonten die Veranstalter wohl mit Blick auf Medienberichte über eine Mobilisierung gewaltbereiter Gruppen im Vorfeld. Außerdem wurde wiederholt zum Maskentragen und Abstandhalten aufgefordert.

Auch aufgrund eines zuvor am Resselpark gestarteten Rave-Demozugs kam es ab dem frühen Nachmittag zu umfangreichen Verkehrsbehinderungen im innerstädtischen Bereich.

Dass die Demoroute durch die Leopoldstadt, in der große Teile der jüdischen Community in Wien leben, sorgt im Vorfeld für Kritik. So steckt hinter der Demo auch ein Personenkreis, der am Mittwoch unweit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen demonstriert hat. Dort spielte der Busunternehmer Alexander Ehrlich eine Hitler-Rede vor, Teilnehmer verglichen sich ob der Corona-Maßnahmen mit der von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Bevölkerung.

Keine ausreichenden Untersagungsgründe

Die Kultusgemeinde in Wien hat bereits eine Warnung an ihre Mitglieder bezüglich der samstäglichen Demonstration ausgeschickt. Die Polizei Wien antwortete Kritikern der Demoroute auf Twitter, die Veranstaltung sei geprüft worden, es habe aber keine ausreichenden Untersagungsgründe gegeben. Man werde die Veranstaltung aber "mit ausreichend vielen Kolleg*innen begleiten, dokumentieren und gegebenenfalls einschreiten." Auch auf Verstöße gegen das Verbotsgesetz werde man achten.

Der freie Journalist Michael Bonvalot hatte im Vorfeld der Demos von Gewaltaufrufen in internen Chatgruppen der Teilnehmer gewarnt. So würden gezielt Soldaten angesprochen werden. Manche User fantasieren von Molotowcocktails, außerdem solle es bei der Demo "scheppern". Der Verfassungsschutz wurde laut Polizei bereits davon in Kenntnis gesetzt.

Streit in der Szene

Die sogenannten Corona-Demos haben mittlerweile stark an Teilnehmerzahlen verloren – auch, weil die Präsenz von Rechtsextremen und Neonazis immer offener wurde. Außerdem kam es innerhalb der "Szene" zu internen Streitigkeiten; einzelne Aktivisten warfen sich gegenseitig vor, nur Profit machen zu wollen oder Undercover-Agenten zu sein.

Entsetzt über die Corona-Demo in Mauthausen zeigte sich auch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP): "Dieser Fall ist zutiefst schockierend und wohl der Tiefpunkt einer ganzen Reihe von antisemitischen Vorfällen, die in den letzten Monaten immer wieder in unserem Land stattfinden", sagte Edtstadler zum STANDARD. "Insbesondere bei sogenannten "Corona-Demos" werden immer wieder antisemitische Parolen und Symbole registriert" (fsc, APA, 15.5.2021)