Eine gefiederte Wolke über Salobrar de sa Porrassa in Calvia, Mallorca – Stare versammeln sich bisweilen zu riesigen Schwärmen. Weltweit existieren 1,3 Milliarden Exemplare von Sturnus vulgaris, was ihn zahlenmäßig zum zweithäufigsten Vogel macht.
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Australische Wissenschafter haben hochgerechnet, wie viele Vögel aktuell die Erde bevölkern: Rund 50 Milliarden dürften es demnach sein, aber nur vier Arten kommen dabei auf mehr als eine Milliarde Exemplare. Zahlreiche Arten hingegen sind selten oder sehr selten. Zu den noch recht häufig vorkommenden Vögeln zählen Spatz und Rauchschwalbe, zu den seltenen beispielsweise die Kiwis. Über die Häufigkeit einer Art Bescheid zu wissen, sei wichtig etwa für rechtzeitige Erhaltungsmaßnahmen, so die Forscher.

Umfangreiche Datenbank

Die Studie des Teams um William Cornwell von der University of New South Wales (UNSW) in Sydney (Australien) wurde im Fachmagazin "Pnas" vorgestellt. Die Forscher kombinierten wissenschaftliche Erhebungen einzelner Arten in bestimmten Verbreitungsgebieten mit den fast eine Milliarde Einträgen in der Internetdatenbank "eBird". Darin tragen rund 600.000 Bürgerwissenschaftler Vogelsichtungen ein.

Cornwell und Kollegen ermittelten aus den Forschungsdaten für 724 Arten, wie viele von ihnen pro Flächeneinheit geschätzt vorkommen. Dies glichen sie mit der Häufigkeit der Sichtung dieser Arten bei "eBird" ab. Zudem berücksichtigten sie, wie oft eine Vogelart aufgrund ihres Aussehens und ihrer Lebensgewohnheiten wahrscheinlich von Menschen entdeckt wird. So werden Vögel, die in der Nähe von Siedlungen brüten, häufiger gesichtet als diejenigen, die sich meist in entlegenen Gegenden aufhalten.

92 Prozent der bekannten Arten

Aus diesen Vorgaben entwickelten die Forscher eine Schätzung für die globale Häufigkeit von 9.700 Vogelarten – etwa 92 Prozent aller bekannten Vogelarten. Die übrigen acht Prozent wurden wegen unsicherer Datenlage nicht in die Schätzung aufgenommen. Da es sich jedoch durchwegs um seltene Arten handelt, würde ihre Zahl auch kaum zur Gesamtzahl der Vögel beitragen, erläutern die Forscher.

Der weltweit häufigste Vogel war auch am winterlichen Futterhäuschen die Nummer eins: Der Spatz.
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Nach ihren Berechnungen gibt es nur vier Arten, von denen mehr als eine Milliarde Individuen existieren: der Haussperling oder Spatz (Passer domesticus; 1,6 Milliarden), der Star (Sturnus vulgaris; 1,3 Milliarden), die Ringschnabelmöwe (Larus delawarensis; 1,2 Milliarden) und die Rauchschwalbe (Hirundo rustica; 1,1 Milliarden).

Etwa zwölf Prozent der Arten haben dagegen nur noch eine Bestandsgröße von weniger als 5.000 Tieren, von vielen existieren nur mehr wenige Individuen. Die Madagaskar-Moorente (Aythya innotata) beispielsweise balanciert mit geschätzten 25 wildlebenden Tieren am Rande des Aussterbens. Der Bernsteinseeschwalbe (Thalasseus bernsteini), dem Braunbauch-Dickichtvogel (Atrichornis clamosus) und der flugunfähigen Trommelralle (Habroptila wallacii) geht es ähnlich.

Kein generelles Muster

Das Beziffern der Häufigkeit einer Art sei ein entscheidender erster Schritt für deren Erhaltung, schreiben die Forscher. "Indem wir richtig zählen, was da draußen ist, lernen wir, welche Arten anfällig sein könnten, und können verfolgen, wie sich diese Muster im Laufe der Zeit ändern", erklärt Erstautor Corey Callaghan von der UNSW. Die Forscher untersuchten, ob ein seltenes Vorkommen typisch für bestimmte Gruppen von Vögeln ist, konnten aber kein generelles Muster finden. Am seltensten waren Vögel aus den Familien der Kiwis (3.000) und der Stelzenrallen (154.000).

Ursprünglich kam die Bernsteinseeschwalbe von den Küsten Chinas, Taiwans, Thailands, Malaysias bis zu den Philippinen vor. Heute findet man sie nur mehr auf kleinen vorgelagerten Inseln vor Taiwan.
Foto: Oregon State University

Für die Studie wurden auch Daten zur Ernährung erfasst: Die meisten der derzeit lebenden Vögel fressen demnach wirbellose Tiere wie Würmer (15 Milliarden), viele sind aber auch Allesfresser (13 Milliarden). Am seltensten sind Aasfresser (194 Millionen) und Vögel, die von Blütennektar leben (479 Millionen).

Gradmesser für die Gesundheit der Ökosysteme

Wie sich diese und andere Zahlen entwickeln, könnte jeweils alle fünf bis zehn Jahre erfasst werden, schreiben die Forscher. "Wenn ihre Populationszahl sinkt, könnte dies eine echte Alarmglocke für die Gesundheit unseres Ökosystems sein", hebt Cornwell hervor. Die Forscher gehen davon aus, dass ihre Methode auch für andere Tierarten angewendet werden könnte. Sie befürworten auch, dass sich möglichst viele interessierte Laien als Bürgerwissenschaftler betätigen. "Es kann so einfach sein – wie nachzuschauen, ob Sie etwas aus dem Fenster sehen können, während Sie morgens Ihren Kaffee trinken", so Cornwell. (red, APA, 19.5.2021)