Die Österreichische Post errechnete anhand statistischer Daten die Parteipräferenzen ihrer Kunden.

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Der Datenskandal bei der Post schlug Anfang 2019 hohe Wellen: Das Unternehmen hatte die Parteipräferenzen seiner Kunden eingeschätzt und die Informationen weiterverkauft. Seither laufen mehrere zivilrechtliche Verfahren. Betroffene versuchten Geldersatz zu bekommen, scheiterten aber mitunter daran, dass sie keinen Schaden nachweisen konnten. Die Klage eines Rechtsanwalts wird nun ein Fall für den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Er soll entscheiden, unter welchen Voraussetzungen nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Schadenersatz gebührt (OGH 15.4.2021, 6 Ob 35/21x).

"Hohe Affinität zur FPÖ"

Die Post hatte seit 2017 Informationen zu den Parteiaffinitäten der gesamten österreichischen Bevölkerung gesammelt. Dafür kombinierte sie Umfragen von Meinungsforschungsinstituten mit Statistiken aus Wahlergebnissen. Ziel war, werbetreibenden Kunden den Versand personalisierter Werbung zu ermöglichen.

Ein Anwalt, der wie zahllose andere Betroffene keine Einwilligung zur Datenverarbeitung erteilt hatte, klagte auf Unterlassung und auf Ersatz eines immateriellen Schadens in der Höhe von 1.000 Euro. Die Post habe ihm eine "hohe Affinität zur FPÖ" zugeschrieben. Ein "Sympathisieren mit Parteien des rechten Randes" liege ihm allerdings fern. Er erachte die ihm zugeordnete Parteiaffinität daher als "eine Beleidigung" und "im höchsten Maß kreditschädigend".

Anspruch auf Schadenersatz fraglich

Die österreichischen Gerichte bestätigten den Unterlassungsanspruch des Anwalts, verneinten allerdings einen Schadenersatz. Denn: Die Daten des Klägers seien im konkreten Fall nicht weitergegeben oder veröffentlicht worden. "Wenngleich jeder Datenschutzverstoß zumindest kurzzeitig negative Gedanken beim Betroffenen hervorrufe, geht nicht automatisch mit jedem Verstoß ein immaterieller Schaden einher", erklärte das Berufungsgericht.

Auch der OGH bestätigte den Unterlassungsanspruch des Anwalts gegen die Post. In Sachen Schadenersatz ist nun der Europäischen Gerichtshof am Zug: Das europäische Höchstgericht soll entscheiden, ob für einen Ersatzanspruch die Verletzung von Bestimmungen der DSGVO ausreicht, oder ob der Kläger auch einen Schaden erlitten haben muss. Darüber hinaus will der OGH vom EuGH wissen, unter welchen Voraussetzungen der Ersatz für immaterielle Schäden zugesprochen werden kann. Selbst wenn geringfügige ideelle Nachteile als ersatzfähig angesehen werden, müsse man diese von "unbeachtlichen Unannehmlichkeiten" abgrenzen, erklärte das österreichische Höchstgericht.

Weiteres Verfahren offen

Erst vor wenigen Monaten hatte sich der OGH in einem ähnlichen Verfahren an den EuGH gewandt. Ein Wiener Arzt wollte von der Post wissen, an wen genau seine Daten verkauft wurden. Der EuGH soll nun klären, ob der konkrete Empfänger offengelegt werden muss oder die Bekanntgabe von allgemeinen Empfängerkategorien ausreicht.

Im Jänner 2019 hatte die Rechercheplattform "Addendum" die Geschäftspraxis der Post bekanntgemacht. Das Unternehmen kündigte an, alle Daten zur Parteiaffinität zu löschen. Die 18 Millionen Euro Strafe, die die Datenschutzbehörde daraufhin gegen die Post verhängte, wurde im vergangenen Dezember wegen eines Formalfehlers vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. (Jakob Pflügl, 27.5.2021)