Martin Kocher hier in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finanzminister Gernot Blümel.

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Rund 150.000 Personen werden mit der großflächigen Öffnung ab Mittwoch aus der Kurzarbeit in den Normalbetrieb wechseln oder aus der Arbeitslosigkeit in Jobs zurückkehren, sagte Martin Kocher (ÖVP) dieser Tage. Der Arbeitsminister geht davon aus, dass sich damit auch die Lage für Langzeitarbeitslose wieder etwas entspannen wird, betont er in der ORF-Pressestunde.

Der kräftige Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich gehe zwar zum Teil auf die Pandemie zurück, virulent sei das Problem aber seit der Finanzkrise. Unter anderem die Corona-Joboffensive und das Programm "Sprungbrett", das im Sommer starten wird, sollen dabei helfen, das Problem anzupacken, wiederholt Kocher. Er verweist darauf, dass 44 Prozent der Arbeitslosen nur einen Pflichtschulabschluss vorweisen können. Weiterqualifizierung sei eine der Lösungen.

Das führt zur Frage des wieder zunehmend lauter beklagten Fachkräftemangels. 300.000 offene Jobs finden sich auf der neuen Jobplattform des AMS, die um externe Stellenanzeigen von Unternehmenswebsites und Karriereportalen erweitert wurde.

Fachkräftemangel bleibt

In den kommenden Jahren drohe der Fachkräftemangel "endemisch" zu werden, sagt der Minister, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen. Neben staatlicher Unterstützung bei der Qualifizierung könne man vielleicht auch "Unternehmen davon überzeugen, in Sachen Ausbildung wieder mehr zu tun", hofft Kocher. Auch die im Regierungsprogramm verankerte Attraktivierung der Rot-Weiß-Rot-Karte hält er für sinnvoll.

Was die Reform der Kurzarbeit betrifft, die in der derzeitigen Form im Juni ausläuft, werde noch mit den Sozialpartnern verhandelt. Bis Ende Mai soll die Reform stehen. In Grundzügen ist bekannt, wohin die Reise gehen soll. So wichtig die Kurzarbeit in ihrer großzügigen Form während der Schließung ganzer Branchen auch gewesen sei, eine Fortführung in der aktuellen Ausgestaltung würde bei der Öffnung der Wirtschaft die Konjunktur eher hemmen, sind sich der Arbeitsminister und Experten weitgehend einig. Die Neos sehen hier jedenfalls dringend Handlungsbedarf. Kocher bestätigt, dass man beim künftigen Modell auf Mindestarbeitszeit, Selbstbehalte und Umsatzausfälle abstellen wolle. Letzteres soll bei der Gewerkschaft nicht gut ankommen.

Mehr Treffsicherheit bei der Kurzarbeit

Ziel ist es jedenfalls, die Unterstützung treffsicherer zu gestalten. Generell sei die Rücknahme der Corona-Hilfen nach den Öffnungen politisch nicht ganz einfach, räumt der Minister, der nach eigenen Angaben weiterhin ohne ÖVP-Parteibuch ist, ein.

Wie die Arbeitslosenhilfe künftig aussehen sollte, dazu wollte Kocher sich nicht äußern. Das gelte es zu diskutieren, wenn am Arbeitsmarkt Normalität eingekehrt sei. Auch die Frage, ob die Maßnahme der Erhöhung der Notstandshilfe, die Ende Juni ausläuft, verlängert werden soll, will Kocher erst nach den Öffnungsschritten beantworten. Für die FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch ist der Arbeitsminister dennoch weiter auf "einem brutalen Sozialabbaukurs". (Regina Bruckner, 17.5.2021)