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Trattner ad ÖSV-Gerücht: "Derzeit liegt nichts auf dem Tisch."

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Das Gerücht ist Philipp Trattner auch schon zu Ohren gekommen. Es betrifft ihn selbst, und es lautet, er könnte bald nach Innsbruck übersiedeln und im Österreichischen Skiverband (ÖSV) das Kommando übernehmen. Nicht als Präsident, sondern als Herr über die ÖSV-Tochtergesellschaften, die für Veranstaltungen und fürs Marketing zuständig sind, sprich dafür, worum sich alles dreht, fürs Geld. Trattner, der unter FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache aus dem Basketballverband ins Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) übersiedelt war, um die Sektion Sport zu übernehmen, ist Tiroler und stammt "aus einer Sportfamilie", wie er selbst sagt.

So gesehen scheint das Gerücht zumindest nicht an den Haaren herbeigezogen. "Aber ein echtes Thema ist so etwas immer erst dann, wenn wirklich etwas auf dem Tisch liegt", sagt Trattner dem STANDARD. "Und derzeit liegt nichts auf dem Tisch." Er bestätigt, dass es vor geraumer Zeit schon "einen Informationsaustausch" zu diesem Thema gegeben habe. "Und dass Peter Schröcksnadel und mich eine Freundschaft verbindet, ist auch kein Geheimnis. Das hat aber nichts mit einer Arbeitsbeziehung zu tun." Er sei "in Wien glücklich verheiratet", sein Job im Sportministerium fülle ihn aus.

Tiefer Graben

Mag sein, die Lage ändert sich, wenn abzusehen ist, wie es weitergeht im und mit dem ÖSV. Österreichs erfolgreichster Sportverband sorgte zuletzt vor allem durch Zwistigkeiten für Schlagzeilen, da es dem Noch-Präsidenten Schröcksnadel nicht gelungen ist und nicht gelingen will, seine Nachfolge ordentlich zu regeln. Ganz im Gegenteil, Schröcksnadel kam erst in die Gänge, als mit Michael Walchhofer ein einziger, ihm nicht genehmer Kandidat verblieben war, und forcierte Renate Götschl. Das riss einen tiefen Graben zwischen den Landesverbänden auf, von denen sich schon eine Mehrheit hinter Walchhofer versammelt hatte.

Diese Mehrheit sah sich überrumpelt und in weiterer Folge auch unter Druck gesetzt. Vorläufig letzter Höhepunkt der Entwicklungen war am Montag der Rücktritt des oberösterreichischen Verbandspräsidenten Fritz Niederndorfer. Nicht nur für die "Salzburger Nachrichten" ist es "ein offenes Geheimnis, dass Walchhofer-Befürworter Niederndorfer die Karriere seiner rennlaufenden Tochter nicht gefährden wollte". Salzburgs Verbandsboss Bartl Gensbichler sagte der "SN": "Sein Rücktritt ist schlimm für den ÖSV. Er hatte eine starke wirtschaftliche Expertise und war ein Mann des Ausgleichs. So einer fehlt an allen Ecken und Enden."

Einzige Präsidentin

Als eine Frau des Ausgleichs hat sich Claudia Strobl stets gesehen, die Kärntnerin ist die einzige Landesverbandspräsidentin neben acht Präsidenten. Auch sie zeigt sich, wie sie dem "Falter" sagte, nach Niederndorfers Rücktritt "zutiefst schockiert, mit welcher Skrupellosigkeit Menschen behandelt werden, welche Mittel eingesetzt und welche Hebel betätigt werden". Offenbar habe "jemand sehr viel zu verlieren und zu verbergen". Die Ex-Weltklasseslalomläuferin würde sich "nicht wundern", würde auch ihr bald der Rücktritt nahegelegt. Auch aus anderen Landesverbänden hört man, dass Niederndorfers Rücktritt nicht der einzige bleiben könnte.

Die Lage eskaliert, mittlerweile ist landauf, landab und auch im Ausland schon die Rede und Schreibe davon, dass der ÖSV einen schweren Schaden davonträgt. Niederösterreichs Landesverbands-Vize Christian Reiter zollte Niederndorfer "den allergrößten Respekt für seinen Rücktritt" und rief "die Kollegen aus den anderen Landesverbänden auf, Rückgrat und Charakter zu zeigen und sich aus dem Einfluss einer derartigen Führungsperson zu befreien". Gemeint damit ist Peter Schröcksnadel. Ein anderer hochrangiger Funktionär assistiert quasi inkognito: "Man könnte meinen, das S in ÖSV steht nicht für Ski, sondern für Schröcksnadel."

Nächste Aufregung

Die von Claudia Strobl erwähnte Skrupellosigkeit beginnt ebenfalls mit S, wie die Streiterei, der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Mit all dem müsste aufräumen, wer auch immer Mitte Juni bei der Länderkonferenz in Villach die Nachfolge Schröcksnadels antreten wird. Am Dienstagabend kamen die Landesverbandsspitzen in Salzburg zusammen, um sich abzustimmen. Vorgesehen war, dass auch Walchhofer und Götschl kommen und sich präsentieren sollten. Doch Götschl hat sich entschuldigt, die Einladung wäre zu spät erfolgt. Das nahm den Landesverbänden die Möglichkeit, sich ein genaues, auch gemeinsames Bild zu machen. Und schon wieder herrschte Aufregung. (Fritz Neumann, 18.5.2021)