Es ist ein Thema, das für reichlich Diskussionen gesorgt hat, am Donnerstag stand es im Nationalrat auf dem Programm: das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Der Anfang März von der türkis-grünen Koalition im Parlament eingebrachte Gesetzesantrag für ein Teilverbot ist beschlossene Sache. Kleingärtner, Seniorenheime und Gesundheitseinrichtungen müssen sich künftig anderes für die Pflege ihrer Grünflächen überlegen. Baumärkte dürfen ihre Bestände noch bis zum Jahresende abgeben.

NGOs und auch die SPÖ hatten ein flächendeckendes Verbot gefordert und den Grünen ein "Einknicken vor der ÖVP-Agrarlobby" (SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried) vorgeworfen. Mit dem "Mini-mini-Teilverbot" würden zwei aufrechte Parlamentsbeschlüsse ignoriert, ärgerte sich dann auch SP-Mandatarin Cornelia Ecker. Glyphosat sei ein von der Weltgesundheitsorganisation WHO als krebserregend eingestuftes Pflanzengift. "Jene, die heute das Totalverbot blockieren, sind verantwortlich für resultierende Gesundheitsschäden von morgen", sagte sie. Ein SP-Antrag, der das Inverkehrbringen von Glyphosat generell verbieten sollte, blieb in der Minderheit.

Private Gärtner müssen wieder Unkraut zupfen oder einfach eine größere Vielfalt in ihrem Garten tolerieren.
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Auch Walter Rauch (FPÖ) kritisierte die Grünen. Das Totalverbot werde von der ÖVP durch einen technischen Trick torpediert. Anders sah das Karin Doppelbauer von den NEOS. "Wir verbieten das, was heute möglich ist", konstatierte sie. Auch die Grüne Olga Voglauer wies die Kritik zurück. "Wir haben genau das getan, was uns die europäische Rahmengesetzung ermöglicht", argumentierte auch sie.

Glyphosat werde überall außer in der Landwirtschaft verboten, und auch die Vorerntebehandlung werde untersagt: "Das habt ihr von der Sozialdemokratie nie zustande gebracht." Lukas Brandweiner von der ÖVP sprach von einer praxisnahen Regelung. Auf wenig Verständnis stieß der Beschluss naturgemäß bei den. Insektizid-Hersteller. Die Fronten, sie haben sich auch mit dem Beschluss nicht geändert.

Ausnahme kommt bei Umweltschützern nicht gut an

Umweltschutzorganisationen kritisierten schon wiederholt davor, dass die Landwirtschaft vom Verbot ausgenommen bleibt. Zur Sprache kam das auch rund um die GAP-Reform, die die Landwirtschaft grüner und gerechter machen soll.

Denn dabei geht es auch darum, an welche Vorgaben die Verteilung der Fördergelder aus Brüssel und Österreich künftig geknüpft werden soll. Über 50 Organisationen unter anderem aus Landwirtschaft, Arbeitnehmervertretung und Umweltschutz fordern von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in der Sache Nachbesserungen. Die Vergabe der Mittel sollte grundsätzlich an ein Verzicht auf Glyphosat geknüpft sein, fordern etwa NGOs wie Global 2000.

Wie viel Tierwohl soll künftig für den Erhalt des Siegels, das unter anderem bei Schweinefleisch zu finden ist, Voraussetzung sein? Dass muss erst verhandelt werden.
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Es ist nur einer der vielen Streitpunkte rund um die Zukunft der Landwirtschaft. Der Spielraum der heimischen Agrarpolitik ist im europäischen Rahmen beschränkt. Ob ein nationales Totelverbot für Glyphosat in der EU eine Chance hätte, ist umstritten. Verschiedene Experten waren sich in der Frage durchaus uneinig. Der nächste Schritt steht auf EU-Ebene an: Die Genehmigung von Glyphosat läuft Ende 2022 aus. Das erklärte Ziel der Grünen ist es, die Verlängerung zu verhindern.

