RTL und Bouygues wollen ihre Sendergruppen M6 und TF1 fusionieren.

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Luxemburg/Paris/Köln – Der in Luxemburg ansässige Medienkonzern RTL und der französische Mischkonzern Bouygues wollen ihre Sendergruppen M6 und TF1 fusionieren und damit ein neues Schwergewicht im Fernseh- und Streaming-Markt in Frankreich aufbauen. Man habe exklusive Verhandlungen über die Schaffung eines "nationalen Media-Champions" begonnen, teilte die Bertelsmann-Tochter am Montagabend mit.

Die RTL Group will den Schritt zu einem Teilausstieg bei M6 nutzen und an dem fusionierten Unternehmen nur noch 16 statt 48 Prozent halten: Elf Prozent der Anteile verkauft RTL für 641 Millionen Euro an den TF1-Großaktionär Bouygues, den Rest tauscht RTL in TF1-Anteile. Bouygues wird so mit 30 Prozent beherrschender Anteilseigner des börsennotierten Fernseh-Unternehmens, das nach dem Zusammenschluss einen neuen Namen bekommen soll.

Zustimmung der Verwaltungsräte

Die Verwaltungsräte der Beteiligten hätten schon zugestimmt, hieß es in der Mitteilung. Zusammen wären TF1 und M6 im Jahr 2020 den Angaben zufolge auf einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro und einen operativen Gewinn (Ebitda) von 461 Millionen Euro gekommen. RTL und Bouygues versprechen sich von der Fusion innerhalb von drei Jahren Einsparungen von 250 bis 350 Millionen Euro, die den operativen Gewinn entsprechend aufbessern sollen. Geführt werden soll das fusionierte Unternehmen von M6-Chef Nicolas de Tavernost.

"Die geplante Fusion der Groupe TF1 und Groupe M6 wäre ein erster großer Schritt in der Umsetzung unserer Strategie, nationale Media Champions in unseren europäischen Märkten zu schaffen", erklärte Bertelsmann- und RTL-Chef Thomas Rabe. Eine Konsolidierung in einzelnen Ländern könne erhebliche Werte schaffen. RTL wolle bei dem fusionierten Unternehmen engagiert bleiben: "Als strategische Investoren werden wir langfristige Partner von Bouygues sein." Allerdings haben die Franzosen ein Vorkaufsrecht auf weitere fünf Prozent der Anteile.

Auch Mediaset interessiert

Bertelsmann hatte die M6-Beteiligung Anfang des Jahres zum Verkauf gestellt – mit dem ausdrücklichen Ziel, schlagkräftigere Strukturen auf dem französischen Markt zu schaffen. Auch die von der Familie Berlusconi beherrschte italienische Mediaset hatte Interesse gezeigt. Sie ist auch am RTL-Konkurrenten ProSiebenSat.1 beteiligt. Gespräche hatte es Insidern zufolge auch mit dem französischen Medienkonzern Vivendi und dem Unternehmer Patrick Drahi von Altice Europe gegeben.

Bis die Fusion wirksam wird, könne es bis Ende 2022 dauern, teilte RTL mit. Aus rechtlichen Gründen bleibt der von der Medienaufsicht regulierte Hauptsender M6 als "M6 Edition" in der bestehenden Gesellschaftsstruktur, RTL bringt seinen Anteil von 48 Prozent aber in TF1 ein. Noch vor der Fusion sollen alle M6-Aktionäre eine Ausschüttung von insgesamt 2,50 Euro je Aktie bekommen – für RTL wären das rund 150 Millionen Euro. Der Preis, den Bouygues für das RTL-Paket zahlt, liegt mit 26,30 Euro je Aktie deutlich über dem Kurs der M6-Aktie, die am Montag bei 17,62 Euro geschlossen hatte.

Prüfung durch Kartellwächter

Die Kartellwächter dürften den Deal extrem kritisch prüfen. Rabe hatte bereits im März "erhebliche regulatorische Hürden" eingeräumt. Er setzt darauf, dass die Behörden die Marktmacht der großen US-Internetkonzerne und Streamingdienste wie Google, Facebook und Netflix berücksichtigen.

Der RTL-Chef will noch im ersten Halbjahr auch über die Zukunft der Sender in Belgien und den Niederlanden entscheiden, um die Fernseh-Landschaft dort zu konsolidieren. Bertelsmann will auch in Deutschland Kosten sparen, indem die Töchter RTL Deutschland und der Verlag Gruner+Jahr ("Stern", "Brigitte") enger verzahnt werden sollen. Im Sommer soll feststehen, wie die Zusammenarbeit aussehen soll und ob es zu einer Fusion kommt. (APA, 18.5.2021)