Der Wiener Künstler und Kunstsammler Roland Puschitz wohnt inmitten von hunderten Kunstwerken. Viel Wandfläche gibt es nicht mehr. Und wer weiß, vielleicht wird es ihn eines Tages in die Hofburg verschlagen.
"Ich kann mir ja auf vielerlei Arten vorstellen zu wohnen – schlicht, modern, gediegen. Aber was für mich absolut unvorstellbar wäre, ist eine Wohnung, in der kein einziges Kunstwerk an der Wand hängt. Das wäre nicht nur zu kalt und zu unpersönlich, sondern wäre für mich auch ein Indiz für visuelle, aber auch geistige und emotionale Leere. Wie man unschwer sieht, ist die Angst vor dieser Leere bei mir ein bisschen fortgeschritten. Für Leere habe ich keinen Platz. Dazu hängen schlicht und einfach zu viele Kunstwerke an den Wänden. Viel Wandfläche sieht man ehrlich gesagt nicht mehr.

Man glaubt es ja gar nicht, aber begonnen hat alles ganz harmlos. Seit meinem 18. Lebensjahr habe ich immer wieder mit Künstlerinnen und Künstlern Arbeiten getauscht, habe mich in Kunst auszahlen lassen oder habe selbst interessante, aufstrebende Talente gefördert. Zu Beginn hingen immer ein paar Kunstwerke in kleinen Gruppen an den Wänden, mal zu dritt, mal zu viert, mal zu fünft. Nur hat sich – wie soll ich sagen? – durch die Bekanntschaft zu so vielen jungen Kreativen und Kunstschaffenden im Laufe der Zeit so viel Material angesammelt, dass ich seit mittlerweile fünf Jahren die Sankt Petersburger Hängung praktiziere. Sankt Petersburg könnte noch was lernen von mir!
Mit allen Bildern, Skulpturen und auch kleineren Exponaten habe ich hier an die 180 bis 200 Arbeiten. Wobei hier nur ein kleiner Teil dessen zu sehen ist, was ich in den letzten Jahren und Jahrzehnten zusammengesammelt habe. Manches davon verleihe ich bei Bedarf an Museen und Galerien. Vor allem bei thematischen Ausstellungen werde ich immer wieder angefragt, ob ich nicht das eine oder andere Werk von XY beitragen könnte.

Meine Freunde fragen mich immer, warum ich so eine kleine Wohnung habe. Ich meine, sie ist nicht wirklich klein, sie ist vollkommen ausreichend für eine Person, aber vielleicht ein bisschen knapp bemessen angesichts der vielen, vielen Kunst. Irgendwie hatte ich bei meinen Wohnungssuchen nie Glück. Ständig hatten die Wohnungen irgendeinen Haken, und die paar Male, wo ich wirklich fündig geworden bin, wurden mir die Angebote vor der Nase weggeschnappt. Insgesamt habe ich 72 Wohnungen besichtigt, 72-mal ohne Erfolg. Aus Frust bin ich dann in dieser provisorischen Mietwohnung im 15. Bezirk gelandet, 53 Quadratmeter, nur ein paar Schritte von der Sechshauser Straße entfernt. Nun, das Provisorium hält jetzt schon seit acht Jahren an.
Eine Zeitlang habe ich die kleine Wohnung als Vorwand verwendet, um nicht noch mehr Kunst zu kaufen, weil eh kein Platz mehr ist. Das Konzept hat zwar Hand und Fuß, hat aber ehrlich gesagt nicht lange gehalten. Was soll ich machen? Ich bin zwar nicht der typische Sammler, der wirtschaftlich getrieben eine Sammlung aufbaut, sondern ich fördere junge Leute und umgebe mich zugleich mit schönen Dingen – mit der stärksten und unmittelbarsten Ausdrucksweise von Schönheit, die ich kenne. Es ist, als würden die Kunstwerke jeden Tag zu mir sprechen, als könnte ich mit ihnen Dialoge über das Leben führen.

Größere künstlerische Arbeiten fertige ich zwar in meinem Atelier, kleinere Sachen wie etwa Zeichnungen und kleinformatige Bilder mache ich aber auch hier in der Wohnung. Und dann wird mir das Ganze schon ein bissl dicht, obwohl die Kunst der anderen rundherum natürlich auch eine gewisse Inspiration sind, etwas zu machen – oder eben etwas bewusst nicht zu machen.
Mit der Zeit aber wird es kein Entkommen geben: Ich muss mich nach etwas Größerem umsehen. Doch ich bin mir dessen bewusst, dass ich niemals, wirklich niemals im Leben die Wohnungsgröße der Anzahl meiner Kunstwerke anpassen werde können – denn dann bräuchte ich wohl die Hofburg. Und ja, ich habe einen Traum für die Zukunft. Wenn ich alt bin, will ich meine Kunstsammlung eventuell diversen Museen stiften und dafür sorgen, dass die Werke für die Nachwelt erhalten bleiben." (Wojciech Czaja, 31.5.2021)