Pamela Rendi-Wagner ging am Abend der Sondersitzung des Parlaments zu Kurz/Blümel/Justiz trotz Einladung nicht in die ZiB 2, sondern zu Fellner-TV. Was allerhand Kommentare über ihre Medienpolitik auslöste, unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache, dass weibliche Politiker aller Parteien außer der FPÖ Wolfgang Fellner boykottieren wollten. Allerdings, er hat sich zeitweise zurückgezogen, statt ihm führt Isabelle Daniel das Interview.

Es ist öfters nicht ganz klar, wie Rendi-Wagner ihre politischen Aktionen setzt. Was die Frage aufwirft: Was ist ihr Plan, was ist der Plan der SPÖ?

Zunächst hat es Rendi-Wagner fertiggebracht, ihren nominellen Parteifreund LH Hans Peter Doskozil und Kanzler Kurz gleichzusetzen. Gegen beide wird wegen Falschaussage vor einem U-Ausschuss ermittelt, beide müssten im Fall einer Anklage zurücktreten, sagt die SPÖ-Vorsitzende. Angesichts der sinnlosen Querschüsse, die sie von Doskozil (und übrigens vor ihr schon Christian Kern) erdulden musste, ein verständliches Sich-Luft-Machen. Ob das innerparteilich gut ankommt?

Es ist öfter nicht ganz klar, wie Rendi-Wagner ihre politischen Aktionen setzt.
Foto: imago images/SEPA.Media

Die strategische Frage ist, ob die SPÖ ein etwaiges Angebot von Sebastian Kurz, als Zweite mit ihm in eine Koalition zu gehen, annehmen soll. Ironischerweise ist die SPÖ vielleicht bald der letzte potenzielle Koalitionspartner, mit dem Kurz eine Mehrheit zusammenbringen kann. Zwar hat er – auch aus einer tiefen "Sozi-Aversion" heraus – die SPÖ 2017 rausgekippt, aber nach anderthalb Jahren bereits den nächsten Partner FPÖ aufgebraucht, und die Grünen hängen auch schon mit einem Fuß über der Bordwand. Viel bleibt ihm nicht mehr übrig, vor allem, wenn sich in der FPÖ Herbert Kickl durchsetzt. Der hat von Türkis wirklich genug.

Koalition mit Kurz?

Sowohl Rendi-Wagner bei Fellner-TV wie am selben Abend Beate Meinl-Reisinger in der ZiB 2 machten klar, dass sie mit Kurz und Co nicht in eine Koalition gehen würden. Ohne Kurz, mit einer dann wieder "schwarzen" ÖVP schon. So stand es im Raum. Und genauso bei Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der es allerdings vermied, explizit den Abgang von Kurz als Voraussetzung für eine Koalition zu fordern.

Eine Variante des SPÖ-Plans ist also: Koalition mit der ÖVP ja, aber ohne Kurz. Eine andere: ohne ÖVP, gemeinsam mit Neos und Grünen, aber erst nach Wahlen, nicht im fliegenden Wechsel. Wenn es sich ausgeht.

Das Problem bei diesen Planspielen ist, dass sie mit dem Inhaltlichen wenig zu tun haben. Welche Partei ist die SPÖ? Die Arbeiter werden immer weniger und sind schon großteils zur FPÖ und Türkis verschwunden (Stichwort: Ausländer). Oder dürfen nicht wählen (Stichwort: Ausländer). Die Bildungsschicht hat sich großteils zu den Grünen verzogen. Die größer werdende Zahl der kleinen Selbstständigen wird von der SPÖ (der Gewerkschaft und der WKO) vernachlässigt.

Daran müsste gearbeitet werden, aber man merkt nichts davon (der Zustand der Parteizentrale ist katastrophal). Die Voraussetzungen für eine "Wende" sind nicht so schlecht, denn Türkis wird sich aus seiner Natur heraus – "das System eines engen, abgehobenen Männerzirkels", wie Kurier-Chefredakteurin Martina Salomon nun auch schreibt – weiter in die Bredouille reiten. Aber das reicht nicht. Es muss auch eine überzeugende Alternative geben. (Hans Rauscher, 18.5.2021)