Katia Wagner hätte 2014 und 2015 als freie Unternehmerin E-Commerce-Projekte für Wolfgang Fellner aufbauen sollen. Jetzt arbeitet sie bei Krone.TV, der Fellner-Konkurrenz.

Foto: DER STANDARD / Heribert Corn

Am Mittwoch geht die Causa Wolfgang Fellner in die nächste Runde: Vor Gericht wird Katia Wagner als weitere Zeugin erwartet. Wagner sprach bereits öffentlich über mutmaßliche Übergriffe, auch sie berichtet von sexueller Belästigung vonseiten Fellners. Der weist diese Vorwürfe als "absurd" zurück. Dem STANDARD liegen bisher unveröffentlichte Gedächtnisprotokolle vor, die Wagner anfertigte und die vor Gericht ihre Aussage stützen sollen.

Fellner tritt am Mittwoch vor dem Wiener Arbeits- und Sozialgericht als Kläger auf: Er klagt seine Ex-Mitarbeiterin Raphaela Scharf auf Unterlassung der Vorwürfe, er habe sie sexuell belästigt. Scharf sagt, Fellner habe sie mehrmals bei gemeinsamen Essen belästigt und bei einem Fotoshooting begrapscht. Fellner bestreitet die Vorwürfe vehement und sieht darin eine "Racheaktion" gegen ihre Entlassung.

Abendessen als "Liebesdinner"

Das erste Protokoll dokumentiert ein Abendessen in der Wiener Innenstadt im April 2015. Am Tisch saßen Fellner und Wagner, die als freie Unternehmerin einige Monate Projekte mit Fellner im Bereich E-Commerce-Projekte hätte umsetzen sollen.

Zuerst sollen die beiden über Geschäftsideen gesprochen haben. Nach etwa 30 Minuten soll Fellner der damals 26-Jährigen gesagt haben, dass er sie liebe, und im selben Satz angefügt: "Ich hoffe, das wird gewürdigt und erwidert." Auch soll er zum Ausdruck gebracht haben, dass er eine "entsprechende Reaktion" erwarte. Kurz darauf soll er klargemacht haben, dass es sich bei dem Abendessen um ein "Liebesdinner" handle. Mehrmals habe Fellner das Aussehen Wagners kommentiert, sie soll verblüfft reagiert haben.

Zwischen diesen Bemerkungen soll hauptsächlich über Geschäftliches gesprochen worden sein. An einem Punkt soll auch plötzlich das Kleid Wagners Thema gewesen sein:

Fellner: "Was hast du heute schon wieder für ein Kleid an? Mega fesch!"

Wagner: "Danke!"

Fellner: "Was ist denn das? Chanel oder was?"

Wagner: "Ähm, ich weiß es gar nicht …"

Fellner (lacht und fragt): "Soll ich hinten rein schauen? Soll ich einmal kurz aufzippen …"

Fellner bezeichnete die Aussagen auf Nachfrage als "völlig frei erfunden". Das Abendessen sei von Wagner organisiert und teilweise bezahlt worden. Es seien hauptsächlich private Themen besprochen worden.

Gemeinsame Autofahrt

Ein weiteres Protokoll stammt von einer gemeinsamen Autofahrt zu einer Marketingklausur wenige Tage nach dem Abendessen. Dort soll Fellner unentwegt das Aussehen Wagners kommentiert haben. Sie sei "so eine tolle Frau", "so ein super super schönes Wesen", soll er gesagt haben. Fellner habe sich mehrmals versucht anzubieten: "Vielleicht wär es ganz gut, du hättest einen Mann an deiner Seite, sprich mich, der dir ein bisschen hilft, das Ganze einzuteilen, ein bisschen zu managen, ein bisschen gelassener und lässiger zu sehen", soll er gesagt haben. Es könne Wagner doch nichts Besseres passieren, als dass sie mit ihm ausgehe. Weiters sollen im Gespräch folgende Aussagen gefallen sein:

Fellner: "Ich meine, ich muss dich auch einfach stärker in meinen Schwitzkasten nehmen, wenn es erlaubt ist. Ist es erlaubt oder nicht?"

Wagner: "Na ja, schauen wir mal ..."

Fellner: "Was heißt ‚Na ja, schauen wir mal‘? Du sollst einfach mit Ja oder Nein antworten."

Auch diese Dialoge bezeichnet Fellner als "erfunden". Dass die Vorwürfe Wagners unwahr seien, werde er vor Gericht beweisen. Sie habe ihm mehrmals gesagt, dass sie ihn liebe, und habe sogar nach den angeblichen Vorfällen seine Freundschaft gesucht und mehrere Abendessen mit ihm organisiert. Fellner spricht von mehr als 20 Abendessen mit Wagner zwischen November 2014 und Mai 2015. Dabei habe sie ihm mehrmals Details aus ihrer damaligen Liebesbeziehung erzählt.

Fellner wittert Konkurrenz

Nach Wagners TV-Auftritt Anfang Mai veröffentlichte Fellner einen angeblichen Liebesbrief, den Wagner zwei Jahre nach den mutmaßlichen Vorfällen an Fellner geschickt hat. In dem Brief gratulierte sie ihm zum Geburtstag, Fellner sieht darin bewiesen, dass Wagner den privaten Kontakt "proaktiv" suchte.

Außerdem schrieb Fellner von einer Kampagne des "Krone"-Imperiums. Wagner und Scharf arbeiten heute für Krone.TV, also einen Mitbewerber von Fellners Medien. Beide werden von Michael Rami, dem Medienanwalt der "Krone", vertreten.

Neue Anwältin für Fellner

Beide Ex-Fellner-Mitarbeiterinnen weisen diesen Vorwurf entschieden zurück: Scharf klagte gegen ihre fristlose Entlassung durch die Fellner-Gruppe bereits 2019, bevor sie Moderatorin bei der Konkurrenz wurde. "Eine Frechheit", das zu unterstellen, sagt Wagner. Auf die Frage, wie es zu den detaillierten Aufzeichnungen kam, verwies Wagner auf den Ratschlag fast jeder Beratungseinrichtung, man soll das Geschehene bestmöglich dokumentieren. "Egal, was man als Opfer macht, es ist immer falsch", sagt Wagner.

Ob die Parteien Wagners Dokumentation im Verfahren am Mittwoch anerkennen, wird sich erst zeigen. Fellner jedenfalls hat sich juristische Verstärkung geholt: Neben Anwalt Georg Zanger wird er jetzt auch von Kristina Venturini vertreten. (Laurin Lorenz, 25.5.2021)