Rudolf Schrefl ist seit 1. Februar CEO von Hutchison Drei Österreich.

Foto: Hutchison Drei Austria Gmbh

Am 1. Februar übernahm Rudolf Schrefl von Jan Trionow den Chefsessel bei Hutchison Drei Österreich – zu einer Zeit, in der in der Branche Aufbruchstimmung in puncto 5G-Ausbau herrscht, man zugleich mit den Herausforderungen der Pandemie jongliert und obendrein ein neues Gesetz die Spielregeln ändert. Hinzu kommt, dass 2022 die Nutzungsvereinbarungen mit virtuellen Netzanbietern (MVNOs) wie Spusu auslaufen – auch hier wird eifrig verhandelt. Im Interview erklärt Schrefl, wohin die Reise gehen soll.

STANDARD: Wir befinden uns seit gut einem Jahr in der Corona-Pandemie. Wie ist Drei bisher durch die Krise gekommen?

Schrefl: Ich würde uns zwar nicht als Gewinner der Krise bezeichnen, doch wir haben es geschafft, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit auf mobiles Arbeiten umzustellen. Unser Netz war auf Höchstleistung getrimmt, und wir haben kontinuierlich dort Kapazitäten hinzugefügt, wo es nötig war. Im vergangenen Jahr haben wir erstmals über eine Million Terabyte durch das mobile Netz geschickt. In diesem Zusammenhang konnten wir zeigen, was ein Mobilfunknetz heute leisten kann.

STANDARD: Und auf wirtschaftlicher Ebene?

Schrefl: Wir hatten ein stabiles Ergebnis und konnten die entfallenen Roaming-Einnahmen gut kompensieren. Dabei haben wir nicht darauf gesetzt, Staatshilfen und Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Das sollen die Unternehmen nutzen, die tatsächlich diesen Bedarf hatten.

STANDARD: Hand aufs Herz: Gab es Phasen, in denen das Netz am Anschlag war?

Schrefl: Punktuell gibt es immer wieder Regionen, die über Gebühr belastet sind, abhängig vom dahinterliegenden Nutzungsverhalten. Wir konnten aber rasch dort Kapazitäten hinzufügen, wo es nötig war. Auch die Genehmigungen wurden hier rasch erledigt – wir würden uns im Gegenzug übrigens wünschen, dass das immer so schnell gehen würde. Großflächige Kapazitätsengpässe sind uns jedenfalls nicht bekannt. Und das trotz der Tatsache, dass Homeschooling in puncto Datenverbrauch oft direkt in Online-Gaming übergegangen ist.

STANDARD: Sie sind nun 100 Tage im Amt. Was waren die größten Herausforderungen?

Schrefl: Die größte Herausforderung ist, die Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes (TKG) so abzustimmen, dass wir uns als Branche weiter darauf konzentrieren können, 5G so schnell wie möglich bis in die hintersten Landesteile auszurollen. Das fand sich im ersten Entwurf des TKGs noch nicht wieder, daher war dort eine intensive Abstimmung mit allen Stakeholdern notwendig. Das war für mich herausfordernder, weil ich diesen Aufgabenbereich zuvor nicht verantwortet hatte. Das hat Jan Trionow zuvor gemeistert, er hatte sich über viele Jahre hinweg einen extrem guten Ruf als Berater erarbeitet. Zudem waren die Kontinuität und das Weitertreiben der Aktivitäten für uns im Unternehmen wichtig.

STANDARD: Was sind Ihre Aufgaben für die nächsten Monate?

Schrefl: Ich möchte das Unternehmen in den Fußstapfen von Jan Trionow weiterentwickeln. Die Anforderungen an Telekommunikationsunternehmen haben sich in den vergangenen Jahren ja komplett verändert: Wir sind keine Telekommunikationsunternehmen mehr, sondern ein Full-Service-Provider. Unser Produkt- und Service-Portfolio beinhaltet heute auch schon Dinge wie Energie, Versicherungen und Dienstleistungen im Bereich E-Health. Diese Lösungen bieten wir für Betriebe, aber auch für Privatkunden im 5G-Kontext, etwa im Bereich von IoT-Anwendungen.

STANDARD: Wo ist der größte Aufholbedarf in puncto Breitbandausbau?

