Es ist ein historischer Schatz, der sich auf den Steinhofgründen im 14. Wiener Gemeindebezirk auf 50 Hektar erstreckt. Die Rede ist vom Otto-Wagner-Areal. Vor 120 Jahren hat der Architekt die damalige Nerven- und Lungenheilanstalt mit 63 Pavillons, Wäscherei, Küche, Theater sowie Glashaus geplant und in nur zwei Jahren bauen lassen. Was damals ein Vorzeigeprojekt moderner Architektur war, versetzt Besucher auch heute noch in Staunen. Allerdings entsprechen die Jugendstil-Bauten kaum noch aktuell genormten Sicherheits- und Energiestandards.

Das Otto-Wagner-Areal ist teilweise auch heute noch als Spital in Betrieb. Früher war es eine Lungen- und Nervenheilanstalt.
Foto: Schöndorfer

Um kurzfristigen Flickereien hier und dort ein Ende zu bereiten, zeigt nun eine Machbarkeitsstudie im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, was sanierungs- und energietechnisch trotz Denkmalschutz möglich wäre. Anlass dafür bot die schrittweise Aufgabe der ursprünglichen Nutzung als Krankenhaus seit 2020 und die für 2025 geplante Ansiedelung der Central European University (CEU). Experten haben die Bauten auf Herz und Nieren oder besser gesagt auf Fundament und Bausubstanz geprüft, um herauszufinden, was zu tun ist, um das Areal auch die nächsten 100 Jahre nachhaltig nutzen zu können.

Energetischer Rundgang

Das gesamte Areal wird mittels Fernwärme beheizt, die als Heißdampfleitung geführt wird. Studien-Mitverfasser Günter Lang erklärt: "Das war früher notwendig, um die Wäsche in der Wäscherei zu desinfizieren." Da die Leitungen in schlechtem Zustand sind, müssten diese neu verlegt werden. Lang: "Da dies rund 20 Millionen Euro kosten würde, haben wir einen anderen Ansatz verfolgt, um das Gebiet in ein Plus-Energie-Areal zu transformieren." Das sei zugegebenermaßen für manche ein utopischer Gedanke, aber auch Otto Wagner war schließlich ein Visionär. Nach etlichen Abstimmungsgesprächen mit dem Bundesdenkmalamt konnte ein Lösungsvorschlag gefunden werden, der den Energieverbrauch um 91 Prozent reduziert und die kostbare Substanz nicht schädigt. Lang erläutert den Vorschlag: "Keine Außen-, dafür eine Innendämmung mit Kalziumsilikatplatten, also einem mineralischen Baustoff.

Das Otto-Wagner-Areal ist teilweise auch heute noch als Spital in Betrieb. Früher war es eine Lungen- und Nervenheilanstalt.
Foto: Christian Fischer

Da die Keller großteils feucht sind, müssten diese trockengelegt und danach optimal gedämmt werden. Auf dem Dach wird mit einer Hochleistungsdämmung gearbeitet, die nur sechs Zentimeter dünn ist und somit das architektonische Gesamtbild nicht stört. Da die Fenster in schlechtem Zustand sind, werden diese in denselben Materialien komplett erneuert. Somit wäre die Gebäudehülle um 90 Prozent optimiert." Zudem wird der Einbau einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage empfohlen, da diese eine hohe Wärmerückgewinnung aufweist und ein höherer Luftwechsel gesund ist.

Um den Gebäuden das Prädikat Plus-Energie-Standard zu verleihen, sollen statt Fernwärmeleitungen Ringgrabenkollektoren und Tiefenbohrungen für die nötige Wärme sorgen. Photovoltaikanlagen auf dem Dach erzeugen Strom und betreiben Wärmepumpen, Haustechnik und Beleuchtung.

Kostengünstigste Variante

Bei der Frage, was das Ganze kosten würde, überschlägt sich Langs Stimme fast vor Freude: "Auch ohne Förderungen ist dies die günstigste Sanierungsvariante." Auf einen Zeitraum von 40 Jahren gerechnet, seien die zunächst höheren Investitionen im Rahmen der Sanierung durch die 91-prozentige Reduzierung der Energiekosten bereits nach fünf Jahren gedeckt. Lang sieht im Otto-Wagner-Areal ein Mutmacherprojekt für zukünftige Sanierungen von Altbauten. Die Machbarkeitsstudie zeige, was möglich ist – nun liege der Ball bei der Stadt Wien und der CEU. (Julia Beirer, 27.5.2021)