Erst küssen ...

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Dann abheben.

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Danzig – Erst knutschte "Mr. Europa League" Unai Emery seine Lieblingstrophäe, dann schwebte der Erfolgscoach förmlich durch die Luft. Immer und immer wieder warfen die Champions des FC Villarreal ihren Rekordtrainer in die Höhe, nachdem der Triumph im packenden Elfmeterkrimi gegen Manchester United perfekt war – und damit auch Emerys vierter Erfolg im zweitwichtigsten europäischen Klubwettbewerb.

"Ich bin glücklich", sagte der sichtlich gerührte Spanier, und er sei "sehr stolz auf das, was wir erreicht haben". Durch den Sieg in einem schier endlosen Elfmeterschießen, das erst durch den 22. Schuss entschieden wurde, bescherte Emery Salzburgs Bezwinger im Sechzehntelfinale nicht nur den ersten Titel der Klub-Historie, sich selbst verewigte der 49-Jährige zudem in den Geschichtsbüchern – kein Trainer gewann den 15 kg schweren Pokal häufiger.

"Emery League"

Auch deshalb überschlug sich die Presse und feierte den Verein aus dem 50.000-Einwohner-Städtchen im Osten Spaniens – und natürlich Emery. Die Sportzeitung Marca benannte den Wettbewerb kurzerhand in "Emery League" um, schließlich habe der Coach seinen "Legendenstatus" vergrößert. Dieser Titel, durch den Villarreal den "Fußballolymp" betritt (Sport), bringe "ein ganzes Dorf zum Weinen vor Glück", schrieb AS.

"Ich will die Europa League immer gewinnen", sagte Emery, der bereits zuvor dreimal mit dem FC Sevilla (2014, 2015, 2016) die silberne Trophäe geholt hatte.

Damit lag er bis am Mittwoch gleichauf mit Giovanni Trapattoni, der mit seinen Teams dreimal im Vorgängerwettbewerb UEFA Cup triumphierte. Für Emery dürfte der erneute Erfolg Genugtuung sein, nachdem er in den Jahren zuvor bei Paris St. Germain und beim FC Arsenal jeweils auch wegen fehlender internationaler Erfolge entlassen worden war.

Erst im vergangenen Sommer übernahm Emery in Villarreal, führte den Klub gleich ins erste große Finale und nahm zudem Revanche, als er die Gunners im Halbfinale rauswarf. "Die Spieler haben während des gesamten Wettbewerbs und im Finale eine großartige Mentalität gezeigt", schwärmte Emery, der mit der Teilnahme an der Champions League in der kommenden Saison belohnt wird. "Die Champions League ist der Jackpot", sagte Emery, der sich aber erst einmal auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte. "Wir glauben daran, dass man mit harter Arbeit etwas erreichen kann. Und wenn man dann etwas erreicht, muss man das auch genießen", sagte er. "Wir können die Ferien genießen, um dann mit der gleichen Kraft zurückzukommen."

Im Endspiel lieferte der Siebte der spanischen Liga dem favorisierten englischen Rekordmeister einen zähen Kampf. Gerard Moreno (29.) hatte die Spanier vor 9500 Zuschauern in Führung gebracht, Edinson Cavani (55.) glich aus. Villarreals Torwart Geronimo Rulli traf dann im Elfmeterschießen zunächst selbst und hielt entscheidend gegen United-Keeper David de Gea – alle Feldspieler hatten bereits geschossen.

Fünf Finalspiele in acht Jahren

Im Training habe das Team "nicht am Elfmeterschießen gearbeitet, aber die Spieler haben das fabelhaft gemacht", sagte Emery nach einem der wohl aufreibendsten seiner bislang fünf Europa-League-Finals in den vergangenen acht Jahren. Überhaupt habe seine Mannschaft vom ersten Tag an "eine tadellose Europa-League-Saison abgeliefert". Und ihm damit erneut seine Lieblingstrophäe beschert. "Das Geheimnis von Unai? Er ist ein großartiger Trainer", sagte Mittelfeldspieler Etienne Capoue. "Er braucht nichts mehr zu beweisen. Er ist Weltklasse – das hat er wieder gezeigt."

Während Emery der gefeierte Held war, schlich De Gea als großer Verlierer vom Platz, schließlich gab sein vergebener Penalty im Elfer-Drama den Ausschlag. Seine Teamkollegen bei ManUnited hatten dem 30-jährigen Spanier nach seinem missglückten Versuch aufmunternd auf die Schultern geklopft. Bei der Siegerehrung blickte De Gea dennoch traurig in den Nachthimmel.

"Enttäuschung ist das schlimmste Gefühl", sagte sein Trainer Ole Gunnar Solskjaer zur Final-Niederlage. "Das sind die Momente, an die du dich am meisten in deiner Karriere erinnerst – als Spieler und als Trainer." Der 48-Jährige sagte: "Es gibt zwei Möglichkeiten: Du kannst dir selbst leidtun, in den Urlaub fahren und nichts dagegen tun. Oder du gehst nach Hause, tust etwas und kommst besser, stärker und hungriger zurück." (sid, APA, red, 27.5.2021)