Schrefl: Ein großer Aufholbedarf ist sicher in den ländlichen Regionen. Aber nicht nur dort. Auch im urbanen Bereich sind teils keine Breitband-Internetverbindungen verfügbar. Selbst in der Wiener Innenstadt bekommt man teilweise nur ADSL-Leitungen mit 20 MBit, manchmal gibt es gar weiße Flecken. Deswegen ist es wichtig, den Ausbau flächendeckend zur Verfügung zu stellen. Wir sind bei der 5G-Auktion einer derer, die mit über 40 Prozent eine der größten Versorgungsauflagen genommen hat. Ziel ist es, Gemeinden möglichst schnell zu versorgen, um den dortigen unterversorgen Betrieben und Haushalten eine schnellere Anbindung bieten zu können.

STANDARD: Die Regierung verkündete zuletzt, 1,4 Milliarden Euro in den Breitbandausbau zu investieren. Reicht das aus?

Schrefl: Es ist ein guter Beitrag. Das von der Regierung angestrebte Ziel der Gigabit-Gesellschaft ist erreichbar. Ein großer Teil dieser angestrebten Konnektivität kommt aus dem 5G-Ausbau. Es gibt aber auch Konsens darüber, dass im Glasfaserbereich Investitionen getätigt werden müssen. Es ist also gut, den Glasfaserausbau zu fördern. Die Förderungen tragen aber nur dazu bei, das Ziel zu 50 Prozent zu erreichen. Der Rest muss von Privatinvestoren – also von uns und den anderen Anbietern – geleistet werden. Da geht es mehrere Milliarden an Investitionsvolumen.

STANDARD: Damit entsteht für Sie ein großer Kostenblock. Ist daher die Befürchtung gerechtfertigt, dass die Tarife steigen könnten?

Schrefl: Der österreichische Markt hat bis jetzt bewiesen, dass wir für alle Zielgruppen und Bedürfnisse leistbare Angebote bieten. Ein Aspekt ist auch, dass wir für viele Zielgruppen und Anwendungen ein breites Feld an MVNOs und Resellern haben. Auch diese Anbieter werden weiterhin im österreichischen Markt ihre Angebote so schnüren, dass sie für jeden leistbar sind. Aber natürlich ist es ein riesiges Investitionsprogramm. Und natürlich werden wir Produkte und Services mit zusätzlichen Funktionalitäten auf Basis von 5G anbieten, die gewisse Bedürfnisse abdecken und entsprechend bepreist sind.

STANDARD: Bedeutet das, dass nur die neuen 5G-Produkte entsprechend bepreist sind und sich für Bestandskunden nichts ändert?

Schrefl: So differenziert würde ich das nicht sehen. Wir sind in puncto 5G ja allesamt erst in einem Lernprozess. Es entstehen komplett neue Anwendungsbereiche, die auch entsprechend bepreist werden können. Ein Beispiel: Sie haben eine normale Internetverbindung zu Hause und schauen am Abend "Universum" via Streaming-TV in HD-Qualität. Eigentlich wollen Sie diese spezifische Folge aber in 8K-Qualität sehen. Dann muss es einfach möglich sein, dass Sie über das Programmverzeichnis für dieses Programm eine bessere Qualität auswählen. Und für diese paar Stunden bezahlen Sie dann einen geringfügigen Zusatzbetrag. Denn vielleicht brauchen Sie im Alltag kein schnelleres Internet oder niedrigere Latenz, für bestimmte punktuelle Anlässe aber sehr wohl. Und dafür ist man dann bereit, ein bis zwei Euro zusätzlich zu bezahlen.

STANDARD: Sie haben zuvor die MVNOs erwähnt. Auf Ihrer Bilanz-PK wurden Sie gefragt, wie das aktuelle Verhältnis zu diesen Anbietern ist, und Sie meinten, dass Sie in Verhandlungen seien. Nun frage ich wieder: Wie ist das aktuelle Verhältnis zu den Anbietern?

Schrefl: (lacht) Wir verhandeln zum gleichen Thema noch immer. Es ist eine komplexe Materie, weil wir auch spezifizieren müssen, wie wir die Evolution neuer Technologien in welcher Phase zugänglich machen können. Die bilateralen Verhandlungen sind oft von zwei unterschiedlichen Standpunkten geprägt, die schwer zu vereinbaren sind. Wir werden dabei aber auch gut von der RTR und der BWB unterstützt, die Gespräche werden teils von ihnen moderiert. Wir sind in einem konstruktiven Diskurs und kommen gut voran. Es werden also bald auch die ersten MVNOs 5G-Angebote haben.

