Bei der Bekämpfung der Klimakrise will die Wien Energie noch stärker als bisher schon auf Photovoltaik setzen. Auf den Dächern sollen aber auch Wärmepumpen installiert werden.

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Wien soll in Befolgung europäischer wie nationaler Vorgaben bis 2040 klimaneutral werden. Auf den Energieversorger der Stadt, Wien Energie, kommt eine Mammutaufgabe zu. Neben zusätzlichen erneuerbaren Erzeugungskapazitäten – insbesondere Photovoltaik (PV) – geht es vor allem um das Hinausdrängen fossiler Energien aus der Raumwärme. Doch wie und durch was sollen etwa Gasthermen ersetzt werden?

"Wir haben als größter Energieversorger Österreichs eine besondere Verantwortung", gibt sich Michael Strebl, Sprecher der Geschäftsleitung von Wien Energie, im STANDARD-Gespräch konstruktiv. "Wir haben eine interne Analyse gemacht und ein Konzeptpapier erstellt. Das Ziel, Klimaneutralität herzustellen, können wir erreichen, wenn alle an einem Strang ziehen."

Raus aus Gas herausfordernd

Raus aus dem Gas sei die größte unter den großen Herausforderungen. Ein Stufenplan soll helfen. Wo derzeit mit Gas geheizt wird und parallel eine Fernwärmeleitung verläuft, wird tunlichst auf Fernwärme umgestellt. Ist diese außer Reichweite, wird der Einsatz von Wärmepumpen forciert. Wie das geht?

Indem Wärmepumpen auf dem Dach installiert werden, Warmwasser über Rohre durch den Kamin geleitet und verteilt wird. Strebl: "Niemand will, dass in der Wohnung gestemmt wird und Leitungen womöglich über Parkettböden zu den Heizkörpern geführt werden."

Michael Strebl, Sprecher der Geschäftsleitung von Wien Energie.
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Das am Dach erhitzte Wasser lande genau an dem Punkt in der Wohnung, von wo aus die Wärme jetzt schon verteilt wird – nahe dem Kamin, wo die Gastherme hängt. Die komme dann weg.

Sollten noch Wohnungen übrig bleiben, die weder auf Fernwärme noch auf Wärmeversorgung mittels Wärmepumpe umgerüstet werden können, soll als letzte Option grünes Gas zum Einsatz kommen. Grünes Gas ist Biogas aus landwirtschaftlichen Abfällen, aber auch Wasserstoff, der aus Wind- und Solarenergie gewonnen wird. Es ist klimaneutral, weil bei der Verbrennung nicht mehr CO2 freigesetzt wird, als der Atmosphäre zuvor entnommen wurde. Grünes Gas sei zum Heizen "fast zu schade", sagt Strebl. "Es gehört in den Schwerverkehr, wo man mit Elektromobilität an Grenzen stößt; es gehört in die Industrie, wo hohe Temperaturen verlangt werden, und in Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung."

Hoher Anteil von Gasheizungen

Wie in Österreich geheizt wird, zeigen Zahlen der Statistik Austria. Vor Corona lag die Fernwärme mit einem Anteil von 28,60 Prozent an der Spitze, gefolgt von Gas- (23,50 Prozent) und Holzheizungen (19 Prozent), knapp dahinter Ölheizungen mit 16 Prozent. Das am seltensten eingesetzte Heizungssystem war 2019 die Kohleheizung (0,20 Prozent).

Wien ist auch beim Heizen anders. Fernwärme und Erdgas liegen mit einem Anteil von 45 Prozent gleichauf, gefolgt von Strom mit knapp sechs Prozent. Ölheizungen in Neubauten sind seit 2020 österreichweit verboten, Gasheizungen sollen ab 2025 nicht mehr eingebaut werden. Für die Förderungsaktion "Raus aus Öl und Gas" inklusive Sanierungsoffensive hat die Bundesregierung für Haushalte und Betriebe 2021 und 2022 insgesamt 650 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Geothermie im Osten Wiens

Angasen will Wien Energie auch bei der Nutzung von Abwärme und dem weiteren Ausbau der Fernwärme. 1200 Kilometer umfasst das Netz, es ist damit jetzt schon eines der größten in Europa. 420.000 Haushalte und 7600 Gewerbe- sowie Großkunden werden auf diesem Weg mit Wärme versorgt. Nach dem misslungenen Versuch in der Seestadt Aspern sucht Wien Energie jetzt erneut ihr Glück in der Geothermie – diesmal mit der OMV als Partner. Statt in Aspern soll nun im Aderklaaer Gesteinskonglomerat im Osten von Wien nach heißem Wasser gebohrt werden.

Strebl spricht von "guten Fortschritten", man befinde sich in der Analysephase und bereite die nächsten Schritte vor. Zur Jahreswende 2021/22 soll die erste Probebohrung erfolgen. Kostenpunkt: "Ein niedriger einstelliger Millionen-Euro-Betrag". In einem ersten Schritt könnte Wärme für rund 130.000 Haushalte realisiert werden. Das hat laut Strebl eine Potenzialanalyse ergeben. Wien sei, was Geothermie betrifft, in einer Gunstlage. Nur Paris und München hätten ähnlich gute Voraussetzungen mit warmem Wasser im Boden und einem Fernwärmenetz ganz nah dran. Auch wenn das Wasser nur 95 Grad haben sollte, könnte man das durch die Fortschritte in der Wärmepumpentechnologie nutzen und auf die erforderlichen 120 Grad bringen. (Günther Strobl, 26.5.2021)