Neben zahlreichen Waffen wurde auch Schutzkleidung sichergestellt.

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In einschlägigen Gruppen von Corona-Leugnern war man am Tag nach dem Bekanntwerden der Razzia und der Waffenfunde in der Szene um Kalmierung bemüht: An einer Stelle wurde etwa dazu aufgerufen, etwaige Gewaltfantasien an die Administratoren zu melden. Breit diskutiert wurde aber auch, ob Innenminister Karl Nehammers (ÖVP) Erzählung einer Terrorzelle gar nicht stimme, immerhin seien keine Personen in Untersuchungshaft genommen worden.

Tatsächlich hatte Nehammer davon gesprochen, dass die Funde "fast" an eine terroristische Vereinigung erinnern würden. Fest steht: Zumindest verbal waren die Personen höchst radikal unterwegs. Es wurden schwere Gewaltfantasien ausgetauscht, auch von Bombenbau war die Rede. Gefunden hat man solche aber nicht. Aber immerhin zwei Faustfeuerwaffen, eine Langwaffe, zwei Schwerter, 3.500 Stück Munition, Schutzwesten und Funkgeräte.

Verdächtiger als ziviler Beamter

Und: In den Chats gaben sich Personen auch als ehemalige Berufssoldaten aus. Das Innenministerium ermittelt diesbezüglich. Vom Verteidigungsministerium wird erneut dementiert, dass sich ehemalige oder aktive Berufssoldaten unter den Einvernommenen befinden, auch keine ehemaligen oder aktiven Milizsoldaten. Sehr wohl aber arbeitet einer der Einvernommenen als ziviler Beamter beim Bundesheer, wie ein Sprecher dem STANDARD am Freitag auf Anfrage bestätigt.

Der Mann sei nicht suspendiert, für eine Entlassung wolle man ein Urteil abwarten. Der Sprecher betont: Der Beamte habe nichts mit Waffen zu tun. Wenig später heißt es außerdem, man habe ein dienstrechtliches Überprüfungsverfahren eingeleitet. Zwei der Einvernommenen seien außerdem ehemalige Grundwehrdiener.

Keine der beschuldigten Personen wurde bisher in Untersuchungshaft genommen. Sieben Personen wurden wegen Verdachts auf verbrecherisches Komplott und eine Person nach dem Verbotsgesetz auf freiem Fuß angezeigt – niemand wegen Terrorverdachts, auch wenn der Innenminister das Wort "Terror" in den Mund nahm.

Offenbar keine U-Haft-Gründe

Untersuchungshaft kann dann verhängt werden, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig ist oder gegen ihn ermittelt wird. Zudem muss entweder Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr bestehen oder die Vermutung, dass die Tat vollendet wird oder es zu einer neuerlichen Straftat kommen werde – wenn die Straftat mit einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten bedroht ist.

Zwar ist das Strafmaß bei einem verbrecherischen Komplott (Paragraf 227 im Strafgesetzbuch) deutlich niedriger als bei einem Terrordelikt (Paragraf 278b), doch es liegt immer noch bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Was die Anzeige nach dem Verbotsgesetz angeht, so ist noch nicht klar, auf welches Delikt genau ein Verdacht besteht. Da reichen die Strafhöhen je nach Delikt von mindestens einem Jahr bis zu lebenslänglich.

Ist das Verbrechen, um das es geht, gar mit mindestens zehn Jahren Haft bedroht, kann nicht nur, sondern muss die Staatsanwaltschaft eine Festnahme anordnen – außer der Verdächtige wurde nicht auf frischer Tat ertappt, will nicht untertauchen, keine Zeugen beeinflussen und seine Tat nicht vollenden oder wiederholen.

Der Innenminister verwies in dem Zusammenhang bei der eilig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag auf die Justiz. Sein Ressort habe seine Arbeit getan, wie die Justiz weiter vorgehe, sei Sache der Justiz. Die zuständige Staatsanwaltschaft war für den STANDARD bisher nicht erreichbar.

Waffen legal besessen

Was die Waffen angeht, so gab es laut Nehammer für die beiden Faustfeuerwaffen entsprechende Dokument, die wurden abgenommen. Für Repetierbüchsen wie jene, die auf den Fotos der Ermittler zu sehen ist, braucht es solche gar nicht erst. Um die zu kaufen, muss man nur eine dreitägige Bedenkzeit einhalten, über 18 sein und sie beim Waffenhändler registrieren. Auch die Schwerter sind ab 18 Jahren erhältlich. (Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, 21.5.2021)