Als "charakteristische Stadtgebiete mit kurzen Wegen, vielfältigen Nutzungen und attraktiven öffentlichen Räumen" beschrieb Maria Vassilakou 2018 die gründerzeitliche Bebauung Wiens. Damals war sie Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Energieplanung sowie BürgerInnenbeteiligung. Und als solche hat sie den sogenannten Masterplan Gründerzeit in Auftrag gegeben, um genau diese Viertel zukunftsfit zu machen. Über ein Jahr lang hat das Wiener Architekturbüro Superblock rund um Verena und Christoph Mörkl dann geforscht und schließlich einen sogenannten Masterplan auf 144 Seiten präsentiert. Darin enthalten: ein ambitioniertes Leitbild, das angefangen vom Erdgeschoß über den öffentlichen Raum bis zu Höfen und Ökologie sowie Geschäftsviertel und Mobilität umfasst. Auch eine rechtliche Um setzung ist inkludiert – ansonsten wäre es wohl kein Masterplan.

Gründerzeitviertel sind zwischen 1848 und 1914 entstanden.
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Von der Theorie zur Praxis

Mittlerweile sind drei Jahre vergangen. Das Amt hatte nach Maria Vassilakou zunächst Birgit Hebein (beide Grüne) inne. Nun ist Ulli Sima (SPÖ) Stadträtin für Innovation, Stadtplanung und Mobilität. Ob sich im Umgang mit der über 100 Jahre alten Baustruktur so viel bewegt hat wie in der Weitergabe des Amtes? "Die angestrebten Zielrichtungen sind nach wie vor aktuell, zentrale Forderungen des Masterplans bereits umgesetzt", heißt es auf Anfrage des STANDARD aus dem Büro der Stadträtin. Dazu zählen unter anderem die Novelle der Bauordnung, die Abrisse von Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden, erschwert und gleichzeitig kleinteilige Anpassungen des Bebauungsplans ermöglicht, genauso wie das Mindestmaß für Fassadenbegrünung. Die Sicherung zusammenhängender Grün- und Frei flächen habe im Sinne der Klimawandelanpassung sogar noch an Bedeutung gewonnen.

Es fehlt noch etwas

Auch Verfasserin Verena Mörkl ist zufrieden: "Natürlich könnte manches schneller gehen, aber der Masterplan hatte die Bewusstmachung für diese resiliente und gute Baustruktur zur Aufgabe, und das ist gelungen." Auch sie bestätigt, dass bereits während der Erstellung Maßnahmen umgesetzt wurden. Mörkl: "Zwar nicht immer so haarscharf, wie wir das gerne gehabt hätten, aber wichtig ist, die Kernstruktur der Gründerzeit zu verstehen und adäquat darauf einzugehen."

Einen nicht umgesetzten Punkt nennt sie dann aber doch: "Wir hätten gerne einen Vernetzungsagenten gehabt, der grätzelbezogen Bedarfsstudien erstellt. Das gibt es noch nicht, wäre aber leicht zu installieren und wichtig." (Julia Beirer, 26.05.2021)