Die Einhaltung von behördlich angeordneten Quarantänen wird von der Polizei kontrolliert.

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Wer gegen eine behördlich angeordnete Quarantäne verstößt, muss mit einer Verwaltungsstrafe rechnen. Nicht nur das: Unter Umständen drohen auch strafrechtliche Konsequenzen wegen der "Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten". Damit der Tatbestand erfüllt ist, muss aber zumindest eine potenzielle Ansteckungsgefahr gegeben sein. Entscheidend ist dabei die konkrete Virenlast beim Infizierten, erklärte das Oberlandesgericht Linz. (OLG Linz 22.4.2021, 7Bs48/21i)

Behördenweg trotz Quarantäne

Anlass war der Fall eines 24-jährigen Mannes, der am 30. August 2020 positiv auf Covid-19 getestet wurde und bis einschließlich 7. September in Quarantäne musste. Am letzten Tag der Absonderung ging er zur Behörde, um eine Anmeldebescheinigung nach dem Aufenthaltsgesetz zu beantragen. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich neun Personen in der Abteilung auf. Die Staatsanwaltschaft Wels sah das Delikt der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten erfüllt und erhob Anklage.

Der Mann legte Einspruch ein. Bereits das Erstgericht gab ihm recht und wies den Strafantrag zurück. Nach dem Stand der Ermittlungen könne nicht beurteilt werden, ob die Handlung des Angeklagten tatsächlich geeignet war, die Verbreitung von Covid-19 herbeizuführen. Zur Klärung der Frage, ob der Mann am letzten Tag der Quarantäne noch infektiös war, hätte vorab ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen.

Die Staatsanwaltschaft Wels widersprach. Die Einholung eines medizinischen Gutachtens erübrige sich. Auch aus Sicht eines "sachverständigen Beobachters" sei die konkrete Gefahr der Verbreitung der Krankheit zu bejahen. Es sei aufgrund der "rasanten Ausbreitungsmöglichkeit" evident, dass jemand, der die verordnete Quarantäne missachtet, andere Menschen infizieren könnte.

Virenlast ist entscheidend

Das Oberlandesgericht Linz sorgte nun für eine Klarstellung. Der Tatbestand der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten ist bereits dann erfüllt, wenn festgestellt wird, dass das Verhalten des Täters "abstrakt geeignet" war, jemanden anzustecken. Dass eine Person tatsächlich infiziert wird, ist nicht erforderlich.

Bei der Frage, ob andere Menschen gefährdet wurden, kommt es laut OLG Linz allerdings auf die objektive Ansteckungsgefahr an, die vom Infizierten ausgeht. Entscheidend ist dabei der sogenannte CT-Wert. Ist der Wert höher als 30, sind Betroffene laut Verordnung nicht mehr infektiös. Nicht jede Covid-19-Erkrankung bedeute daher zwangsläufig eine Ansteckungsgefahr für andere Personen, erklärte das OLG und wies den Strafantrag zurück. Die Staatsanwaltschaft hätte ein medizinisches Gutachten über die konkrete Virenlast beim Angeklagten einholen müssen.

Vorsatz und Fahrlässigkeit strafbar

Das Delikt der Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten kann sowohl fahrlässig als auch vorsätzlich begangen werden. Eine "Gefährdung" reicht aus. Es ist für die Strafbarkeit also nicht erforderlich, dass tatsächlich jemand angesteckt wird. Der Tatbestand ist aber nur dann erfüllt, wenn betroffene Personen mit einer anzeige- oder meldepflichtigen Krankheit infiziert sind. Dazu zählen neben Covid-19 etwa auch Hepatitis und Aids. (Jakob Pflügl, 25.5.2021)