In der OMV ist ein Richtungskampf ausgebrochen, wohin sich der Konzern unter neuer Führung orientieren soll.

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Die Vorbereitungen für die Hauptversammlung der OMV am 2. Juni laufen auf Hochtouren. In der Messe Wien, wo in Normaljahren an die 500 Aktionäre zusammenkommen, wird der Vorstand mit einer kleinen Entourage an Zuarbeitern unter sich sein. Corona-bedingt findet das Aktionärstreffen wie schon 2020 virtuell statt. Ein normales Treffen ist die Hauptversammlung heuer sowieso nicht.

Ende April hat OMV-Chef Rainer Seele angekündigt, für eine Verlängerung seines Vertrags nicht mehr zur Verfügung zu stehen und das Unternehmen Ende Juni 2022 zu verlassen. Damit hatte der Aufsichtsrat des teilstaatlichen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns nicht gerechnet, auch wenn Seele zuvor durch konzerninterne Machtkämpfe und Intrigen mürbe gemacht wurde.

Rasche Nachfolgeregelung...

Nun kann es einigen in der OMV, insbesondere aus der Öl- und Gasfraktion, nicht schnell genug gehen. Dort befürchtet man einen Machtverlust, sollte der Konzern auf dem eingeschlagenen Kurs bleiben, die Petrochemiesparte weiter auszubauen. Kreise um Johann Pleininger, den für die Öl- und Gasförderung (Upstream) zuständigen Vorstandsdirektor, drängen auf eine rasche Klärung der Seele-Nachfolge.

Johann Pleininger, im Vorstand der OMV für das Öl- und Gasgeschäft zuständig.
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Pleininger (59), der bei der OMV in Gänserndorf als Betriebsschlosser begonnen hat und es in knapp drei Jahrzehnten bis in die Vorstandsetage geschafft hat, möchte jetzt ganz nach oben. Das hat er bisher nicht öffentlich, Ende April aber kurz nach der Absage von Seele in einer Mitarbeiterfragerunde kundgetan, die publik geworden ist. Seine drei ersten Maßnahmen, sollte er an die Spitze kommen: neue Strategie, neues Team und Stakeholder-Management, das diesen Namen verdiene – sprich den Kontakt mit Medien, Betriebsräten, Aufsichtsräten und mit der Politik viel intensiver gestalten als bisher.

Als zweiter Kandidat wird Alfred Stern (56) genannt, bis vor kurzem Chef von Borealis und seit April im OMV-Vorstand für Chemie und somit für die Integration des Kunststofferzeugers in den Konzern verantwortlich. Auch er hat sich noch nicht öffentlich zu seinen Plänen geäußert. Jedenfalls ist ein heftiges Gezerre im Gang, welchen Weg die OMV nun einschlagen soll.

Alfred Stern, im Vorstand der OMV für das Chemiegeschäft verantwortlich.
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Pleininger wird nachgesagt, dass er, obwohl mit Öl und Gas groß geworden, verstärkt auf erneuerbare Energien setzen möchte, Kunststoff aber als Sackgasse sieht. Stern, aber auch Noch-CEO Seele sehen im eingeschlagenen Weg weg von Benzin und Diesel hin zu Ausgangsmaterial für diverse Kunststoffanwendungen hingegen die Chance, CO2-Emissionen im Konzern zu reduzieren und dennoch gutes Geld zu verdienen.

...versus Nachbesetzung mit Bedacht

Vom Kapitalmarkt sind bezüglich Nachbesetzung warnende Stimmen zu hören. "Wir sind zuletzt verwöhnt worden, was die Kursentwicklung bei OMV betrifft", sagt etwa Klaus Umek. Der Chef des Hegdgefonds Petrus Advisers, der rund ein Prozent an OMV hält, verweist auf die Gesamtrendite, die das Investment seit Seeles Antritt im Juli 2015 gebracht hat: "Bis zum heutigen Tag 15,7 Prozent pro Jahr – Dividende und Aktienkurs zusammengenommen. Shell liegt im Vergleich bei minus 1,0 Prozent pro Jahr, BP bei minus 1,4 Prozent. Seele hat offensichtlich einiges richtig gemacht."

Umek sieht auch die Notwendigkeit, dass OMV wie Shell und BP verstärkt in erneuerbare Energien geht, ohne aber vom Kunststoffengagement zu lassen. "Das bringt echt viel Geld", sagt Umek. Bei der Neubestellung sollte man sich Zeit lassen, nichts übers Knie brechen und auch externe Kandidaten prüfen.

Das Nominierungsrecht bei der Neubestellung hat die Staatsholding Öbag, die 31,5 Prozent an der OMV hält, Syndikatspartner Mubadala aus Abu Dhabi (frühere Ipic, 24,9 Prozent) hat aber ein gewichtiges Wort mitzureden. Mubadala will ihre Beteiligung künftig aktiver managen und schickt mit Saeed Al Mazrouei ihren bisher höchstrangigen Vertreter in den OMV-Aufsichtsrat. Dass die Miteigentümer aus dem Nahen Osten die Kunststoffstrategie der OMV befürworten, ist auch kein Geheimnis. (Günther Strobl, 21.5.2021)