Liste-Fritz-Politikerin Haselwanter-Schneider trat die Causa HG Labtruck los. Die Adlerrunde drohte ihr wegen Anschuldigungen nun mit Klage. Sie widerrief daraufhin und muss 3.000 Euro zahlen.

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Innsbruck – Es waren die letzten Punkte auf der Tagesordnung des Tiroler Landtags am Donnerstag. Und so fand die Diskussion zur umstrittenen PCR-Test-Auftragsvergabe an die Firma HG Labtruck erst am späten Abend statt. Sie wurde dennoch hitzig geführt. Den Anfang machte Liste Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter Schneider, die eine dringliche Anfrage zur Causa an Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) stellte. Damit wollte sie erreichen, dass sich Platter erstmals selbst dazu äußert. Vergangene Woche hatte er noch seinen Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) vorgeschickt.

Der Landeshauptmann sparte dennoch viele Antworten aus, kritisierte Haselwanter-Schneider: ""Bis heute bleibt Platter die Information darüber schuldig, wer die PCR-Tests für die HG Labtruck befundet hat. Die fachliche und technische Abwicklung sei korrekt gewesen, mehr hat er auch zur dringlichen Anfrage nicht preisgegeben. Es kann doch nicht so schwer sein, den betreffenden Arzt namhaft zu machen." Die einzige Neuigkeit in Platters Ausführungen am Donnerstagabend: Bislang bezahlte das Land Tirol der HG Labtruck für rund 291.000 durchgeführte PCR-Tests knapp 11,8 Millionen Euro. Zum Vergleich: Insgesamt wurden in Tirol bisher 37 Millionen Euro an zehn Labore bezahlt, die solche Tests durchführen und auswerten. Diese Kosten werden vom Bund rückerstattet.

Zentrale Frage der Befundung

Weil mittlerweile aber die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSta) ermittelt, werde auch das Land Tirol rechtliche Schritte gegen die HG Labtruck prüfen müssen, ist Oppositionspolitikerin Haselwanter-Schneider überzeugt. Zentrale Frage sei die Befundung und damit verbunden die fachlich korrekte Abwicklung der PCR-Tests, um festzustellen, ob sich das Land Tirol an der HG Labtruck schadlos halten könne.

Am Mittwoch hatte das Land den Oppositionsparteien die beiden Werkverträge, die mit der HG Labtruck abgeschlossen wurden, nach wochenlangem Tauziehen vorgelegt. Allerdings wurde ein zentraler Punkt, nämlich wer die Verträge für das Land unterzeichnet hat, geschwärzt. Und die Verträge werfen mehr neue Fragen auf, als sie beantworten. So wurde der erste Werkvertag zwischen Land und HG Labtruck am 7. Oktober 2020 unterzeichnet. Damals befand sich das Unternehmen "in Gründung", wie auch das Land bestätigte. Allerdings gibt man seitens des Landes ebenfalls an, dass die Landesanitätsdirektion das Unternehmen schon vor Vertragsunterzeichnung geprüft und für gut befunden habe.

War der Labtruck nur ein Werbegag?

Genau diese Vorab-Überprüfung der HG Labtruck und der von ihr angebotenen Leistungen werden aber angezweifelt. Denn gegenüber der Tageszeitung Kurier erklärte der Urologe Ralf Herwig, Gründer und Geschäftsführer der HG Labtruck, dass der futuristische Lkw, in dem laut ursprünglichen Angaben Herwigs bis zu 6000 PCR-Tests pro Tag durchgeführt und binnen nur drei Stunden analysiert werden könnten, nur "ein Werbegag" gewesen sei. Auf Nachfrage des STANDARD bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, ob die Behörde vorab eine Betriebsanlagengenehmigung für den Truck oder das stationäre Labor Herwigs in den Räumlichkeiten des ehemaligen Bezirksspitals Kitzbühel ausgestellt habe, heißt es, "dass dies nicht der Gewerbeordnung unterliegt und damit auch keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung zu erteilen war".

