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William (im Vordergrund) und Harry, hier beim Begräbnis von Prinz Philip, erheben schwere Vorwürfe gegen die BBC.

Foto: AP/Victoria Jones

London – Die beiden Söhne der 1997 gestorbenen britischen Prinzessin Diana haben sich mit drastischen Worten zu einer Untersuchung über das legendäre BBC-Interview mit ihrer Mutter geäußert. Der am Donnerstag veröffentlichte Bericht hatte ergeben, dass ein Reporter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gefälschte Dokumente eingesetzt hatte, um Zugang zu Diana zu erhalten. Später hatte die BBC das Fehlverhalten vertuscht.

Das Interview habe einen "wesentlichen Beitrag" geleistet, dass sich die Beziehung seiner Eltern verschlechtert habe, sagte William in einer Videobotschaft. "Es ist meine Sicht, dass die betrügerische Weise, in der das Interview zustande kam, substanziell beeinflusst hat, was meine Mutter sagte", so der 38-Jährige. Das Versagen der BBC habe erheblich zu ihrer Angst, Paranoia und Isolierung beigetragen.

BBC-Reporter Martin Bashir hatte dem Bruder Dianas, Charles Spencer, gefälschte Kontoauszüge vorgelegt, die beweisen sollten, dass Diana von Menschen in ihrem Umfeld bespitzelt wird. Spencer fädelte daraufhin ein Treffen zwischen dem Journalisten und Diana ein.

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Die Titelseiten nach dem BBC-Interview mit Diana im Jahr 1995.
Foto: AP/Martin Cleaver

William: Interview nie wieder ausstrahlen

William erhob schwere Vorwürfe gegen die damalige Führungsebene der BBC, die weggeschaut habe, statt harte Fragen zu stellen. Was ihn am meisten traurig mache, sei, dass die bereits 1995 aufgekommenen Bedenken und Beschwerden nicht ordentlich untersucht worden seien. "Meine Mutter wäre sich bewusst geworden, dass sie betrogen wurde", so der zweite in der britischen Thronfolge. Das Interview solle nie wieder ausgestrahlt, forderte William.

Harry (36) machte das Fehlverhalten der Medien gar für Dianas Tod verantwortlich. "Der Welleneffekt einer Kultur der Ausbeutung und der unethischen Praktiken hat sie letztendlich das Leben gekostet", sagte Harry in einer Mitteilung. Diana starb bei einem Autounfall auf der Flucht vor Paparazzi mit ihrem damaligen Freund Dodi Al Fayed in Paris.

"Was mich zutiefst besorgt, ist, dass Praktiken wie diese – und sogar schlimmere – noch immer weit verbreitet sind", so der inzwischen mit seiner Frau Meghan (39) und seinem Sohn Archie (2) in Kalifornien lebende Prinz. Seit dem Tod seiner Mutter habe sich nichts geändert.

Kultur des Schweigens

Harry, der sich im vergangenen Jahr aus dem engeren Kreis der Königsfamilie zurückgezogen hatte, machte eine Kultur des Schweigens bei den Royals für seine psychischen Probleme verantwortlich. Er habe sich zeitweise in Alkohol und Drogen geflüchtet, um mit der lange unterdrückten Trauer fertig zu werden, gestand er in einer am Freitag veröffentlichten Doku-Serie des Streamingdiensts Apple TV, die er mit US-Talkshowlegende Oprah Winfrey moderiert. Er sei von Panikattacken und Angstzuständen geplagt worden. Erst vor vier Jahren habe er therapeutische Hilfe gesucht, weil ihm klar geworden sei, dass er sonst seine spätere Ehefrau Herzogin Meghan (39) verlieren könnte.

Auch Meghan habe schwer unter dem Druck durch die Medien und des Palastlebens gelitten, so der 36-Jährige weiter. Nur ihm zuliebe habe sie sich nichts angetan, als sie während ihrer Schwangerschaft mit dem inzwischen zwei Jahre alten Sohn Archie unter sehr konkreten Suizidgedanken litt. "Was sie davon abhielt, war, wie unfair das gegenüber mir sein würde, nach all dem, was mit meiner Mutter geschehen ist und nun in eine Situation geworfen zu sein, eine weitere Frau in meinem Leben zu verlieren mit einem Baby in ihr." Von seiner Familie habe er nichts als "Schweigen und Gleichgültigkeit" erfahren, klagte Harry. "Ich werde mich sicherlich nicht mehr zum Schweigen bringen lassen", fügte er hinzu.

23 Millionen Menschen waren live dabei

Das im Fernsehen zur besten Sendezeit ausgestrahlte Exklusivgespräch lockte im November 1995 rund 23 Millionen Menschen in Großbritannien vor die Bildschirme. Die bereits von Prinz Charles getrennte, aber noch nicht geschiedene Diana beschrieb darin, wie sie sich in der medialen Dauerbeobachtung zuerst vom Königshaus alleine gelassen und dann nach der Trennung regelrecht sabotiert und gezielt in ihrem Ruf beschädigt fühlte – auch aus Neid auf ihre große Beliebtheit. Und sie legte die Affäre ihres Mannes mit Camilla Parker-Bowles offen. "Wir waren zu dritt in dieser Ehe", sagte Diana in die Kamera – ein unerhörter Tabubruch. Kurz darauf reichte Charles die Scheidung ein. (APA, dpa, 21.5.2021)