Enis Murati, Gmundens bester Spieler der Saison, schnitt mit Genuss das Netz in Kapfenberg ab.

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Die Schwäne waren schon sehr hungrig auf den Titel.

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Harald Stelzer am Morgen nach dem Gewinn des Basketball-Meistertitels für die Gmunden Swans anzurufen ist nicht die schlechteste Idee. "Ich bin wahrscheinlich der Einzige im Verein, der schon wach ist. Einige Spieler wurden noch in der Früh gesehen." Der 62-jährige Stelzer ist die Seele des Gmundner Basketballs, führt den Verein seit 35 Jahren, mittlerweile nur mehr in untergeordneter Rolle als Finanzvorstand. "Es war eine Saison voller Entbehrungen, vor allem für die Spieler, die in der Pandemie quasi nur in der Halle gelebt haben. Und ich bin stolz, dass wir diesen Titel mit einem starken österreichischen Stamm geholt haben", sagt Stelzer zum STANDARD.

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Mit einem Sieg in Kapfenberg (90:83) beendeten die Schwäne mit 3:1 die Best-of-five-Finalserie der Basketball-Superliga (BSL). Es ist der fünfte Titel in einer sehr bewegten Vereinsgeschichte. In Gmunden, einer 14.000-Einwohner-Gemeinde am Nordufer des Traunsees im Salzkammergut, steppt normalerweise nicht unbedingt der Bär. "Wir sind eine Ferienregion im Dornröschenschlaf, leben vom Tagestourismus, aber wir haben auch eine sehr treue Fangemeinde." Zu Normalzeiten wäre die Volksbank-Arena im Finale mit einem Fassungsvermögen von 2500 Zuschauern aus allen Nähten geplatzt. Eintrittsgelder, die die Schwäne gut hätten brauchen können.

Kein Patient

"Ohne Fans ka Musi", sagt Stelzer. Nicht nur den Gmundnern hängt der Abbruch der letztjährigen Meisterschaft im März 2020 nach. "Ohne die Banken und die spät erfolgten Regierungshilfen wären wir hin gewesen." Mittlerweile hat sich die finanzielle Lage stabilisiert, "ein Patient sind wir nicht". Man hat größere Stürme überlebt. 2002 war die Möbelfirma Steiner Hauptsponsor, sie verursachte den drittgrößten Konkurs Österreichs in der Nachkriegszeit. Mit einem Budget von etwa 800.000 Euro zählt Gmunden mittlerweile zu den finanzkräftigeren Teams der Liga.

Daniel Friedrich (r.) wurde an den Traunsee gelockt und entwickelte sich dort zum Nationalteamspieler. Der 29-Jährige drehte die Finalserie in Spiel drei im Alleingang.
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Entscheidend für den Erfolg sind mit Enis Murati, Daniel Friedrich, Benedikt Güttl und Toni Blazan vier Nationalteamspieler. "Unsere Legionäre spielen untergeordnete Rollen. Wir haben nicht das große Nachwuchspotenzial wie etwa die Timberwolves in Wien, aber wir holen junge Spieler, an die niemand anderer glaubt." Kapitän Enis Murati ist die herausragende Persönlichkeit. Die Karriere des 32-jährigen gebürtigen Kosovaren liest sich wie ein Märchen. Mit 17 Jahren nach Österreich und in die Bundesliga zu Gmunden, Matura, Biologiestudium, mit 25 Einbürgerung und Einberufung ins Team, nun bester Österreicher der Liga 2021.

Gegen Kapfenberg gab es bereits mehrere bittere Finalniederlagen, zuletzt 2018 und 2019. "Es ist ein gutes Gefühl nach all den Jahren, wo sie das Netz in unserer Halle abgeschnitten haben. Jetzt haben wir es endlich einmal in ihrer Halle gemacht", sagt Murati. Gmunden hat 115 ehrenamtliche Mitarbeiter, "der Ausdruck Familie trifft es ganz gut für unseren Verein". Ehemalige Spieler sind heute Nachwuchstrainer, Schiedsrichter oder im Sportvorstand. Stelzer, im Brotberuf Angestellter beim AMS, steht kurz vor der Pension, bleibt aber im Unruhezustand. "Solange sie mich ertragen, mache ich weiter."

Geärgert hat sich Stelzer über den ORF, der in der letzten Finalpartie nach 30 Minuten zum Fußball-Champions-League-Finale der Frauen umschaltete, ohne österreichische Beteiligung: "Wertschätzung für heimische Randsportarten sieht anders aus." (Florian Vetter, 18.5.2021)