SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer ist auf der Suche nach grünen Stimmen für eine Verlängerung des U-Ausschusses.

Foto: APA/Fohringer

Die Uhr tickt: Knapp anderthalb Monate wird der Ibiza-Untersuchungsausschuss noch aktiv sein, danach beendet er seine Beweisaufnahme. Dann bleibt den Abgeordneten zwar bis September Zeit, um Abschlussberichte zu verfassen; neue Befragungen oder Akten gibt es im Sommer aber keine. Für die Opposition endet der U-Ausschuss somit "mitten in der Aufklärung", wie unter anderem der rote Fraktionsführer Jan Krainer monierte. Die Grünen wollen einer beantragten Verlängerung des Untersuchungsgremiums allerdings aus Koalitionsräson nicht zustimmen – unter Zähneknirschen, wie ihr Abgeordneter David Stögmüller eingeräumt hat. Klubobfrau Sigrid Maurer verwies hingegen darauf, dass die Opposition ja ohnehin im Herbst wieder einen U-Ausschuss einsetzen könne.

Allerdings kann der U-Ausschuss dadurch nicht einfach "weiterlaufen": Der aktuelle U-Ausschuss müsste alle Akten vernichten, um diese dann bei einer Fortsetzung erneut anzufordern. Vom Beginn der Einsetzung bis zur ersten Aktenlieferung vergeht viel Zeit; zwischen 15. Juli 2021 und vermutlich dem Beginn des nächsten Jahres erhielten die Abgeordneten also keine neuen Informationen.

Rohdatenauswertung

Da wären beispielsweise die sogenannten Rohdaten, also Chatnachrichten aus den Smartphones von Beschuldigten, die zwar nicht strafrechtlich, aber politisch relevant sind. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden, dass auch diese Daten an den U-Ausschuss übermittelt werden müssen, seither wertet die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sie aus. Momentan sei nur ein Bruchteil der Chats analysiert, sagte am Mittwoch ein Oberstaatsanwalt der WKStA.

Die Korruptionsermittler würden auch nach dem Ende der Beweisaufnahme im U-Ausschuss weiterhin auswerten, bis das Justizministerium anderes verfügt. Allerdings könnten diese Daten dann nicht mehr an den U-Ausschuss gelangen, sie würden also auf "Ibiza-Ausschuss 2.0" warten.

Regulär weiter laufen natürlich die vielen Korruptionsermittlungen rund um das Handeln der türkis-blauen Regierung. Aber auch diese Akten würden ab Mitte Juli nicht mehr an den U-Ausschuss geliefert werden.

Von den bislang gelieferten Akten sind es vor allem die Unterlagen aus Finanzministerium und Kanzleramt, die die Opposition stressen. Erst nach einem langen Rechtsstreit bis hin zur Exekutionsaufforderung durch den VfGH (im Fall des Finanzministeriums) wurden die Akten geliefert.

Nun bleiben den Abgeordneten nur mehr wenige Wochen, um hunderttausende E-Mails und andere Daten auszuwerten.

Verzögerungsvorwurf

Am Mittwochabend gab eine Beamtin des Finanzministeriums an, die Daten seien schon im März ausgedruckt und gelagert gewesen, man habe jedoch noch das Verfahren vor dem VfGH abgewartet. Das, und auch die hohe Einstufung der Daten in Stufe 3 – weswegen Abgeordnete miteinander nur in abhörsicheren Räumen über die Akten sprechen dürfen –, habe das Kabinett von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) entschieden. Blümel ist, ebenso wie sein Kabinettschef, derzeit Beschuldigter in einem Verfahren der WKStA – es gilt die Unschuldsvermutung.

Für die Opposition ist klar, dass die ÖVP-geführten Ministerien eine Verzögerungstaktik anwenden. Gerade deshalb appelliert sie an die Grünen, sich doch noch für eine Verlängerung des U-Ausschusses zu entscheiden. Dafür ist im Geschäftsordnungsausschuss eine Mehrheit nötig. Endet der U-Ausschuss wie geplant, können auch viele der schon geladenen Auskunftspersonen nicht mehr befragt werden. Einige hatten mehrfach wegen Krankheit oder Terminen abgesagt, für andere blieb wegen langer Befragungen vorher geladener Personen keine Zeit mehr. Die nächste reguläre Sitzung soll jedenfalls am 8. Juni mit Banker Andreas Treichl stattfinden.

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer will mehr sehen: mehr Akten, mehr Auskunftspersonen, mehr Chatnachrichten. Doch dem U-Ausschuss läuft die Zeit davon, beklagt die Opposition. (Fabian Schmid, 28.5.2021)