Bah N'Daw am 25. September 2020 bei seiner Amtseinführung als Übergangspräsident. Mittlerweile befindet er sich in einem Militärcamp.

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Bamako – Frankreich hat die Festnahme der Staatsführung im westafrikanischen Mali scharf verurteilt und will den Fall vor den Uno-Sicherheitsrat bringen. "Frankreich verdammt mit der größten Entschlossenheit diesen Staatsstreich", sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Dienstag in einer Aktuellen Stunde der französischen Nationalversammlung. Malis Vizepräsident Assimi Goita hatte zuvor die Übergangsführung des Landes für abgesetzt erklärt.

Goïta, der ehemalige Anführer eines Militärputsches im August 2020, verkündete die Absetzung von Übergangspräsident Bah N'Daw und Ministerpräsident Moctar Ouané am Dienstag über den Radiosender ORTM und versprach Neuwahlen für 2022. N'Daw und Ouané wurden am Montag, kurz nach der Verkündung eines neuen Kabinetts, festgenommen und in ein Militärcamp 15 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bamako gebracht.

Internationale Sorgen

Die internationale Gemeinschaft verurteilte die Inhaftierung scharf und forderten die umgehende Freilassung der beiden Staatsmänner. Le Drian betonte, dass der zivile Charakter des Übergangs im Land gewährleistet bleiben müsse. Der französische Außenminister drohte den militärischen und politischen Verantwortlichen mit – nicht näher ausgeführten – Sofortmaßnahmen, falls dieser Kurs verlasen werde. Er sprach von einer "ernsten Lage" in Mali.

Uno-Generalsekretär António Guterres schrieb auf Twitter, er sei zutiefst besorgt über die Nachricht der Inhaftierung "ziviler Anführer des malischen Übergangs". "Ich fordere Ruhe und ihre bedingungslose Freilassung." EU-Ratspräsident Charles Michel sagte nach Beratungen der Staats- und Regierungschef beim EU-Gipfel in Brüssel: "Wir verurteilen, was in den vergangenen Stunden in Mali passiert ist." Man rufe zu einem zivilen Übergang auf und sei auch bereit, angesichts der schwerwiegenden Ereignisse "notwendige Maßnahmen" zu prüfen.

Personalrochaden

Wenige Stunden zuvor hatten die Anführer der Übergangsregierung per Dekret ein neues Kabinett ernannt, in dem das Militär trotz gegenteiliger Versprechen strategisch wichtige Ämter besetzt. Offiziere werden die Ministerien für Verteidigung, Sicherheit, territoriale Verwaltung und nationale Versöhnung leiten, wie die Regierung am Montagabend mitteilte. Insgesamt 25 Minister wurden ernannt; elf darunter sind Neueinsteiger.

Einige Armeeoffiziere seien jedoch von der neuen Regierung ausgeschlossen worden. Dazu gehören der bisherige Verteidigungsminister Oberst Sadio Camara, und der Sicherheitsminister, Oberst Modibo Koné. Beide gehörten der Militärjunta an, die im August 2020 Präsident Ibrahim Boubacar Keïta gestürzt hatte. Auch Keïta war damals festgenommen und in das Militärcamp in Kati gebracht worden.

Die US-Botschaft in Bamako gab am Abend eine Sicherheitswarnung heraus, in der es hieß, sie habe "Berichte über erhöhte militärische Aktivitäten" in der Stadt erhalten. Die Bürger wurden aufgefordert, "nicht unbedingt notwendige Reisen innerhalb der Stadt zu vermeiden".

Turbulente Zeiten

Erst im Jänner war die Militärjunta abgelöst worden. Auf Druck vor allem des westafrikanischen Regionalbündnisses Ecowas wurde später eine Übergangsregierung mit Ex-Verteidigungsminister N'Daw an der Spitze gebildet. Die neue Regierung sollte eine Balance zwischen den Interessen der Armee sowie der Zivilgesellschaft schaffen, die Verfassung reformieren und innerhalb von 18 Monaten Wahlen durchführen.

Am 14. Mai wurde aber die Regierung aufgelöst. Übergangspräsident Bah N'Daw bestätigte per Dekret Ministerpräsident Moctar Ouané im Amt und beauftragte ihn mit der Bildung einer neuen Regierung.

Der instabile Krisenstaat wird seit Jahren von islamistischen Terrorgruppen geplagt. 2013 schlug erst ein massiver französischer Militäreinsatz ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Bamako zurück. Einige dieser Gruppen haben dem "Islamischen Staat" (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. Immer wieder werden auch ausländische Staatsbürger entführt. Frankreich kämpft im riesigen Sahel-Gebiet mit rund 5.100 Soldaten gegen Terrorgruppen. Zudem sind auch eine Uno-Mission (MINUSMA) und eine EU-Ausbildungsmission (EUTM Mali) in dem Krisenland im Einsatz. An den Missionen ist auch das Bundesheer mit aktuell zwei bzw. zehn Soldaten beteiligt. (APA, 25.5.2021)