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In Peking versucht man offenbar, die kryptischen Rosinen rauszupicken.

Foto: REUTERS/Dado Ruvic

Peking – Wer auf Profite mit Kryptowährungen aus ist, braucht dieser Tage wieder gute Nerven. Die Kurse fahren wieder einmal Achterbahn, allen voran jener des Bitcoins. Nach einem Kurseinbruch auf unter 30.000 Dollar Ende vergangener Woche ging er zu Wochenbeginn wieder auf fast 40.000 Dollar hinauf. Erholt sich der Bitcoin, erholen sich zumeist auch viele andere Krypto-Assets am Markt. Das lässt sich seit langer Zeit beobachten. Daten der Website Coinmarketcap zeigen überdies, dass sogenannte Krypto-Wale, jene mit mehr als 10.000 Bitcoins in der Wallet, fest nachgekauft haben – wenig verwunderlich bei dem Preis.

Nicht ganz unwesentlich dürften für den Preisrutsch die aktuellen Entwicklungen in China sein, dort wurde nämlich mit schärferer Regulierung gedroht. Man wolle nun stärker gegen das Mining vorgehen und außerdem Banken und anderen Institutionen Transaktionen mit Kryptowährungen verbieten. Eigentlich war das eine Nichtmeldung. Denn genau das ist in China schon seit 2017 verboten. Dennoch kündigten einige Firmen der Branche am Montag an, ihr Geschäft in der Volksrepublik einzustellen. Für viele ohnehin schon verängstigte Anleger hieß das: sofort verkaufen. Kursrutsch.

Komplexes Verhältnis

Pekings Verhältnis zu Bitcoin ist komplex. Einerseits ist eine dezentrale, nicht zensier- und kontrollierbare Währung der kommunistischen Partei Chinas ein Gräuel. Mit dem digitalen Yuan will Peking genau das Gegenteil erreichen: völlige Überwachung und Durchleuchtung aller Transaktionen. Trotzdem aber duldet Peking seit Jahren das Mining. Auch der Handel ist nicht völlig verboten.

Zwar können Chinesen nicht wie sonst auf der Welt auf einer Kryptobörse Yuan gegen Bitcoin tauschen. Dafür aber finden zahlreiche sogenannte Over-the-Counter-Geschäfte (OTC) statt, die geduldet werden. Das deutet eher daraufhin, dass man in Peking das Potenzial von Bitcoin erkannt hat, wenn es darum geht, dem US-Dollar seinen Status als Leitwährung streitig zu machen. Spekulationsblasen, deren Platzen zu Unruhen führt (wie zuletzt im Sommer 2015), will man dagegen verhindern. Vermutlich zielen die Äußerungen auch genau darauf ab.

Regulierungen

"Außerdem haben Regulierungen den Vorteil, dass die Regierung Kryptogewinne besteuern kann", sagt Alyssa Tsai, Gründerin von Panony, einem Medien- und Beratungsunternehmen, spezialisiert auf Blockchain-Technologie und Kryptos, in Taipeh. Wie die Äußerungen von Vizepremier Liu He implementiert werden, müsse man sehen. Eines aber sei sicher: "Da China Kohleenergie verringern will, dürfte das Geschäft für manche Miner unrentabel werden. Viele denken deswegen darüber nach, China zu verlassen".

Das Mining-Geschäft lohnt sich dort am meisten, wo der Strom am billigsten ist. Da die chinesische Regierung Energie stark subventioniert, haben sich mittlerweile rund 60 Prozent aller Miner in China angesiedelt. Das Problem: Während im Sommer viele Miner umweltfreundliche Wasserkraft nutzen, ist es im Winter oft Strom, der aus billigen Kohlekraftwerken gewonnen wird.

Hoher Energieverbrauch

Tatsächlich verbraucht das Mining viel Energie – derzeit etwa so viel wie die Niederlande. Ganz fair ist der Vorwurf trotzdem nicht: Denn Bitcoin ist zunächst eine Technologie, und die brauchen immer Energie. Woher der Strom stammt – ob aus dreckiger Kohle oder sauberer Windkraft –, entscheidet nicht die Technologie, sondern Regierungen.

Doch in dem durch Spekulanten massiv überhitzten Markt genügt manchmal ein Tweet von Leuten wie Elon Musk, um wilde Kursrallys zu verursachen. So löste Musk vor zwei Wochen den ersten Kursrutsch aus, als er twitterte, Bitcoin sei ineffizient und umweltschädlich. Nun steuert er offenbar gegen. Er teilte mit, sich mit führenden Bitcoin-Minern aus Nordamerika getroffen zu haben. Diese hätten sich dazu verpflichtet, ihre derzeitige und geplante Nutzung von erneuerbaren Energien offen zu legen.

In der Vergangenheit hatten Äußerungen von Musk schon wiederholt für Preisturbulenzen gesorgt. Tesla hat nach eigenen Angaben Milliarden Dollar in Bitcoin investiert und damit die Bitcoin-Rally in den vergangenen Monaten mitbefeuert. Außerdem nahm der Elektroauto-Bauer die Digitalwährung zeitweise als Zahlungsmittel an. Mitte Mai hatte Musk dann aber erklärt, dass Tesla aufgrund des hohen Energieverbrauchs während der Bitcoin-Herstellung kein Bitcoin mehr akzeptieren werde. (Andreas Danzer, Philipp Mattheis aus Peking, 26.5.2021)