WKStA: Diese fünf Buchstaben lösen in der heimischen Politik Emotionen aus. Kaum jemand hat keine gefestigte Meinung zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die einen setzen ihre politischen Hoffnungen in sie und erwarten sehnsüchtig den großen Ermittlungsdurchbruch gegen die türkise Führungsriege. Die anderen, teilweise auch innerhalb der Justiz, sehen eine übermütige Staatsanwaltschaft, die politisch agiert und sich auf den Kanzler eingeschossen hat.

Beides ist falsch und schadet dem Rechtsstaat. Die Debatte über die Ermittlungen der WKStA und ihre Staatsanwälte ist politisch so aufgeladen, dass man leicht Grundprinzipien aus den Augen verlieren kann. Zunächst: Die WKStA ist eine Staatsanwaltschaft, die Verdachtsmomenten nachgehen muss. In der polarisierten politischen Stimmung wird sie mit Hinweisen überhäuft; die anonym eingebracht werden können. Sind diese konkret und detailliert, muss ermittelt werden.

Kaum jemand hat keine gefestigte Meinung zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.
Foto: Matthias Cremer

Würde die WKStA diese Verdachtsmomente ignorieren, weil sie sich denkt: "Wir ermitteln ohnehin schon gegen so viele ÖVP-Politiker", dann wäre das Amtsmissbrauch. Dasselbe gilt für aufsehenerregende Ermittlungsschritte: Ist eine Hausdurchsuchung ermittlungstaktisch notwendig, kann und darf die WKStA nicht über deren politische Konsequenzen nachdenken.

Grenze zwischen Kritik und Drohung

Ein zweiter Punkt: Jeder Beschuldigte und seine Unterstützer haben das Recht, die WKStA zu kritisieren. Keine Behörde darf in Österreich sakrosankt sein; selbst die Entscheidungen unabhängiger Gerichte kann man natürlich hinterfragen. Allerdings stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen Kritik und Drohung liegt. Hier hat die ÖVP mit ihren "Reformvorschlägen" nach der Blümel-Hausdurchsuchung einige rote Linien überschritten. Sich aber, so wie der Kanzler, als Beschuldigter auch medial verteidigen zu können, ist ein wichtiges Recht.

Drittens: Gerade bei heiklen Verfahren gegen die Spitzen der Republik wäre es wichtig, dass die Arbeit der WKStA engmaschig beaufsichtigt wird. Die Dienst- und Fachaufsicht hätte den Sinn, die Staatsanwälte zu unterstützen, zu beraten und ihnen den Rücken zu stärken. Allerdings ist das Vertrauen zwischen der WKStA und ihren direkten Vorgesetzten zerstört. Natürlich sind die Korruptionsermittler aufmüpfig und selbstbewusst. Was sie im U-Ausschuss erzählen, lässt allerdings Alarmglocken läuten: Eine Dienstaufsichtsprüfung nach den Ermittlungen gegen den Kanzler zu veranlassen, obwohl alle Regeln eingehalten wurden, ist ein starkes Stück. Wenn es stimmt, dass Vorgesetzte Dossiers über WKStA-Staatsanwälte angelegt haben, ist endgültig Feuer am Dach.

Justizministerin Alma Zadić hat eine schwierige Situation zu bewältigen: Die Lösung dieser Konflikte während derart heikler Ermittlungen ist wie eine Operation am offenen Herzen. Bisher verfolgt Zadić eine Politik der kleinen Schritte, doch jede noch so behutsame Änderung schlägt große Wellen. Unklar ist, inwiefern ihr Koalitionspartner über die Beamtenschaft intrigiert. Es ist nicht nur brisant, dass der suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek die ÖVP offenbar bei einer parlamentarischen Anfrage gegen Zadić, seine Chefin, beraten hat – es ist auch skandalös, dass sich die ÖVP von ihm beraten ließ. Doch eines ist sicher: Auch die nächsten Monate wird es in der Justiz nicht ruhiger werden. (Fabian Schmid, 26.5.2021)