Einige Tage lang waren Jugendliche hier untergebracht. Dann wurde das Quartier geschlossen.

Foto: Christian Fischer

Nachdem das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich entschieden hat, dass die Unterbringung von jugendlichen Asylwerbern im damaligen umstrittenen Asylheim Drasenhofen rechtswidrig war – DER STANDARD berichtete –, fordern SPÖ und Grüne nun Konsequenzen für den zuständigen Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ).

Waldhäusl war es, der 2018 die Verbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nach Drasenhofen anordnete. Dort durften die Jugendlichen nur eine Stunde pro Tag hinaus, die Unterkunft wurde von Hunden und Securitys bewacht, sie war von einem Stacheldraht umzäunt.

"Reißleine ziehen"

Helga Krismer, grüne Landessprecherin, fordert nun Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf, Waldhäusl die Agenden zu entziehen: "Es besteht keinerlei Notwendigkeit, so jemanden wie Landesrat Waldhäusl als Teil der Landesregierung zu behalten." Mikl-Leitner solle ihrer Verantwortung als Regierungsvorsitzende nachkommen und dem FPÖ-Politiker das Misstrauen aussprechen. Dazu gehöre auch, dass ihm "wesentliche Agenden wie Flüchtlingsangelegenheiten, Fremdenangelegenheiten, Grundversorgung und Koordination der Integrationsangelegenheiten" entzogen werden.

Auch die SPÖ Niederösterreich sieht das so: "Das Land Niederösterreich ist mit dem Entscheid des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich mit einem Rechtsbruch konfrontiert. Jetzt ist Mikl-Leitner gefordert, die Reißleine zu ziehen und nicht nur Drohungen auszusprechen", sagt Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar.

Alte und neue Provokationen

Mikl-Leitner reagierte damals auf den politischen Druck und ließ das Quartier schließen. Waldhäusl gewährte sie eine "letzte Chance", es war allerdings davon die Rede, dass "Provokationen" nicht mehr vorkommen dürften.

Nach Bekanntwerden des Gerichtsentscheids sprach Waldhäusl am Dienstag von "angeblich unabhängigen Gerichten", die Täter statt Opfer in Schutz nehmen würden. Er bezog sich unter anderem darauf, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist.

"Dass Waldhäusl nun Zweifel an der Unabhängigkeit des Rechtsstaats äußert, ist ein durchschaubares Spiel. Offenbar sind wir mittlerweile so weit, dass rechtsstaatliche Entscheidungen nur dann akzeptiert werden, wenn sie einem persönlich zu Gesicht stehen", sagt Neos-Landessprecherin Indra Collini dazu.

Sollte die Causa auch strafrechtliche Folgen haben, müsse Waldhäusl zurücktreten, sagt Collini: "Kommt es zur Anklage, muss das Konsequenzen in Form eines Rücktritts haben – das gilt für den Kanzler, den Landesrat sowie generell für alle Politikerinnen und Politiker. Da kann dann auch die Landeshauptfrau nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Denn Anklage- und Regierungsbank schließen einander aus."

Hintergrund: Auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelte gegen den Landesrat wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch. Ob es zu einer Anklage kommen wird, steht allerdings noch nicht fest.

Zuständigkeit bleibt

Landeshauptfrau Mikl-Leitner wollte sich auf STANDARD-Anfrage nicht zur Causa äußern. Stattdessen schickte der Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich, Bernhard Ebner, eine Stellungnahme: "Jeder, der die Vorgänge 2018 verfolgt hat, hat dieses Urteil genau so auch erwartet. Konsequenzen wurden rasch gezogen, Drasenhofen geschlossen."

Auf Nachfrage wird bestätigt, dass Waldhäusl weiterhin für die Grundversorgung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zuständig sein wird. Ein Agendaentzug sei nicht geplant. Was das Anzweifeln der Unabhängigkeit der Justiz betrifft, heißt es seitens der ÖVP: "Wir kommentieren nicht jede Aussage jedes Politikers." (Vanessa Gaigg, 20.5.2021)