STANDARD: Was passiert, wenn Sie sich mit einem MVNO-Partner nicht einigen können?

Schrefl: Der Anbieter Spusu hat zuletzt kommuniziert, dass wir langfristige Verträge haben, die weit über das Remedy aus dem Orange-Verkauf hinausgehen. Und wir streben diese Fortführung mit all unseren MVNO-Partnern an. Unser Ansinnen ist, dass sie ihre Funktion gut erfüllen können. Und das können sie natürlich nur, wenn sie auch Zugang zu allen Technologien bekommen. Der Zeitrahmen und die Bepreisung sind Teil der Verhandlungen, die wir derzeit mit vielen MVNOs führen – bei manchen schon sehr weit gediehen, bei manchen nicht. Ich mache mir aber keine Sorgen, dass es keine Einigung mit allen gibt, die auch heute schon mit uns im Geschäft stehen.

STANDARD: So oder so wird also keiner dieser Anbieter vom Markt verschwinden, weil er sich mit Ihnen nicht einigen kann?

Schrefl: Das ist für mich sehr unwahrscheinlich.

STANDARD: Kommen wir zum TKG. Wie ist diesbezüglich der aktuelle Zeitplan?

Schrefl: Soweit ich weiß, sollen die Begutachtung und der Beschluss im Parlament noch vor dem Sommer abgeschlossen werden.

STANDARD: In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Mitbewerbern haben Sie zuletzt Ihre Kritikpunkte am TKG geäußert haben. Unter anderem kritisieren Sie, dass ein Grundstückseigentümer nicht haftet, wenn er Schaden an Ihren Kabeln verursacht. Gibt es da Bewegung?

Schrefl: Es gibt Bewegung auf vielerlei Ebenen, auch unter Moderation der RTR und mit Unterstützung des Ministeriums. In einem neuen Entwurf sind diese Dinge auch besser geregelt, für uns gibt es mehr Sicherheit. Unter anderem ist sichergestellt, dass ein Landwirt beim Pflügen nicht dreimal hintereinander das gleiche Kabel erwischt. Ich möchte auch niemandem unterstellen, dass er das mutwillig macht. Für uns war ohnehin überraschend, dass man versucht, einen Punkt zu sanieren, der nicht relevant war: Es gab in ganz Österreich lediglich eine zweistellige Anzahl solcher Zwischenfälle. Und da gab es nie Probleme in der Einigung.

STANDARD: Zur politischen Debatte gehört auch, welche Technologieanbieter beim 5G-Ausbau zum Zug kommen. Wie sieht das bei Drei aus?

Schrefl: Wir arbeiten mit unserem langjährigen Partner ZTE zusammen, mit dem wir nun schon das zweite Netz bauen. Beim TKG haben wir darauf gedrängt, dass Kriterien eingeführt werden, die nicht rein politisch sind, sondern eher auf einer technischen Ebene stattfinden. Auch da hat es gute Weiterentwicklungen gegeben. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir alle Bedingungen des Kriterienkatalogs gemeinsam mit unserem Partner gut erfüllen. Wir sehen auch, dass wir alle internationalen Auflagen und Sicherheitsansprüche erfüllen, daran sollte man sich orientieren. Man darf nicht differenzierter auf einen Eigentümer schauen, nur weil er in der Ost- statt in der Westhälfte der Welt liegt.

STANDARD: Abschließende Frage: Sind die 5G-Verschwörungstheorien noch ein Thema, oder sind sie mittlerweile durch andere abgelöst worden?

Schrefl: Im letzten Jahr waren die Impfgegner in der Übermacht (lacht). Verschwörungstheorien sind aber einfach eine anders formulierte Sorge, die sich in dieser Form äußert. Man kann da nur auf transparente Kommunikation setzen, sich faktenorientiert dem Thema nähern und versuchen, so viel Emotion wie möglich aus der Diskussion herauszunehmen. Man muss klar kommunizieren, dass 5G nicht anders ist als die bisherigen Technologien – außer dass sie auch effizienter ist, weniger Energie verbraucht und zudem weniger Immissionen dort verursacht, wo Mobilfunk gerade nicht benötigt wird. (Stefan Mey, 22.5.2021)