Ein weiterer Konfliktherd ist das Mercosur-Abkommen. Die portugiesische Ratspräsidentschaft drücke bei einem Vertrag mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay kräftig aufs Tempo, warnten dieser Tage die österreichischen EU-Abgeordneten Simone Schmiedtbauer (ÖVP) und Thomas Waitz (Grüne). Sie fürchten wie ÖGB und Arbeiterkammer, dass sich die Industrie, die in dem Abkommen mehr Chancen als Risiken sieht, durchsetzt.

AMA-Gütesiegel soll grüner werden

Doch zurück nach Österreich. Auch hier werden zahlreiche Sträuße ausgefochten. Die Regierung will etwa das AMA-Gütesiegel weiterentwickeln. Auch damit war der Nationalrat befasst. Das mit Steuergeldern gut geförderte Label soll künftig an den Verzicht von Gensoja aus dem Regenwald, das vor allem an Schweine verfüttert wird, gekoppelt sein. Dass die ÖVP und auch der Bauernbund bei der Weiterentwicklung mitgehen, hat einen Grund: Unternehmen hatten beklagt, es habe an Zugkraft und Wert eingebüßt. "Rechtlich bedeutet der Beschluss wenig, politisch ist er ein Meilenstein", sagt Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens.

Mehr Platz für Schweine

Jetzt muss neben einem Fahrplan für den Umstieg auf heimisches Soja zudem ausgehandelt werden, wie viel Tierwohl künftig für den Erhalt des Siegels, das unter anderem bei Schweinefleisch zu finden ist, Voraussetzung sein soll. Derzeit sind die Anforderungen etwa beim Platzangebot für die Tiere oder in Sachen Vollspaltenboden beim Basismodul kaum anders als in den Großställen Dänemarks.

Einmal mehr geht es ums Geld. Allein die Fütterung mit Soja aus Europa würde eine Erhöhung des Schlachtschweinpreises um rund 15 Prozent bedeuten, rechnen die Schweinemäster vor. Auch Bohrn Mena hat eine "Milchmädchenrechnung" angestellt. Das Schnitzel würde um zwei Cent teurer. Er findet, die Kosten sollten nicht nur Konsumenten und Produzenten schultern müssen. Auch Handel und Industrie will er in die Pflicht nehmen.

Dabei hat er Köstinger zumindest teilweise auf seiner Seite: "Wir haben Griller um 800 Euro im Garten stehen und legen eine Bratwurst um 80 Cent drauf. Das ist pervers", sagt die Ministerin im Interview mit dem "Profil" und rechnet dort vor: "Fleisch müsste eigentlich um ein Drittel teurer sein, nur so können die Bauern vernünftig wirtschaften. Aber der Handel drückt die Preise." Das müsse sich ändern, so Köstinger.

Reaktionen auf Köstinger

Köstingers Aussage sorgte im Laufe des Freitags für viel Kritik und wenig Lob. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will sagte im Ö1-Radio, dass der Handel auch den Menschen mit kleiner Geldbörse Fleisch anbieten wolle. "Daher sehen wir hier jetzt keinen Handlungsbedarf, sondern nur die Hoffnung, dass es nicht mehr zu harten Lockdowns kommt, denn die waren meist unintelligent", so Will.

Das sah Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer (LKÖ), anders. Wer mit internationalen Börsen argumentiere, akzeptiere im gleichen Atemzug auch die dort geltenden Mindeststandards, sagte er. "Billig ist schädlich – für Mensch, Tier und Natur."

Für "Tierschutz Austria"-Präsidentin Madeleine Petrovic greife Köstingers Kritik zu kurz. Ein Faktor sei die Marktmacht des Handels, der nach dem Gastro-Lockdown ein übergroßes Angebot vermarkte. Wirtschaftsvertreter würden bei einer klaren und einfachen Kennzeichnung von Fleischwaren mauern, so ein weiterer von mehreren Punkten von Tierschutz Austria. Es bedürfe auch dringend einer "ehrlichen und kontrollierten Kennzeichnung nach Kriterien der Tierhaltung und der Herkunft". (Regina Bruckner, red, APA, 21.5.2021)

Dieser Artikel wurde um die Aussage von Elisabeth Köstinger im "Profil"-Interview und Reaktionen darauf ergänzt.