Eine weitere Frage, die sich aus den beiden Werkverträgen ergibt: Bislang war nicht bekannt, dass Land Tirol und HG Labtruck einen zweiten Folgevertrag im Frühjahr 2021 unterzeichnet haben. Denn für diesen zweiten Vertrag wäre das Argument, man habe auf eine Ausschreibung angesichts der Pandemie-Notlage verzichtet, nicht haltbar. Denn seitens des Bundes wurde Anfang dieses Jahres klargestellt, dass für derartige Leistungen wie PCR-Tests die gültigen Ausschreibungsregeln nicht übergangen werden dürfen.

Land trägt für FPÖ Auswahlverschulden

Auch die anderen Oppositionsfraktionen sparten nicht mit Kritik am Vorgehen der Landesregierung in der Causa HG Labtruck. FPÖ-Obmann Markus Abwerzger glaubt an rechtliche Konsequenzen, weil das Land ein sogenanntes Auswahlverschulden treffen. Sprich, man hätte genauer hinsehen müssen, mit wem man hier einen Vertrag eingeht. Denn Firmenchef Herwig ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt. In Wien klagt ihn die Staatsanwaltschaft derzeit wegen des Vorwurfs des schweren Betrugs und schwerer Körperverletzung. Die Ärztekammer hat ihm 2021 die Zulassung als Arzt entzogen – was besonders brisant ist, weil derzeit alles darauf hindeutet, dass Herwig selbst bis Ende April 2021 die Tests befundet hat. Das hat auch das Land so bestätigt.

Für Neos-Tirol-Chef Dominik Oberhofer ist der Fall klar, wie er im Landtag ausführte. Das Land sei einem "Betrüger und Kurpfuscher" aufgesessen. Auch Oberhofer stellte die Frage nach der Anlagen-Genehmigungsprüfung in den Raum. SPÖ-Landesparteiobmann Georg Dornauer bezweifelte wiederum, ob die Werkverträge überhaupt vom Justiziariat des Landes aufgesetzt wurden oder ob diese nicht vom Auftragnehmer erstellt und einfach unterzeichnet worden seien. "Das ist nicht im Stile des Justiziariats verfasst", sagte Dornauer.

Weil es um Bundesmittel geht, die an die HG Labtruck fließen, stellte die Opposition den Antrag, dass der Bundesrechnungshof die Prüfung der Beauftragung übernehmen solle anstatt der Landesrechnungshof. Dem wurde zugestimmt. VP-Klubobmann Jakob Wolf ergänzte dazu mittels Antrag allerdings, dass es zu keiner Doppelgleisigkeit kommen solle, weshalb man im Finanzausschuss, der kommende Woche tagt, noch einmal die Prüfmaterie nach Bundes- und Landeszuständigkeit hin aufteilen solle. Dem Antrag wurde stattgegeben.

Adlerrunde drohte Haselwanter-Schneider mit Klage

Oppositionspolitikerin Haselwanter-Schneider, die mit ihrer Anfrage im April die Causa HG Labtruck ins Rollen gebracht hatte, muss nach einer Klagsdrohung der Tiroler Adlerrunde – eines einflussreichen Verbands von über 40 großen Unternehmen – nun 3.000 Euro bezahlen und ihre in der "ZiB 2" aufgestellte Behauptung widerrufen: "Hiermit erkläre ich, dass ich die von mir in der "ZiB 2" am 5. 5. 2021 aufgestellte Behauptung, dass die ohne Ausschreibung erfolgte Vergabe des Auftrages des Landes Tirol an die Firma HG-Pharma zur Durchführung von Covid-PCR-Tests mit einem Auftragswert von ca. 8 Mio. Euro über die 'Tiroler Adler Runde' laufe bzw. gelaufen sei und dass hier Freunderlwirtschaft im Spiel sei, widerrufe."

Haselwanter-Schneider erklärt dazu, dass sie auf einen Rechtsstreit mit der Adlerrunde nach dem Motto "David gegen Goliath" verzichten wolle, da dieser nur weitere Steuergelder kosten würde. Dafür sei die Parteienförderung nicht gedacht. Auf Wunsch der Adlerrunde spende sie das Geld an die Organisation SOS Kinderdorf. Hinweise, die eine Verstrickung von Mitgliedern der Adlerrunde in die Causa HG Labtruck nahelegen, sind bisher nicht belegt. (Steffen Arora, 21.5.2021)