Die WKStA will gegen ÖVP-Justizsprecherin Steinacker ermitteln – es gilt die Unschuldsvermutung

Foto: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Ermittlungen gegen die türkise Justizsprecherin Michaela Steinacker aufgenommen. Eine Hinweisgeberin hatte behauptet, Steinackers Tätigkeit bei der damaligen Raiffeisen Evolution Project Development GmbH habe als "verdeckte Parteispende" des Raiffeisenkonzerns an die ÖVP gedient. So soll Steinacker "in einer nicht dem Arbeitsumfang entsprechenden Höhe" entlohnt worden sein, obwohl sie "tatsächlich beinahe ausschließlich für die Österreichische Volkspartei" gearbeitet habe; ihre Vorgesetzten hätten "Kosten im Zusammenhang" mit ihrer Beschäftigung "zum Zwecke der Verschleierung dieser Vorgänge in der Buchhaltung 'versteckt'".

Für die WKStA ergibt sich durch "die detaillierten Kenntnisse der Hinweisgeberin, deren schlüssige Darstellung der konkreten Umstände und Vorgänge" sowie durch benannte Zeugen und übermittelte Unterlagen ein "konkreter Anfangsverdacht", wie Recherchen von STANDARD und ORF zeigen. Um weiter ermitteln zu können, muss der Immunitätsausschuss des Nationalrats allerdings einer Verfolgung von Steinacker zustimmen. Der Antrag hierzu ging diese Woche an den Nationalrat. Für Steinacker gilt die Unschuldsvermutung; die Ermittlungen befinden sich in einem sehr frühen Stadium.

Die ÖVP verweist auf Anfrage an Steinacker an den Abgeordneten Friedrich Ofenauer. Der sagt dazu, Steinacker habe "stets ordnungsgemäß und mit ausdrücklicher Zustimmung des Unternehmens" ihre Tätigkeiten erfüllt. Ofenauer weiter: "Denen im Auslieferungsbegehren von der WKStA behaupteten angeblichen Vorteile für die ÖVP durch die berufliche Tätigkeit von Michaela Steinacker liegt offensichtlich eine Verwechslung der Arbeit als Nationalratsabgeordnete mit jener für eine Partei zugrunde. Wer anderes sagt, der ignoriert die juristische Realität."

Das Immunitätsbegehren sei laut Ofenauer "zurückzuweisen", weil es ein "offensichtlich rein politisch motiviertes Auslieferungsbegehren" sei, über das Abstimmungsverhalten im Immunitätsausschuss sei noch nicht entschieden.

Die Raiffeisen Evolution Project Development war im Jahr 2017 vom früheren Minderheitseigentümer Strabag komplett übernommen worden. Eine Anfrage bei der nun unter Strabag Real Estate GmbH firmierenden Firma blieb vorerst unbeantwortet. Zuvor, in den betroffenen Jahren 2013-2017, hatte das Unternehmen mehrere Eigentümer: Die meisten Anteile hatte die zur Raiffeisenbank International AG gehörende R.B.T. Beteiligungsgesellschaft m.b.H.; weitere Anteile hielten neben der Strabag noch eine Tochterfirma der Uniqa Insurance Group AG sowie die Urubu Holding, die zur Raiffeisen Holding NÖ/Wien gehört.

Bei Letzterer war Steinacker zuvor, von 2008 bis 2013, als Geschäftsleiterin tätig gewesen. Die Raiffeisen Holding NÖ/Wien betont, dass die Abgeordnete in jenem Zeitraum, den die WKStA prüft, keine Mitarbeiterin des Unternehmens war. Als Minderheitsgesellschafter hatte die Raiffeisen Holding NÖ/Wien kam der Konzern auch operativ mit Steinackers Entgelt nicht in Berührung.

Justizsprecherin kritisierte WKStA

Der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger hatte Steinacker im Jahr 2013 als Listenzweite in die Politik geholt; seither ist die 48-jährige Wienerin im Nationalrat. Es ist nicht das erste Mal, dass Steinacker mit der Justiz in Berührung kommt. Ein Immobilien-Deal in ihrer Zeit als Managerin bei der ÖBB Immobilien-Management GmbH hatte für deutliche Kritik des Rechnungshofs und Ermittlungen gesorgt, die allerdings eingestellt wurden. Zuvor hatte Wolfgang Brandstetter sie als Anwalt beraten, er war dann Justizminister – über die Einstellung entschied jedoch sein Weisungsrat.

Bei der "Raiffeisen evolution" sollte Steinacker das Unternehmen sanieren und restrukturieren. Die erfahrene Immobilienmanagerin schied dann nach der Übernahme durch die Strabag aus dem Unternehmen aus. Von den Vorwürfen zeigte man sich hinter den Kulissen überrascht, inhaltlich sei nichts dran.

Als Justizsprecherin hatte Steinacker die WKStA zuletzt heftig kritisiert. Nach der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) sprach sie von "Patzern" der WKStA und warf der Behörde vor, Informationen nach außen zu spielen. (Fabian Schmid, 25.5.2021)