Offenbar ohne Not hat die Schweiz die Verhandlungen mit der EU über ein Rahmenabkommen geschmissen, das die Zukunft der Beziehungen hätte klären sollen. Einen Plan B hat der Bundesrat in Bern nicht vorgelegt. Die Eidgenossen begeben sich damit auf eine Irrfahrt.

Die Eidgenossen begeben sich auf eine Irrfahrt.
Foto: imago/ Emil Umdorf

Vor nunmehr neun Jahren hatte die EU klargestellt, dass die Vielzahl bilateraler Verträge unter einen Schirm kommen muss. Wer einen großzügigen Zugang zum Binnenmarkt erhalte, müsse sich auch an Regeln und Rechtsinstanzen der EU halten, lautet das Argument. Ein Rahmenabkommen hätte dafür gesorgt, dass bestehende Abkommen dynamisch an EU-Recht angepasst würden. Damit hätte die Schweiz etwas von ihrer Souveränität eingebüßt. In der Praxis haben sich die Eidgenossen ohnehin an EU-Regeln orientiert, aber sie taten es jedes Mal aus freien Stücken. Es geht den Schweizern letztlich ums Prinzip – vor allem bei der heiklen Frage der Migration.

Natürlich muss jedes Land selbst entscheiden, wie offen und damit auch abhängig vom Rest der Welt es sein will. Nur scheint es der Schweiz institutionell unmöglich, eine klare Linie zu finden. Nun rennt ihr die Zeit davon. Nach und nach werden die Verträge mit der EU veralten und somit zu Reibungsverlusten für Wirtschaft, Forschung und Bildung führen. Welcher Kompromiss am Ende auch immer herauskommt, wäre auch schon vor einem Jahrzehnt möglich gewesen. Bis dahin wird es noch schmerzhaft – zum Leidwesen beider Seiten. (Leopold Stefan, 27.5.2021)