Wenn Tesla-Chef Elon Musk twittert, dann folgen seine Fans. Das hat bereits Aktien und zuletzt die Kryptowährung Bitcoin massiv bewegt.

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Spekulationen über Bitcoin-Verkäufe des US-Elektroautohersteller Tesla schicken die Cyberwährung auf Talfahrt. Sie fiel am Montag um mehr als 14 Prozent auf ein Dreieinhalbmonatstief von 42.130,28 Dollar. Die nach Bitcoin zweitwichtigste Cyberwährung Ethereum stürzte sogar um mehr als 21 Prozent ab.

Auslöser des Ganzen war eine Twitter-Korrespondenz: "Bitcoiner werden sich im kommenden Quartal selbst ohrfeigen, wenn sie herausfinden, dass Tesla den Rest seiner Bitcoin-Bestände abgestoßen hat. Mit dem Ausmaß an Hass, der Elon Musk entgegenschlägt, würde ich ihm das nicht übelnehmen", meinte CryptoWhale. Tesla-Chef Elon Musk zwitscherte zurück: "In der Tat." Die Unterhaltung spann sich fort. Dank des verlängerten Armes via Social Media sind solche Botschaften heute weltweit zu hören.

Nützt Signal! Diese zwei Worte in einem Tweet von Tesla-Chef Musk hatten zu Jahresbeginn gereicht, dass Anleger Signal-Aktien im großen Stil kauften. Der Kurs von Signal Advance schoss um mehr als 1.500 Prozent nach oben, auf 38,70 US-Dollar. Ein absoluter Rekord für das Unternehmen, das bisher eher als Penny-Stock unterwegs war. Die Krux: Signal Advance hat mit der 2014 gegründeten Messenger-App nichts zu tun – diese gehört zu einem privaten Unternehmen, das nicht an der Börse notiert. Signal Advance ist auf die Entwicklung technischer Produkte und Verfahren spezialisiert und war an der Börse schlagartig drei Milliarden Dollar wert.

Mehrere Verwechslungen

Solche Verwechslungen sind in der jüngeren Börsengeschichte keine Seltenheit. Ähnliche Beispiele sind Clubhouse oder auch Gamestop, wo sich Anleger im Rennen um den schnellen Gewinn vergaloppiert haben. Bei Clubhouse wurde oft nicht realisiert, dass die an der US-Börse notierte Clubhouse Media Group gar nichts mit der neuen App zu tun hat. Der Kurs der Media Group stieg von rund drei auf knapp 30 Dollar. Bei Gamestop sorgte das Börsenkürzel GME dafür, dass Anleger statt in den Spielehändler oftmals in das in Sydney gelistete Bergbauunternehmen GME Resources investiert haben. "Soziale Medien wie Twitter bringen eine zusätzliche Dimension in das Handelsgeschehen", sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Unicredit Bank Austria. Das bringe auch neue Risiken mit sich.

Das Schwungrad dreht sich durch die sozialen Netzwerke schneller, wie der Run auf den Spielehändler Gamestop gezeigt hat. Dass sich Privatanleger über Reddit vernetzt haben und mit ihren Gamestop-Aktienkäufen gar Hedgefonds in die Bredouille brachten, kommt an der Börse auch nicht alle Tage vor. Da entstand eine Dynamik, ein Hype, bei dem viele dabei sein wollten.

Disruption an der Börse

Es zeigte auch, dass man an der Börse nicht alles verstehen muss, um mitzuspielen. Solche Aktionen haben der Börse zwar ihren elitären Nimbus genommen, aber auch an deren Seriosität genagt.

Hier spielen auch Trading-Apps wie Robinhood eine Rolle, die Anleger mit einer einfachen Handhabung die Teilhabe am Markt ermöglichen. Damit wurde nun auch die Börse von einer disruptiven Technologie erfasst, die nachhaltig für Veränderung sorgen wird – und Kritik auslöst. Ein US-Professor hat die Trading-Apps als neueste Crack-Dealer bezeichnet, denen es darum gehe, bei Kunden ständig die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin auszulösen. Mit Spielelementen sollen neue Deals angeschoben werden. Konfetti fällt, um Transaktionen zu feiern. Dieser videospielähnliche Zugang missfällt auch Gary Gensler, dem neuen Chef der US-Börsenaufsicht SEC. "Gensler hat angekündigt, die Gamification an der Börse kritisch unter die Lupe zu nehmen", sagt Rosen-Philipp.

Wie stark Börsen von Tweets beeinflusst werden, hat auch Ex-US-Präsident Donald Trump vorgeführt. Die Bank of America hatte 2019 die Anzahl der Trump-Tweets mit den Börsenkursen in Verbindung gebracht. Ergebnis: Je öfter Trump seine knapp 70 Millionen Follower über seine Sicht der Dinge informierte, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Kurse sanken. Bei mehr als 35 Tweets pro Tag ging es ziemlich sicher bergab. Umgekehrt stiegen die Kurse meist, wenn sich Trump binnen 24 Stunden weniger als fünfmal meldet.

Neue Influencer

Diese Macht scheint nun Musk als Influencer an sich gerissen zu haben. Als er im Februar seinen knapp 55 Millionen Twitter-Followern sein 1,5-Milliarden-Dollar-Investment in Bitcoin mitteilte und große Pläne mit der Kryptowährung wälzte, zog er den Bitcoin-Kurs von rund 38.000 auf über 44.000 Dollar. Als Musk seine Fans nun wissen ließ, dass der hohe Energieaufwand bei Bitcoin-Schürfen und -Transaktion wohl schlecht für die Umwelt ist, stürzte Bitcoin um 15 Prozent ab. Tausende Dollar waren vernichtet. (Bettina Pfluger, 17.5.2021)