Foto: Imago / Rene Traut

Pro
von Sascha Aumüller

Heiraten und die Ex schaut zu? Nie wäre ich den Bund der Ehe mit meiner Frau eingegangen, ohne ihn mit der Freundin zu feiern! Eine Hochzeit ohne die vormals beste Betreuerin ist wie das Œuvre von Konstantin Wecker ohne den Krankenschwestern-Report.

Unter Erwachsenen ist es liederlich, Sexszenen aus der Jugend zu verschweigen. Und jedem späten Zauber – ich war bei der Hochzeit 45 – wohnt ein Zauberlehrgang mit Höhen und Tiefen inne.

Erst nach Schmuddelszenen kann man zudem beurteilen, warum in einer guten Beziehung beide die Rolle des Pflegepersonals spielen müssen.

Die eigene Hochzeit ist die würdigste Gelegenheit, um die Ex nachträglich zu würdigen. Schließlich hat sie einen dorthin gebracht, wo man dann steht: im Ehestand. Heiraten ohne frühere Frauen ist wie empörtes Ibiza-Video-Schauen und dabei so zu tun, als hätte man nie einer Oligarchen-Nichte Versprechungen gemacht. Beim Heiraten geht’s darum, seine Vergangenheit nicht zu verleugnen.

Kontra
von Franziska Zoidl

Bei einer Hochzeit geht es nicht nur um die krachende Party (aber schon auch). An diesem Tag sollte man auch Danke sagen – nämlich jenen Menschen, die einen auf dem langen Weg bis in den Ehestand begleitet haben. Sie dürfen auf der Gästeliste nicht fehlen, auch wenn die Hochzeit noch so Corona-konform über die Bühne gehen muss: die Eltern, die einem (mir) in wirtschaftlich herausfordernden jungen Jahren den Flug zum Liebsten nach Amerika bezahlt haben.

Viele Familienmitglieder, Freundinnen, Freunde, die bei (fast) allen Höhen und Tiefen mitgejubelt oder mitgeweint haben. Die Partytruppe, die damals beim Kennenlernen live dabei war – und uns später auch frischverliebt ausgehalten hat. Und dann noch jene, die man auf der Tanzfläche einfach nicht missen will. Sei es wegen ihrer Moves, ihrer Schmähs oder anderer Qualitäten.

Sollte der Ex, wie zu erwarten ist, in keine dieser Kategorien fallen, darf auf ihn auch an diesem Tag ohne schlechtes Gewissen vergessen werden. (RONDO, 1.5.2022)