Vertreter der Bürgerliste Dialog lebenswertes Altaussee befürchten Massentourismus und eine zusätzliche Verbauung des kleinen Skigebiets.

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Der Plan für eine neue Gondelbahn auf den Loser in Altaussee.

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Oberhalb des Grundlsees entstehen 34 Chalets.

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In der steirischen Gemeinde Grundlsee fahren schwere Baumaschinen und Bagger auf, "Narzissendorf Zloam" heißt dort ein neues Immobilienprojekt. 34 neue Chalets "im traditionellen Ausseer Stil" verspricht der Projektleiter. Solche Chaletdörfer boomen, meist werden sie direkt in der Nähe eines Sees oder an einer Skipiste gebaut, Zielgruppe: wohlhabende Menschen, meist aus dem Ausland, die sich den Traum von einer Luxusimmobilie im sicheren Österreich in den Bergen oder am Wasser leisten können. Dabei geht es meist nicht darum, dort selbst zu wohnen. Diese Apartmentanlagen werden oft als gewinnbringende Investitionen, die hohe Renditen versprechen, verkauft.

Für den ORF-"Schauplatz" hat Reporterin Nora Zoglauer immer wieder über solche Projekte berichtet, für ihre Sendungen war sie bisher etwa in Kitzbühel, am Wörthersee, in Haus im Ennstal oder auch im Oberpinzgau unterwegs. In "Betongold im Ausseerland" – zu sehen am Donnerstag, 21.05 Uhr, in ORF 2 – ist sie in der Steiermark unterwegs.

Anonyme Zuschriften

"Ich könnte wöchentlich eine Sendung füllen", sagt Zoglauer, bei den Einheimischen regt sich immer mehr Widerstand. E-Mails von Menschen, die sich gegen diesen Ausverkauf wehren, bekomme sie aus ganz Österreich. Meist anonym. Zoglauer: "Meist handelt es sich um kleine Ortschaften. Da kennt jeder jeden. Die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen haben dort Macht, die Menschen befürchten, dass es für sie Nachteile bringt, wenn sie sich öffentlich gegen die Linie des Bürgermeisters stellen. Es gibt nur wenige, die sich trauen, sich öffentlich zu äußern."

Auch Bad Mitterndorf ist bei Immobilienentwicklern sehr begehrt. Gleich bei der Ortseinfahrt soll das Holländerprojekt Montana gebaut werden und auf dem Gelände eines ehemaligen Sägewerks ein Chaletdorf entstehen. Sehr zum Ärger des Nachbarn, Bildhauer Ferdinand Böhme lebt seit 25 Jahren hier. Der Skulpturenkünstler hätte der Gemeinde das Grundstück gerne abgekauft, den Zuschlag bekam aber ein Investor. Böhme hat den Eindruck, dass großen Immobilienentwicklern seitens der Gemeinde der rote Teppich ausgelegt wird. Eine von ihm organisierte Petition gegen das Projekt haben mehr als 1.000 Menschen unterschrieben.

Für die Sendung war Nora Zoglauer auch in der kleinen Ortschaft Öblarn unterwegs. Statt des Traditionswirtshauses Bäck'n Hansl im Zentrum soll bald ein großer Apartmentblock entstehen. Und am Loser will Unternehmer Hannes Androsch eine Gondelbahn und eine neue Straße bauen, um schneller zum Berg zu gelangen. Auch dort regt sich Widerstand. Eine neue Straße samt neuer Seilbahn werde den Ort endgültig zu einer ersten Adresse für Massentourismus machen. Nur wenige in der Region würden von dieser Entwicklung profitieren, so eine Gruppe von Einheimischen.

Interview mit Investor abgesagt

Die Corona-Krise habe Investments in Betongold massiv verstärkt. Der Druck sei gestiegen, Projekte würden extrem schnell durchgewunken. "Durch die Lockdowns haben sich die Menschen auch nicht so gut vernetzen können", sagt Zoglauer. Sie hätte gern mit dem holländischen Investor in Bad Mitterndorf über seine Projekte gesprochen, "aber er hat mir ein paar Stunden vor einem fixen Interviewtermin abgesagt", auch schriftliche Anfragen blieben laut Zoglauer unbeantwortet.

Bei all diesen Projekten argumentieren Bürgermeister oft mit mehr Wertschöpfung für ihre Gemeinde. "Im Großen und Ganzen bringen Immobilienanlagen den Orten gar nichts. Das ist eine Mär", so Zoglauer. Langfristig hätten diese Investmentprojekte negative Auswirkungen. "Familienbetrieben wird mit dieser Konkurrenz das Wasser abgegraben, die Einheimischen können hier nicht mehr mitziehen. Und die Jungen ziehen weg, weil sie sich die Immobilienpreise nicht mehr leisten können."

"Klingt nach Piefke-Saga"

Zoglauer: "Dieses Buy-to-let-Modell ist wie ein Geschwür. Im Vorfeld wird filetiert und verkauft an mehrere Menschen aus dem Ausland. Ein Zweitwohnsitz für sie ist dann im Nachhinein möglich." Bürgermeister seien mit der komplizierten Materie Raumordnung auch oft überfordert.

Zoglauer: "Oft geraten sie sehr unter Druck durch Investoren, die ihr Projekt durchbringen wollen und den Bürgermeistern auf die Füße steigen." Es sei überall dasselbe Schema, die aktuelle Sendung über umstrittene Immobilienprojekte in der Steiermark wird auch nicht ihre letzte zu diesem Thema sein, geplant und gebaut werden diese Touristenhütten in vielen österreichischen Regionen. "Das Unwort des Jahres ist für mich Chalet. Oder Townhouses und Lodges", sagt Zoglauer, "das klingt für mich nach Piefke-Saga." (Astrid Ebenführer, 27.5.2021)