Drei Corona-Tests pro Woche absolvieren Kinder und Jugendliche derzeit vor Schulbeginn.

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Beim Sprechen und Singen verbreiten Kinder viel weniger für eine Corona-Übertragung relevanten Aerosole als Erwachsene. Das hat eine Untersuchung der Berliner Charité und der TU Berlin ergeben. "Kinder im Grundschulalter emittierten beim Sprechen eine Anzahl von Partikeln in der Größenordnung wie Erwachsene beim Atmen, und beim Singen emittierten sie ähnlich viele Partikel wie Erwachsene beim Sprechen", sagte der Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie der Charité, Dirk Mürbe, der Deutschen Presseagentur.

Wie viele Aerosole beim Reden ausgestoßen werden, hängt laut den Wissenschaftern stark von der Lautstärke ab. Die Untersuchung könnte für weitere Sicherheitsmaßnahmen in den Schulen relevant werden.

Hygienekonzepte für Schulen

In Österreich sind derzeit wieder alle Kinder und Jugendlichen in den Schulen – allerdings mit umfassenden Hygienerichtlinien. Das Bildungsministerium hat dazu Ende April seine Leitlinien aktualisiert. Allem voran gilt: zu Hause bleiben bei fieberhaften Erkrankungen.

Aber auch wenn man sich gut fühlt, sollten alle Personen sich unmittelbar nach Betreten der Einrichtung und mehrmals täglich die Hände waschen, Abstand halten dort, wo es möglich ist, sowie beim Husten oder Niesen Mund und Nase bedecken, Taschentücher sollen sofort entsorgt werden. Außerdem soll auf regelmäßiges Lüften der Schulräume gesetzt werden – auch während des Unterrichts –, um die Viruskonzentration und damit die Wahrscheinlichkeit einer Infektion zu senken.

In Mittelschulen und AHS-Unterstufen tragen Schülerinnen und Schüler im gesamten Schulgebäude einen Mund-Nasen-Schutz. In Volks- und Sonderschulen gilt die MNS-Pflicht für Schülerinnen und Schüler nur außerhalb der Klassen- und Gruppenräume. Jugendliche ab der 9. Schulstufe tragen FFP2-Masken. Regelmäßige Maskenpausen sind vorzusehen. Außerdem müssen die Kinder alle zwei Tage einen Antigenschnelltest absolvieren.

Raumgröße und Dauer relevant

Laut Mürbe sind je nach den äußeren Faktoren wie der Größe des Raums, der Anzahl und Aufenthaltsdauer der Kinder sowie den Lüftungskonzepten in den Schulen mehr Lockerungen möglich als bisher praktiziert: "Die geringere Anzahl der ausgestoßenen Aerosole und die Verfügbarkeit von Testkonzepten führen zu einer differenzierteren Bewertung der Infektionsgefahr und zu besseren Rahmenbedingungen im Unterricht und im außerschulischen Bereich", betonte der Phoniater. Das bedeute aber nicht, dass Schulunterricht oder Kinderchorproben und Co unabhängig von der Infektionslage und ohne Beschränkungen stattfinden können.

Bisher fokussierten sich Untersuchungen zum Ausstoß von Aerosolen auf Erwachsene. Mürbe zufolge wurden sie nun erstmals bei acht- bis zehnjährigen Grundschülern mittels Laserpartikelzähler in einem Reinraum gemessen. Untersucht wurde der Ausstoß bei 15 Mädchen und Buben des Staats- und Domchors Berlin und des Mädchenchors der Singakademie Berlin. Bei den Kindern wurden Emissionsstärken unter anderem bei Ruheatmung, Sprechen, Singen und Rufen bestimmt und mit den Werten von 15 Erwachsenen verglichen. Die Ergebnisse wurden bisher noch nicht in einer Fachzeitschrift veröffentlicht.

Weniger Viruslast gefunden

Abseits von räumlichen und sozialen Gegebenheiten können verschiedene Menschen aber auch unterschiedlich stark ansteckend sein oder Viruspartikel über einen kurzen oder langen Zeitraum ausscheiden. Das ergab eine Studie, die die Charité diese Woche veröffentlichte. Ein Team unter Leitung von Christian Drosten, dem Direktor des Instituts für Virologie der Charité und Wissenschafter des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung, untersuchte, ob bestimmte Personengruppen potenziell mehr oder weniger ansteckend sind, und ermittelte für mehr als 25.000 Corona-Fälle die Viruslast. Diese ergibt sich aus der Anzahl der Erbgutkopien von Sars-CoV-2 in der PCR-Probe. Die Erbgutkopien lassen Voraussagen über deren potenzielle Infektiosität zu.

Die Analyse nach Altersgruppen zeigte zwar kaum Unterschiede in der Viruslast bei Infizierten zwischen 20 und 65 Jahren (im Schnitt enthielten deren Rachenabstriche rund 2,5 Millionen Kopien des Sars-CoV-2-Erbguts). In den Proben der jüngsten Kinder bis fünf Jahre lagen mit rund 800.000 Erbgutkopien jedoch die niedrigsten Viruslasten vor. Bei älteren Kindern und Jugendlichen glichen sich die Werte mit steigendem Alter denen der Erwachsenen an. "Die Viruslast-Unterschiede bei den jüngsten Kindern liegen gerade noch unterhalb der Grenze dessen, was man als klinisch relevant betrachten würde", betonte Drosten. "Darüber hinaus muss man verstehen, wie die Werte zustande kommen, und dies korrigierend einbeziehen."

Frage des Abstrichs

Denn: Bei Kindern würden zur Probeentnahme deutlich kleinere Abstrichtupfer eingesetzt, die weniger als halb so viel Probenmaterial für die PCR-Testung erwischen. Zudem werden bei ihnen statt der unangenehm tiefen Nasenrachenabstriche oft nur einfache Rachenabstriche gemacht, in denen sich weniger Virus findet. Die Abschätzung der Infektiositätsrate in Laborproben ergab für die jüngsten Kinder (null bis fünf Jahre) trotzdem etwa 80 Prozent des Werts von Erwachsenen. "Und auch diese datenbasierten Schätzungen der Infektiosität muss man noch mal nach oben korrigieren wegen der unterschiedlichen Probennahme bei Kindern. All dies fließt in eine klinisch-virologische Bewertung ein. Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien", sagte Drosten. (APA, ook, 26.5.2021)