Zumindest ihrem Aussehen nach scheinen die beiden in Blau- und Türkistönen gehaltenen Planeten Neptun und Uranus ihrer Klassifizierung als "Eisriesen" alle Ehre zu machen. Gefrorenes im üblichen Sinn wird man auf diesen beiden Welten allerdings vergeblich suchen. Ihre dichten Atmosphären aus Wasserstoff, Helium, Methan (das für die Farben sorgt), Wasser und Ammoniak gehen mit zunehmender Tiefe, bei hohen Temperaturen und wachsendem Druck allmählich in einen überkritischen quasi-flüssigen Zustand über – also kein Eis, ja nicht einmal so etwas wie eine Oberfläche.

Die Eisriesen Uranus (links) und Neptun, beide hier von Voyager 2 aufgenommen, besitzen eigentlich keine Oberfläche.
Fotos: NASA/JPL-Caltech

Zumindest ein halber Eisplanet

Will man echte Eisplaneten, muss man über den Rand unseres Sonnensystems hinaus blicken. Trappist-1f wäre zum Beispiel ein Kandidat, oder zumindest ein halber: Der vor vier Jahren entdeckte etwa erdgroße Exoplanet in 39 Lichtjahren Entfernung zeigt seinem Heimatstern stets die selbe Seite. Die gute Nachricht ist, dass er den Roten Zwerg am äußeren Rand der lebensfreundlichen Zone umkreist. Aufgrund bisher gesammelter Daten wird spekuliert, dass es sich bei Trappist-1 f um eine Ozeanwelt handelt, deren sonnenabgewandte Seite von einer Eiskruste überzogen ist.

Was sich unter dem Eispanzer abspielen könnte, bleibt nicht allein Spekulationen überlassen. Moderne Laborexperimente erlauben Einblicke in die chemischen und physikalischen Prozesse unter den extremen Druck- und Temperatur-Bedingungen dieser fernen Welten. Eine vor allem für Astrobiologen interessante Frage ist etwa, ob es dort auch flüssiges Wasser geben könnte. Und wenn ja, was macht es mit dem planetaren "Meeresboden"?

Mehrere planetare Mitglieder des Trappist-1-Systems könnten lebensfreundliche Bedingungen besitzen. Trappist-1f bewegt sich am äußersten Rand der habitablen Zone.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech

Rätselhafte Grenzflächen

Die Mechanismen der Wechselwirkung zwischen Wasser und Gestein an der Erdoberfläche sind gut bekannt. Auch das Verständnis der komplexen Wasserkreisläufe im tiefen Inneren unseres und anderer terrestrischer Planeten wird immer besser. Wir wissen jedoch nicht, was an der Grenzfläche zwischen heißem, dichtem Wasser und der tiefen Gesteinshülle von Wassereisplaneten bei Drücken und Temperaturen passiert, die um tausende Male höher sind als am Boden der tiefsten Ozeane auf der Erde.

Antworten könnten nun Untersuchungen liefern, bei denen ein internationales Team um Taehyun Kim von der Yonsei-Universität in Seoul, Korea, diese extremen Bedingungen experimentell nachgebildet hat. Als simuliertes Gestein verwendeten die Forscher Ferropericlase (Mg,Fe)O oder Olivin (Mg,Fe)2SiO4. Winzige Kügelchen dieser Substanzen wurden zusammen mit Wasser in eine Probenkammer mit weniger als einen Millimeter Durchmesser gegeben und bei Drücken zwischen 20 und 40 Gigapascal (GPa) auf bis zu 2.000 Grad Celsius erhitzt.

Blick in einen wasserreichen Sub-Neptun- Eisplaneten.
Grafik: S. Speziale/ GFZ

Extreme Bedingungen

Dies entspricht dem 200.000- bis 400.000-fachen des Atmosphärendrucks auf der Erde, Bedingungen, wie sie in den tiefen Ozeanen an der Grenze zum Gestein der Sub-Neptun-Eisplaneten vorherrschen dürften. Mithilfe sogenannter Synchrotron-Röntgenbeugung beobachteten die Forscher den Beginn chemischer Reaktionen und die Auflösung der Magnesiumoxid-Komponente sowohl bei Ferropericlase als auch bei Olivin.

"Bei diesen extremen Drücken und Temperaturen erreicht die Löslichkeit von Magnesiumoxid in Wasser ähnliche Werte wie die von Salz bei Umgebungsbedingungen", erklärt Sergio Speziale vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, Koautor der im Fachjournal "Nature Astronomy" veröffentlichten Studie.

Neptun und Uranus

Diese Auflösung von Magnesiumoxid könnte bei erdähnlichen wasserreichen Exolaneten – wie etwa Trappist-1f, der eine entsprechende Größe und Zusammensetzung hat – Einfluss auf die Verteilung dieser Substanz am planetaren Meeresgrund haben und so vor allem in den frühen heißen Phasen der Planetengeschichte chemische Gradienten erzeugen, so die Forscher. "Diese Erkenntnisse eröffnen auch neue Szenarien für die thermische Entwicklung großer eisiger Planeten wie Neptun und Uranus", sagt Speziale. (tberg, red, 27.5.2021)