Eine Mitarbeiterin im Finanzministerium sagt aus, dass das Kabinett von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) für die hohe Geheimhaltungsstufe von Akten verantwortlich gewesen sei.

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Wien – Das Kabinett von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) soll für die hohe Geheimhaltungsstufe von Akten, die laut Verfassungsgerichtshof (VfGH) an den Ibiza-Untersuchungsausschuss geliefert werden mussten, verantwortlich sein. Das sagte eine Mitarbeiterin im Verbindungsdienst des Ressorts, die am Mittwoch als Auskunftsperson geladen war. Auch die Anweisung, die geforderten Unterlagen als Papier-Ausdrucke zu liefern, soll von derselben Stelle gekommen sein.

Mitarbeiterin: Verantwortung lag im Kabinett

Die Mitarbeiterin im Finanzministerium ist unter anderem dafür zuständig, Gesetzesvorlagen ans Parlament zu übermitteln. Inhaltliche Zuständigkeit habe sie aber nicht, betonte sie gleich zu Beginn ihrer Befragung, die nach einer Pause wegen der Nationalratssondersitzung erst am späten Nachmittag begonnen hatte. Daher habe sie auch nicht hinterfragt, warum etwa die Glücksspielnovelle nach nur wenigen Tagen zurückgezogen worden sei.

Interessant für die Opposition war erwartungsgemäß die Frage nach der Übermittlung der Akten aus dem Finanzministerium nach einem entsprechenden Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Dass ausgerechnet Ausdrucke auf Papier anstelle digitaler Dateien ans Parlament geschickt wurden, habe sie nicht selbst veranlasst, sagte die Auskunftsperson, sondern "veranlasst hat es das Kabinett, ausgedruckt habe es ich". Auch die Entscheidung für die anfänglich hohe Klassifizierung mit der Stufe 3 ("geheim") sei im Kabinett getroffen worden.

Zudem berichtete die Auskunftsperson, dass die Akten für den Untersuchungsausschuss bereits Mitte März vorbereitet, ausgedruckt und anschließend gelagert worden waren. Es mussten auch noch Rechtsfragen geklärt werden. Der VfGH hatte erst Anfang Mai nach einer Beschwerde der Opposition eine Exekution bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Finanzministerium beantragt. Nach dieser Entscheidung sagte Blümel die sofortige Übermittlung zu.

Graf-Schenkungen im Fokus

Am Vormittag hatte der Ibiza-Untersuchungsausschuss die Schenkungen von Novomatic-Gründer Johann Graf unter die Lupe genommen. Geladen war dazu ein Beamter der Finanzstrafbehörde, der mit der Prüfung der Schenkungen, die von 2009 bis 2020 erfolgt sind, betraut ist. Anlass sind Ermittlungen der WKStA wegen Verdachts auf Abgabenhinterziehung, die im April des vergangen Jahres begonnen haben.

Der Beamte, der seit 1991 im Finanzdienst ist, erklärte am Mittwoch, dass er quasi als "Kriminalpolizei" für die WKStA fungiere, Herrin des Verfahrens sei aber die Anklagebehörde selbst. Nach wie vor sei dieses in der "Ermittlungsphase". Er könne daher auch keine Einschätzungen abgeben, ob der Vorwurf wahr ist oder nicht. Das wird das Gericht klären, erklärte er. Davor müsse noch die WKStA entscheiden, ob es überhaupt zur Anklage kommt.

Insgesamt stehen auf der Liste an die 160 Schenkungen. Diese wurden von der Finanz gesammelt und in digitaler Form archiviert. Als die WKStA bei ihm angefragt habe, habe er diese beim Finanzamt ausgehoben und übermittelt. Die Zusammenarbeit mit der WKStA bezeichnete er als kooperativ.

Einflussnahme von Novomatic-Vertretern oder von Politikern auf das Verfahren habe er nicht wahrgenommen. Er habe sich auch nie mit Politikern getroffen. Freilich habe er aber immer wieder Kontakt mit Anwälten der Beschuldigten oder mit den Beschuldigten selbst. Vereine, die aufgrund der Ibiza-Ermittlungen geprüft werden, liegen hingegen nicht in seiner Zuständigkeit. Diese werden vom Finanzamt überprüft, dort laufen die Betriebsprüfungen gegen Vereine.

Opposition bohrt nach

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer interessierte etwa, wieso die Finanz jahrelang weggesehen habe, "wenn jemand mehrere Millionen verschenkt hat". Auch wollte Krainer wissen, ob überprüft worden sei, ob dies nicht eine Umgehung von Steuern war. Ähnlich auch Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli: Die Schenkungsliste von Graf sei "keine Privatsache". Die Liste bezeichnete sie als bemerkenswert, befänden sich darauf doch auch "Organe, Stakeholder und Arbeitnehmer der Novomatic". Auch Tomaselli wollte wissen, warum das zuständige Finanzamt die Schenkungen lange nicht hinterfragt hat. Bei kleinen Unternehmen wäre dies "sehr wohl der Fall" gewesen, zeigte sie sich überzeugt.

Anders sah das ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Die "Schenkungen von Professor Graf" seien dessen gutes Recht, weil das Geld schon versteuert wurde. Hanger ortete darin "einmal mehr einen Beweis dafür", dass die Opposition permanent versucht, Korruption zu unterstellen.

Die Befragung des Beamten endete mit einem nicht medienöffentlichen Teil auf Antrag von FPÖ-Abgeordnetem Christian Ries (FPÖ). Dieser hatte nach anderen Aufträgen der WKStA an die Finanzstrafbehörde im Zusammenhang mit dem Verfahren gefragt. Etwa zur Klärung der Frage, ob auch Personen aus dem politiknahen Bereich unter den Beschenkten gewesen seien. Dies wollte der Beamte jedoch nur in einer vertraulichen Sitzung beantworten.

Treichl in nächster Sitzung

Die Befragung der Mitarbeiterin im Finanzministerium endete trotz oder auch wegen der für die Opposition ergiebigen Antworten schon recht früh. Die nächste Sitzung des U-Ausschusses findet am 8. Juni statt. Als Auskunftsperson ist unter anderem der Bankmanager Andreas Treichl geladen. (APA, 26.5.2021)