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EU-Außenbeauftragter Josep Borrell kann keine gemeinsame Erklärung zum Nahostkonflikt präsentieren.

Foto: Reuters/OLIVIER HOSLET

Die Schwäche der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik seitens der Europäischen Union wird von den meisten Mitgliedsstaaten seit Jahren als eines der größten Probleme angesehen. Weil es Einstimmigkeit braucht, sind Beschlüsse oft ein Krampf.

Nun hat sich beim schwierigsten Konflikt gezeigt, dass die Union als Ganzes nicht einmal in der Lage ist, auch nur eine gemeinsame Erklärung zur Eskalation der Gewalt im Nahen Osten abzugeben. Es hatte zunächst fast eine Woche gedauert, bis EU-Außenbeauftragter Josep Borrell die 27 Minister für Dienstag zu einer Videokonferenz eingeladen hatte, um das Vorgehen abzustimmen.

Nach dem Ausscheiden Großbritanniens ist Frankreich das einzige EU-Land mit ständigem Sitz im UN-Sicherheitsrat. Präsident Emmanuel Macron hat sich intensiv als Vermittler eingeschaltet. Die Einheit der Europäer wäre bei der globalen Friedensvermittlung hilfreich.

Aber Ungarn hat das, wie in vielen anderen Politikfeldern auch, mit einem Veto verhindert. Borrell hatte vorgeschlagen, in einer diplomatisch temperierten Erklärung "den sofortigen Stopp jeglicher Gewalt" und "die Umsetzung einer Waffenruhe" zu verlangen. Diese Aufforderung sollte sich an beide Seiten richten: sowohl an Israel wie auch an die Palästinenser, unbesehen der Tatsache, dass die Hamas begonnen hatte, das Land mit tausenden Raketen von Gaza aus zu attackieren.

Frauen und Kinder

Die EU sucht Spielraum mit allen Konfliktparteien, wobei die Hamas von der EU als Terrororganisation eingestuft wird. Borrell wollte zudem einen Hinweis darauf, dass die hohe Zahl an getöteten Zivilisten, Frauen und Kinder darunter, inakzeptabel sei.

Der ungarische Außenminister Peter Szijarto lehnte das ab, es werde nicht zwischen dem Vorgehen Israels und dem der Hamas unterschieden. Der EU warf er sogar vor, "sich gegen Israel zu stellen". Dahinter steckt Premierminister Viktor Orbán, der seinen konservativen israelischen Amtskollegen Benjamin Netanjahu vorbehaltlos unterstützt.

Alle 26 anderen EU-Staaten zeigten Unverständnis für die Blockade, wie der deutsche Außenminister Heiko Maas sagte. Man sei sich "einig gewesen, dass das Wichtigste jetzt ist, dass die Waffen schweigen und dass es nicht noch mehr Todesopfer gibt". Ungarn habe "das anders gesehen, warum auch immer". Hinter den Kulissen würden sich die meisten Europäer so wie die USA um einen Waffenstillstand bemühen, auch wenn es sehr unterschiedliche Positionen zum Nahostkonflikt gebe, erklärte Maas.

Solidarität gegen Terror

Österreichs Minister Alexander Schallenberg hatte tags zuvor "sehr bedauert, dass die EU nicht mit einer Stimme spricht". Er war für die Resolution, betonte, dass das mit dem Hissen der Israel-Fahne auf Regierungsgebäuden in Wien nichts zu tun habe. Das sei lediglich "ein bewusst gesetzter Akt der Solidarität angesichts eines Angriffs einer Terrororganisation" gewesen, die das Ziel habe, Israel zu vernichten. Die Sicherheit Israels sei ein wesentliches Mantra österreichischer Außenpolitik, betonte Schallenberg; da "kann es für uns keine Äquidistanz geben". (Thomas Mayer, 19.5.2021)