Das Seilbahnunglück am Lago Maggiore kostete 14 Menschen das Leben.

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Wien – Die Ermittlungen rund um das Seilbahnunglück am Lago Maggiore am Sonntag mit 14 Todesopfern laufen auf Hochtouren. Die zuständige Staatsanwältin der Stadt Verbania am Lago Maggiore, Olimpia Bossi, prüfte das Video einer Überwachungskamera, das den Unfall zeigt. Darauf sei zu sehen, wie sich die Gondel am Sonntag kurz vor der Bergstation am Monte Mottarone befunden habe, als plötzlich ein Seil riss und die Kabine aus einer Höhe von 54 Meter abstürzte.

Danach sei die Kabine noch einige Dutzend Meter den Hang heruntergerollt, bis sie von einigen Bäumen gebremst wurde, berichteten die Ermittler. Sie stellten fest, dass es am Samstag, einen Tag vor dem Unglück, zu einer halbstündigen Unterbrechung des Bahnbetriebs gekommen war. Noch unklar ist, ob diese Unterbrechung mit dem Unfall zusammenhängt. Ermittelt wird zudem, weshalb das Notbremssystem nicht funktioniert hatte.

Ermittlungen gegen Personal

Die Staatsanwaltschaft hat deshalb auch Ermittlungen gegen einige Bedienstete der Betreibergesellschaft der Seilbahn Stresa-Mottarone aufgenommen. Vermutet wird ein menschlicher Fehler hinter dem Unglück. Der Verdacht lautet auf Fahrlässigkeit. Einige Bedienstete wurden von den Ermittlern im Beisein ihrer Anwälte vernommen, berichteten italienische Medien.

Der Betreibergesellschaft zufolge war die Notbremse der Seilbahn erst Anfang des Monats zuletzt gewartet worden, eine Notfallübung mit einem simulierten Kabel-Riss und Notbremsenaktivierung sei im Dezember erfolgreich verlaufen.

Nach dem Absturz ist die Kabine noch einige Dutzend Meter den Gang heruntergerollt.
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Wartung zeigte "keine Unregelmäßigkeiten"

Das bestätigte auch das Südtiroler Unternehmen Leitner, das gemäß einem Wartungsvertrag die Kontrollen durchführt. Einer Mitteilung der Firma zufolge sei zuletzt am 3. Mai dieses Jahres die hydraulische Bremsanlage der Fahrzeuge gewartet worden. Bei der letzten magnetinduktiven Seilprüfung im November 2020 seien "keine Unregelmäßigkeiten" festgestellt worden. Die täglichen und wöchentlichen Kontrollen liegen laut Leitner in der Verantwortung der Betreibergesellschaft Ferrovie del Mottarone.

Bub als einziger Überlebender

Bei dem Unglück nahe dem Ort Stresa westlich des Lago Maggiore starben am Sonntag 13 Menschen – Italiener und eine israelische Familie – noch an der Unfallstelle. Zwei schwer verletzte Kinder wurden per Rettungshubschrauber in eine Klinik in Turin geflogen, wobei eines der Kinder noch am Abend starb. Nur ein kleiner Bub, der bei dem Unglück seine Eltern verlor, überlebte.

Zumindest hier gibt es eine positive Nachricht: Der Gesundheitszustand des Fünfjährigen verbessert sich. Untersuchungen ergaben, dass das Kind keine Hirnschäden erlitten hat. Noch am Dienstag soll der Bub aus dem künstlichen Koma geholt werden, so die Ärzte aus dem Turiner Krankenhaus "Regina Margherita", wo das Kind liegt.

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Der Fünfjährige sei zwar noch nicht außer Gefahr, die Ärzte erklärten sich jedoch zuversichtlich, berichteten italienische Medien. Beim Unglück kamen seine beiden Elternteile, die Großeltern und sein zweijähriger Bruder ums Leben. Die israelische Familie lebte in der lombardischen Stadt Pavia. Die Särge mit den fünf israelischen Opfern sollen am Mittwoch nach Israel geflogen werden, wo eine Trauerzeremonie geplant ist.

Trauer im Vatikan

Im Vatikan gedachte man den Opfern des Unglücks. Papst Franziskus trauerte um die 14 Toten und sprach deren Familien "Nähe und herzliches Beileid" aus. Der Papst denke mit Rührung an so viele Leben, die auf tragische Weise zerbrochen sind, hieß es in einer Nachricht an den Bischof der piemontesischen Stadt Novara, zu deren Diözese die Kleinstadt Stresa gehört. In dem Schreiben stand weiter auch, dass der Papst für den überlebenden Bub, der in einem Krankenhaus in Turin um sein Leben kämpft, betet.

Giro reagiert

Auch die Veranstalter der Rad-Rundfahrt Giro d'Italia reagierten auf den Unfall. Ursprünglich sollte die 19. Etappe am Freitag über den Monte Mottarone führen. Darauf wird nun als Zeichen des Respekts vor den 14 Opfern verzichtet. Die neue Route sei 166 Kilometer lang und der Start solle im Ort Abbiategrasso, westlich von Mailand erfolgen, hieß es nun. (APA, 25.5.2021)